Viernheim. Links und rechts neben den Eingangstüren der Viernheimer Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof weisen Schilder auf verkürzte Öffnungszeiten hin - eine Energiesparmaßnahme. Doch in ein paar Monaten werden sich die Türen dort überhaupt nicht mehr öffnen. So hat es die Konzern-Zentrale beschlossen. „Das ist wirklich sehr schade. Immer, wenn ich im Rhein-Neckar-Zentrum bin, gehe ich auch hierher“, erzählt Michaela Gogolin, die gerade mit ihrer Tochter im Viernheimer Karstadt einkaufen war.
Manager des Rhein-Neckar-Zentrums hat noch Hoffnung
Am Montag hat der letzte große Warenhauskonzern Deutschlands mit Sitz in Essen angekündigt, 52 Filialen im Land zu schließen. Inzwischen ist die Zahl dank Zugeständnissen der Vermieter auf 47 verringert worden. Der Karstadt im Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum bleibt jedoch betroffen: Am 31. Januar 2024 soll hier endgültig das Licht ausgehen. „Für das Rhein-Neckar-Zentrum ist das ein großer Verlust. Die Mischung aus unterschiedlichen Abteilungen und Service-Angeboten wie einem Friseur ist sehr besonders“, bedauert Center-Manager Dani Marquardt die angekündigte Schließung im Gespräch mit dieser Redaktion.
Marquardt wurde selbst zu Beginn dieser Woche von der Nachricht überrascht - und möchte die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben: „Ich würde mich sehr freuen, wenn sich doch noch eine Einigung finden lassen würde, um die Filiale weiter zu betreiben. Wenn die Schließung schon endgültig feststeht, wieso wartet man dann bis Januar mit der Umsetzung?“
Karstadt in Viernheim
- Das Viernheimer Kaufhaus gibt es schon seit 1972 – dem Jahr, in dem das Rhein-Neckar-Zentrum eröffnet wurde.
- Zunächst gehörte es zur Kaufhaus-Kette Hertie, nach der Übernahme in den 1990er Jahren zu Karstadt.
- Rund 80 Mitarbeitende sind derzeit dort beschäftigt.
- Nach 52 Jahren soll die Filiale am 31. Januar 2024 geschlossen werden.
- Am Freitag findet in Viernheim eine Betriebsversammlung statt, in der die Mitarbeitenden über den aktuellen Stand informiert werden.
Bei den Kundinnen und Kunden herrscht derweil großes Unverständnis über die Entscheidung. „Ich bin wirklich sauer. So werden alle immer weiter ins Internet getrieben, und der Einzelhandel geht in die Knie“, schimpft Inge K. Die 72-Jährige geht mindestens einmal im Monat in der Viernheimer Filiale einkaufen. Auch Petra Eckert stimmt die bevorstehende Schließung „total traurig“.
Mehrmals im Monat fährt sie extra aus Mannheim in die benachbarte Stadt, da sie die Vielfalt und Ordnung im Laden sehr schätzt. „Ich möchte mir die Waren vor Ort ansehen und nicht online bestellen, um dann doch wieder einen Teil zurückschicken zu müssen.“
Verdi-Gewerkschaftssekretär über Mitarbeitende: „Sie stehen vor dem Aus“
Von der Schließung betroffen sind deutschlandweit nach Angaben des Gesamtbetriebsrats von Galeria mehr als 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - rund 80 davon sind in Viernheim beschäftigt. „Sie stehen nun vor dem beruflichen Aus“, sagt Horst Gobrecht, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Südhessen, auf Nachfrage. Viele der Mitarbeitenden seien um die 50 Jahre alt. „In diesem Alter ist es schwer, eine neue Stelle zu finden.“
Dass die Mitarbeitenden in andere Filialen versetzt werden können, schließt der Gewerkschaftssekretär aus. „An den verbleibenden Standorten sollen laut Galeria Stellen abgebaut werden. Sich im eigenen Unternehmen zu bewerben, ist daher keine Option.“ Für sie bleibe also nur die Möglichkeit, sich im Handel in der Umgebung nach einer Stelle umzuschauen - oder gänzlich den Beruf zu wechseln.
Vor Ort im Viernheimer Geschäft sind die Mitarbeitenden sichtlich betroffen von den Neuigkeiten. Man wolle jedoch „keinen Kommentar“ dazu abgeben. Ein großes Schild am Eingang des Warenhauses weist darauf hin, dass die Filiale „aufgrund einer Betriebsversammlung“ am Freitag erst ab 10.30 Uhr öffnet. In der Sitzung würden die Beschäftigten darüber informiert werden, wie es weiter geht, vermutet Gobrecht.
Auch Starbucks stellt die Schließung vor Herausforderungen
Doch nicht nur die Mitarbeitenden von Karstadt trifft die Schließung - auch die angrenzende Starbucks-Filiale stellt das vor Herausforderungen. „Wir nutzen einen Teil der Lagerräume von Karstadt für unsere Produkte und für Kaffeemaschinen. Auch die Müllentsorgung ist in einem gemeinsamen Vertrag geregelt“, erzählt Schichtleiterin Fatma Zehra Usta. Das Ende von Karstadt bedeute nun, dass sie nach einer neuen Lösung suchen müssen. „Das waren wirklich keine erfreulichen Neuigkeiten für unser Team.“
Fraglich ist, ob das Rhein-Neckar-Zentrum die Folgen der Schließung zu spüren bekommt. „Das breite Warenangebot war ein Magnet, der viele Personen nach Viernheim gezogen hat“, meint Verdi-Gewerkschaftssekretär Gobrecht. „Es ist vorstellbar, dass die Schließung zu einem Kundenrückgang führt.“
Auch für die Kundinnen und Kunden ist das Kaufhaus in der Mitte des Centers einmalig: „Es gibt keine Alternativen“, sagt ein Mutter-Tochter-Duo, das seine Namen nicht in der Zeitung lesen will, nach dem Einkauf. Die Brüder Tomasz und Kacper C. bestätigen dies: „Wir haben hier alles gefunden, was wir gesucht haben, und wurden super beraten. Das erleben wir selten.“
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