Kleinkunst

Kabarettist Stefan Reusch sorgt für Dauergrinsen in Viernheim

Bekannt ist der Wort-Akrobat durch Wochen- und Jahresrückblicke. Das hat Stefan Reusch dem Publikum im Treff im Bahnhof in Viernheim geboten.

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Othmar Pietsch
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Stefan Reusch nahm sich im Treff im Bahnhof natürlich auch die politischen Parteien zur Brust. © Othmar Pietsch

Viernheim. Ohren spitzen und genau zuhören: Wenn Stefan Reusch damit beginnt, die Welt zu retten, kommt es auf jeden Satz, ja sogar auf jeden Buchstaben an. Der Kabarettist, Moderator, Sprecher und Autor aus Köln versteht es wie kein anderer, das Weltgeschehen zu beschreiben. Das beweist er regelmäßig mit „Und nun Reusch!“, dem satirischen SWR 3-Wochenrückblick oder dem satirischen Jahresrückblick „Reusch rettet die Welt“. Und auch beim Gastspiel am vergangenen Samstag im Treff im Bahnhof (TiB) in Viernheim, das vom Verein Chaiselongue – Kultur und Soziales – mit Unterstützung des Lions-Club- veranstaltet wurde, zauberte Stefan Reusch den Besuchern ein Dauergrinsen ins Gesicht.

Reusch rettet die Natur und die Autoindustrie, zumindest ein bisschen. Natürlich kam dabei die politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland und auf der Welt nicht zu kurz. „Die schwarzrote Koalition, formerly known as ‚die große Koalition‘, macht ordentlich Dampf beziehungsweise eben heiße Luft. Ihr Projekt: Gemeinsam den Sozialstaat umhauen. UmBauen!.“

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Das nehme Formen an. Pendler kriegen mehr, Gastwirte kriegen Steuersenkungen. „Das ist toll. Wenn du dann mit der Bahn, beruflich, im Bordbistro sitzend, fährst, dann kannst du – ach so, fährst … Na dann eben nicht“ lässt der Kabarettist natürlich auch die viel gescholtene Deutsche Bahn nicht aus.

Auch die Autos, „unsere gefederten Freunde“, haben ihren Platz. „In München ist und war IAA: Internationale der Abwrackanwärter. Da zeigte sich die deutsche Automobilindustrie für alles offen. Und geschlossen. Geschlossen hinter dem ollen Verbrenner. Und aus Protest spaltet sich ein riesiger Eisberg. Auflösung folgt.“

Ein Zollstrafen-Rap huldigt US-Präsident Donald Trump

Dem US-Präsidenten Donald Trump widmet Reusch etwas mehr Zeit und präsentierte sogar einen Zollstrafen-Rap. „Was wird aus dem großen alten Mann der Zollologie? Eigentlich darf er nur zwei Amtszeiten lang regieren, aber bei so einer gespalteten Persönlichkeit ist wohl mehr drin.“ Elon Musk macht endlich sein „Teslament“. Und der orangene Mann, der dann unter Musk Präsident sein darf, ist beruflich in einer Sarggasse. Er leidet nach wie vor unter Grönland, Zollwut und TikTok, aber keiner nimmt ihn mehr ernst.

Immer noch ein Thema ist Angela Merkel. Der Spruch „Wir schaffen das“ feiert ja gerade einen runden Geburtstag. „Ich muss sagen: gut, also jetzt mal was die Flüchtlingsvergleiche, da sag ich mal: damals, zu DDR-Zeiten, waren weniger Schwarze dabei. Aber dadefür möglischerweise mehr Braune“ spielt Reusch gekonnt mit Worten und Farben. „Klar: Wir Wessis sind insgesamt nicht besser als die da drübbe, aber die sind anders. Wir nicht. Ob die neuen Fremden hier bleiben? Bei uns. In Hessen? Isch glaub nit, dass die bleiben. Die könne ja vergleiche, die sind ja nicht von hier. Wie wir aber. Wie isch. Also wern sie hier auch wieder weg. Un isch – bleib.“

Bundeskanzler sind ein Lieblingsthema des Kabarettisten, denn Olaf Scholz (geborener Merkel) und Friedrich Merz kamen auch nicht ungeschoren davon.

Den Begriff BSW hielt Reusch anfangs für eine neue Automarke. Weit gefehlt, wie sich bei einer genaueren Recherche herausstellte. „Das war ja die Partei von Sahra Wagenkneckt. Zunächst sollte es ja LSF heißen, also dem Lafontaine seine Frau. Familienintern hat man sich dann aber anders entschieden.“

AfD wirbt in Fake-Brief um Verständnis für Fakenews

Von der AfD bekam Reusch einen langen Brief, sicher von ihm selbst verfasst, in dem die Partei um Verständnis warb und so manch vermeintliche Fehlinformation, also Fakenews, klarstellen wollte. Reusch hatte da seine eigenen Erfahrungen. „Eine (seine) Statistik sagt auch, dass jeder fünfte AfDler bescheuert sei, genau wie die vier anderen. Sei’s drum, machen wir einen Haken dran“ wurde die Partei ganz weit rechts eingeordnet. FDP und Grüne spielten natürlich auch eine Rolle, wenn auch eher eine kleine.

Nebenschauplätze im Treff im Bahnhof waren der Sport, die Gesellschaft und andere Merkwürdigkeiten. „Der Rüstungskonzern Rheinmetall ist jetzt Sponsor bei Borussia Dortmund. Rein mim Ball, könnte man sagen. Den Fans gefällt das nicht, denn denen wird auf der Tribüne das Abbrennen von Pyrotechnik verboten.“

Auch bei übertriebener Tierliebe stellen sich bei Stefan Reusch die nicht vorhandene Haare. „Jetzt gibt es für Hunde schon Zahnpasta mit Leberwurstgeschmack. Warum bekommen wir Menschen das nicht? Immer nur Pfefferminz ist fad.“

Mit künstlicher Intelligenz hat Stefan Reusch nichts am Hut

Bei der künstlichen Intelligenz ist Reusch außen vor. „Da kenn‘ ich mich nicht aus. Aber sicher wird es auch in 1000 Jahren noch Menschen auf diesem Planeten geben. Vor wem sollen die Rolling Stones denn sonst spielen“. Eines weiß der Wortverdreher allerdings, „Je mehr App, desto größer der Depp!“.

Beantwortet wurde dagegen die Frage eines anonymen Briefschreibers. „Ich bin korrupt und finde Fußball doof. Kann ich etwas anderes machen als FIFA-Präsident?“. Reusch schlug die Politik und die Wirtschaft vor, denn dort gäbe es ähnlich mafiöse Strukturen.

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