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EM-Teilnehmer Albanien - ein Land erfindet sich neu

Der Balkanstaat Albanien befindet sich auf dem Weg in die EU. Das hat Gründe

Von 
Lothar Leuschen
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Edi Rama, Ministerpräsident von Albanien, spricht bei der Pressekonferenz zur Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion. © picture alliance/dpa

Tirana. Die Signale sind eindeutig. Albanien will in die Europäische Union. Jahrelang kämpfte der kleine Balkanstaat um Beitrittsgespräche. Die haben nun vor fast genau zwei Jahren begonnen. Wann sie zum Erfolg führen, ist völlig offen. Doch die Umstände sprechen für den ehemals betonkommunistischen Staat, der weniger Einwohner hat als Berlin. Denn die Welt dreht sich in den vergangenen Monaten immer schneller. Die Machtverhältnisse werden neu geordnet. Und da muss auch die demokratische Staatengemeinschaft auf dem alten Kontinent sich neu positionieren. Deshalb sinken die Hürden für einen Beitritt.

Das kann Ländern wie der Ukraine, wie Georgien, Mazedonien und eben auch Albanien entgegenkommen. Dessen Ministerpräsident Edi Rama (Bild) ist zu vielen Zugeständnissen bereit. Jüngst machte seine Regierungen gegen erbitterten innenpolitischen Widerstand dadurch von sich reden, dass Albanien ein Abkommen mit Italien abgeschlossen hat. Darin geht es um den Versuch, die Vereinbarung umzusetzen, welche die EU in ihrer Zuwanderungspolitik getroffen hat.

Albanien unterzeichnete mit Italien einen Vertrag, nachdem auf albanischem Gebiet ein Flüchtlingslager eingerichtet wird. Dessen Ziel ist, dass Asylbegehrende zunächst nicht den Boden der Europäischen Union betreten. Ihr Verfahren soll außerhalb der Staatengemeinschaft abgewickelt werden. „Es geht darum, mit der EU eine Last zu teilen, deren Tragweite über die traditionellen Spaltungen von Links und Rechts hinausgehen“, sagte Rama vor dem Parlament. Von 140 Abgeordneten stimmten letztlich 77 für das Abkommen.

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Mit der auch innerhalb der EU von Menschenrechtlern harsch kritisierten Kooperation signalisiert Albanien, sich zum wichtigen Partner der EU machen zu wollen. Rama führt dafür zwar die Solidarität an, die Italien mit seinem Land gezeigt hatte, als in den Jahren 1990/1991 das kommunistische System nach anhaltenden Protesten der Bevölkerung zusammenbrach.

Kampf gegen Korruption ein wichtiges Anliegen

Es dauerte ein Jahrzehnt mit Bürgerkrieg und politischen Unruhen, aber seit den 2000er Jahren ist das Signal eindeutig: Albanien denkt europäisch, Albanien handelt europäisch, Albanien ist europäisch. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass sowohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock für einen zügigen Beitritt des Balkanstaates werben. Für die EU geht es darum, sich gegen die imperialen Bestrebungen Russlands zu Wehr zu setzen.

Rama versteht diese Diplomatie. Sein Land setzt deshalb auf westliche Werte. Der Kampf gegen die Korruption etwa fand zu Beginn dieses Jahres ein sehr prominentes Opfer. Albanien gilt als eines der korruptesten Länder der Erde. Das soll, das muss sich ändern, wenn der Staat in die EU will. Sali Berisha ist nicht nur Gründer der Demokratischen Partei Albaniens, er war auch der erste frei gewählte Präsident des Staates, nachdem die Menschen sich vom Joch des Kommunismus befreit hatten. Nun steht er unter Hausarrest. Er steht im Verdacht, sich unlauter bereichert zu haben. Auch in seiner Partei ist er nun noch mehr umstritten. Andere allerdings halten ihm die Treue. Nach der Verkündung des Hausarrestes zogen Anhänger vor sein Haus, hielten Mahnwachen ab und nannten Berisha einen Helden, den das ganze Volk liebe.

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