Bratislava. Mit dem Schlusspfiff begann der Jubel. Till Klimpke reckte die Arme in die Höhe, er lachte und drückte die Kollegen. Und das aus mehreren Gründen. Denn der Torwart hat am Sonntag mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft nicht nur das Gruppenspiel gegen Österreich mit 34:29 (15:16) gewonnen, sondern trumpfte vor 1485 Zuschauern in der Arena Ondreja Nepelu mit 14 Paraden auf. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft einen Tick helfen konnte“, sagte Klimpke, der beim Auftaktsieg gegen Belarus noch keinen Ball gehalten hatte.
„Till hat eine gute Leistung gezeigt“, lobte Bundestrainer Alfred Gislason, der auf Julius Kühn verzichten musste. Nach einem positiven Corona-Test steht der Rückraummann vorerst nicht zur Verfügung. Er zog in ein Quarantäne-Hotel in Bratislava um. „Ich hoffe, dass ich möglichst bald wieder zum Team zurückkehren und das Turnier fortsetzen kann“, sagte Kühn, der auch im abschließenden Vorrundenspiel gegen Polen am Dienstag (18 Uhr/ZDF) fehlen und frühestens am Donnerstag im ersten Hauptrundenspiel wieder mitwirken kann. „Das war natürlich ein Schreck für uns alle, wir verfallen aber nicht in Panik“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer: „Wir werden unsere Hygieneregeln weiter strikt befolgen und müssen dennoch immer auf der Hut sein. Der Fall zeigt, dass es uns alle jederzeit treffen kann.“
„Till hat das wahnsinnig gemacht“
Für Kühn rückte zunächst einmal Hendrik Wagner vom Zweitligisten Eulen Ludwigshafen ins Aufgebot. Der Rechtshänder traf bereits am Sonntag in Bratislava ein und verfolgte die Begegnung gegen Österreich wegen eines noch ausstehenden Corona-Testergebnisses als Fernsehzuschauer. Und was er da in der ersten Halbzeit auf dem Bildschirm sah, dürfte ihm nicht gefallen haben. Früh lag die deutsche Mannschaft mit 0:3 (6.) zurück – und hätte Torwart Klimpke nicht so prächtig gehalten, wäre der Europameister von 2016 nicht so schnell zum Ausgleich gekommen. „Till hat das wahnsinnig gemacht“, sagte Rückraummann Christoph Steinert. Nach Klimpkes fünfter Parade traf der diesmal stark spielende Sebastian Heymann zum 5:5 (11.), Sekunden später besorgte der neunfache Torschütze Timo Kastening sogar die 6:5-Führung.
Doch die DHB-Auswahl bekam die Begegnung nicht unter Kontrolle, weil sie wie schon beim 33:29-Auftakterfolg über Belarus große Schwächen in der Deckung zeigte. Sowohl in der 6:0- als auch in der 3:2:1-Formation bekam die deutsche Mannschaft keinen Zugriff auf den Gegner. „Die Abwehr war extrem löchrig“, kritisierte Gislason.
Mitte der ersten Halbzeit drehte Österreichs Schlussmann Golub Doknic auf. Der Keeper wehrte Marcel Schillers Siebenmeter ab und war gegen den an den Kreis eingelaufenen Linksaußen Lukas Mertens zur Stelle, auch Kai Häfner scheiterte an ihm. Kurz vor dem Seitenwechsel führten die Österreicher sogar mit zwei Toren, doch mit der Schlusssirene verkürzte Heymann noch zum 15:16. Danach führten die Österreicher jedoch kein einziges Mal mehr.
„Wir sind froh, in der zweiten Halbzeit eine Lösung gefunden zu haben“, sagte Heymann. Ein Teil dieser Lösung war der Erlangener Steinert, der für Häfner auf der halbrechten Position kam. Steinert besorgte nach Kastenings Kempa-Anspiel die 17:16-Führung (32.) und machte auch danach die wichtigen Treffer zum 21:20 (40.) und 24:21 (44.). Gislason wechselte viel durch und fast jede personelle Umstellung des Bundestrainers hatte einen positiven Effekt. So auch die Hereinnahme von Luca Witzke, der auf der Mitte nicht nur als Ballverteiler ein gutes Spiel machte, sondern auch selbst torgefährlich war. Da sich zudem die Abwehr stabilisierte, erlangten die Deutschen immer mehr die Kontrolle über das Spiel, das nach dem Gegenstoß-Treffer von Mertens zum 32:27 (55.) entschieden war.
Am Dienstag soll gegen Polen nun der nächste Erfolg her. „Wir wollen Gruppensieger werden“, sagte Klimpke – und ging strahlend in die Kabine.
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