Carlo Masala: „Druck auf die Krim erhöhen“

Carlo Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München,, zu den Erfolgsaussichten der Ukraine

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Herr Masala, Russland hat das letzte noch existierende Rüstungskontrollabkommen, den „New Start“-Vertrag, ausgesetzt. Droht nun ein neues atomares Wettrennen?

Carlo Masala: Kurzfristig nicht. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat klargestellt, dass Russland die Obergrenzen bis 2026 akzeptieren wird. Sollten aber die Benachrichtigungen über Tests ausgesetzt werden, würde dies die Wahrscheinlichkeit von Fehlinterpretationen erhöhen. Problematisch wird es dann, wenn Russland den „New Start“-Vertrag nicht mehr verlängert. Dann ist ein neues atomares Wettrüsten von beiden Seiten zu erwarten.

Wir stehen vor dem zweiten Jahr des Krieges. Wird die Ukraine die Krim erobern?

Masala: Ich erwarte eine ukrainische Gegenoffensive. Die entscheidenden Fragen sind: Wo findet sie statt? Und wird sie erfolgreich sein? Wenn es den Ukrainern mit einer Gegenoffensive gelingt, die südliche russische Front von der östlichen Front zu trennen, kann der Krieg durchaus eine Wendung nehmen. Es könnte sein, dass die Ukraine dann in der Lage wäre, noch stärkeren Druck auf die Krim auszuüben. Das könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich das Denken im Kreml – ob bei Präsident Wladimir Putin oder seinen Getreuen – über diesen Krieg vielleicht ändert. Für die Ukrainer wäre es die sinnvollste Option, diesen Versuch zu unternehmen. Die Leopard-Kampfpanzer, Marder-Schützenpanzer und anderen modernen Waffen, die bis Ende März an die Ukraine geliefert werden sollen, werden nicht entscheidend sein. Aber dies wird Kiew helfen, die mögliche Gegenoffensive besser durchführen zu können. Vor allem dann, wenn die Panzer konzentriert eingesetzt werden.

In welcher Situation würde sich Putin ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch setzen?

Masala: Nach seiner Rede am Dienstag ist es schwer abzusehen, wo Putin für sich noch eine Hintertür offengelassen hat, um ohne Vorbedingungen Verhandlungen aufzunehmen. Deshalb müsste es die Strategie der Ukrainer sein, den Druck auf die Krim so zu erhöhen, dass Russland dabei ist, die Halbinsel zu verlieren. Das könnte möglicherweise im Kreml für Bewegung sorgen, dass jemand anderes als Putin an den Verhandlungstisch kommt.

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