Viernheim. Wie wohnen ältere Menschen in Viernheim? Worauf sind sie angewiesen, um leichter von A nach B zu kommen? Und auf welche Informationsquellen setzen Seniorinnen und Senioren? Mit solchen Themen beschäftigte sich eine vierwöchige Bürgerbefragung, die die Hochschule Speyer im vergangenen Frühherbst in Viernheim durchführte. Ziel war es nach Angaben der Stadt, ein differenziertes Bild über die Lebensrealität, Bedürfnisse und Perspektiven der Bürger zu erstellen.
„Die Gesamtzufriedenheit ist hoch“, benennt Seniorenberaterin Beate Preuss im Gespräch mit dieser Redaktion das positivste der nun vorliegenden Ergebnisse. Besonders erfreulich findet die Expertin auch die offensichtlich gut funktionierende Nachbarschaftshilfe in der Kommune. „Das ist ein echtes Pfund für Viernheim.“ Generell unterschieden sich die Angaben der Teilnehmer aber nicht wesentlich von denen in anderen Städten und Gemeinden. „Es war nichts Bahnbrechendes dabei, womit wir nicht gerechnet hätten“, sagt Preuss. Mit der Erhebung habe das Seniorenbüro vor allem eine Bestätigung für die Erfahrungen aus der täglichen Arbeit gesucht.
Hohe Rücklaufquote bei der repräsentativen Stichprobe in Viernheim
Mit einer Rücklaufquote von rund 43 Prozent war die Beteiligung an der Stichprobe überdurchschnittlich hoch. Laut Preuss zählt die Untersuchung zu den bislang erfolgreichsten des Viernheimer Bürgerpanels. Insgesamt gab es in den vergangenen 20 Jahren 13 Befragungen. Mehr als 700 Menschen aus allen Altersgruppen – von unter 25 bis über 64 Jahren – äußerten sich zu den Fragestellungen. Aufgeteilt waren sie in drei Gruppen: eine ausgewählte Stichprobe, registrierte Teilnehmer des Panels sowie interessierte Einwohner, die sich im Rahmen einer offenen Online-Umfrage zu Wort meldeten. Die Ergebnisse der Stichprobe bilden die Grundlage der Auswertung, da sie als repräsentativ für die Stadt Viernheim gelten.
„Dass sich so viele Menschen eingebracht haben – auch viele Jüngere – freut uns sehr. Es zeigt, dass wir in Viernheim auch bei Zukunftsfragen auf eine engagierte Stadtgesellschaft bauen können“, erklärt Bürgermeister Matthias Baaß. „Die Ergebnisse helfen uns dabei, gezielt dort weiterzuarbeiten, wo die Bürgerinnen und Bürger Verbesserungsbedarf sehen.“
Zwei Drittel der Befragten äußerten sich zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Leben in Viernheim. Aus Sicht der Stadt ist dies ein „stabiler Wert“ im Vergleich zu den Befragungen der Jahre 2009 und 2018. Auffällig sei, dass die Zufriedenheit mit zunehmendem Alter nicht automatisch steige. „Die Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen zeigte im Vergleich deutlich geringere Zufriedenheitswerte als jüngere oder ältere Teilnehmende“, so die Verwaltung.
Als wichtigste Informationsquelle gelten weiterhin persönliche Gespräche im Familien- und Freundeskreis. Die traditionellen Medien wie Tageszeitung, Radio oder Fernsehen verlieren besonders bei Jüngeren an Bedeutung. Gleichzeitig gewinnen die sozialen Medien – auch bei Älteren – an Relevanz. „Viele sind digital unterwegs“, berichtet Preuss vom Alltag in der Selbstverwalteten Begegnungsstätte (SBS) 55+. Das Smartphone spiele dort eine ganz wichtige Rolle. Seit der Corona-Krise sei das so. „Die Leute wollten mit den Enkeln Kontakt halten.“
Digitale Angebote spielen in Viernheim eine wichtige Rolle
Ein besonderer Fokus lag bei der Untersuchung auf den digitalen städtischen Angeboten. Eine Erkenntnis: Die im Frühjahr 2024 eingeführte Viernheim-App wird von der Altersgruppe der über 65-Jährigen deutlich stärker genutzt als von Jüngeren unter 25 Jahren. Allerdings sei die App zum Zeitpunkt der Befragung erst rund ein halbes Jahr verfügbar gewesen. Die Stadtverwaltung sieht Potenzial, den Service generationenübergreifend zu etablieren. Die Auswertung der Daten hat auch ergeben, dass viele Angebote für ältere Menschen bekannt sind. Parallel dazu hätten zahlreiche Befragte ihre Unzufriedenheit mit bestimmten Dienstleistungen zum Ausdruck gebracht – etwa in den Bereichen medizinische Versorgung oder Verwaltung. Besonders bei Fragen rund um Rente, Versicherungen sowie Pflegebedarf wünschen sich die Bürger Unterstützung.
Dass Pkw und Fahrrad bedeutende Fortbewegungsmittel sind, ergab die Mobilitätsanalyse. Viele Menschen gingen aber auch zu Fuß. „Deshalb sind Bänke wichtig“, sagt Preuss. Das Vorhandensein von Sitzgelegenheiten am Wegesrand sei für so manchen Senior ausschlaggebend in der Überlegung, ob er etwa zum Bäcker gehe oder nicht. Der Personennahverkehr werde „nur gelegentlich in Anspruch genommen“. Als eines der größten Mobilitätshindernisse bezeichnet die Seniorenberaterin zugeparkte oder zugestellte Gehwege. Schon eine Mülltonne könne einer Person mit Rollator das Vorankommen erheblich erschweren. Mit der Kampagne „Alle brauchen Platz!“ versucht die Stadt daher, für freie Bürgersteige zu sorgen.
Ein großer Teil der Befragten wohnt Beate Preuss zufolge im privaten Eigenheim. Der Wechsel in alternative Unterkünfte – etwa in Senioren-WGs, Hausgemeinschaften oder seniorengerechte Wohnungen – sei zwar immer ein Thema, werde aber in den wenigsten Fällen realisiert. Gründe seien die emotionale Bindung an das Zuhause, finanzielle Aspekte oder das mangelnde Angebot. Nach Auffassung der Seniorenberaterin ist auch die Bereitschaft von alleinstehenden Personen, eine freie Wohnung im Haus zu vermieten, gering. Dabei könne es auf diese Weise gelingen, dass sich die Generationen gegenseitig unterstützen.
Seniorenbüro Viernheim will Hinweise für die künftige Arbeit nutzen
„Die Ergebnisse bestätigen unsere täglichen Eindrücke aus der Praxis, aber sie geben uns auch neue Denkanstöße“, sagt Beate Preuss, die mit ihrer Kollegin Sarah Hofrichter für das Seniorenbüro zuständig ist. „Gerade bei den Themen Wohnen, Mobilität und Alltagsunterstützung zeigen sich klare Erwartungen. Wir nehmen diese Hinweise sehr ernst und möchten sie aktiv in unsere künftige Arbeit einfließen lassen.“
Bürgermeister Baaß betont, dass das Seniorenbüro nicht nur Einzelfallberatung anbiete, sondern dauerhaft in Kontakt mit allen Organisationen stehe, die Angebote für ältere Menschen unterhalten. „Ganz gleich, ob das nun ein Pflegedienst ist oder ein Kaffeenachmittag. Ziel aller Beteiligten am runden Tisch ist es, das Angebot zu verbessern und an die gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen.“ Die „Alten“ von heute führen laut Baaß ein anderes Leben als jene in den 1990er Jahren. „Um das Gesamtangebot und die vorzuhaltenden Strukturen gut zu organisieren, ist es wichtig abzugleichen, wie denn die Erwartungen der Menschen tatsächlich sind. Dazu diente die Befragung.“
Die Stadtverwaltung will die Ergebnisse als Grundlage für Projekte der Seniorenpolitik nutzen. Auch Vereine, soziale Träger oder Bildungsakteure in Viernheim könnten daraus wertvolle Hinweise für ihre Arbeit gewinnen. Die umfangreichen Ergebnisse der Befragung sind auf der städtischen Internetseite buergerpanel.viernheim.de zu finden.
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