Kaufhauskonzern

Galeria Kaufhof in Mannheim und der Region: Zwischen Entsetzen und Erleichterung

Entsetzen und Erleichterung liegen in Mannheim und der Region am Montag nicht weit auseinander. Der Kaufhauskonzern Galeria gibt bekannt, welche Filialen geschlossen werden. In der Region sind zwei Standorte betroffen

Von 
Christian Schall
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Rhein-Neckar. Entsetzen und Erleichterung liegen in der Region am Montag nicht weit auseinander. Nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung beim angeschlagenen Kaufhauskonzern Galeria sickern am Nachmittag die Namen der Städte durch, in denen zum zweiten Mal in nicht einmal drei Jahren Filialen geschlossen werden. Im Kerngebiet der Metropolregion trifft es von den noch verbliebenen fünf Kaufhäusern zwei: in Heidelberg am Bismarckplatz und im Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) in Viernheim.

Schon bald folgt in einer Stellungnahme aus Essen die Bestätigung des Unternehmens, dass 52 Häuser dichtgemacht werden. In einer ersten Runde zum 30. Juni sind 21 Filialen an der Reihe, 31 weitere - darunter auch Heidelberg und Viernheim - werden zum 31. Januar 2024 geschlossen. Nach derzeitigem Stand bleiben bundesweit nur 77 der derzeit 129 Galeria-Kaufhäuser übrig.

Verwurzelt im Unternehmen

In beiden betroffenen Filialen der Region wurden Betriebsrat und Belegschaft am Mittag in einer Betriebsversammlung informiert. „Die Beschäftigten sind völlig am Boden zerstört“, schildert Sabine Möller von Verdi Rhein-Neckar die Gefühlslage der Belegschaft am Bismarckplatz, „der Schock sitzt tief“. Etwa 70 Menschen seien in Heidelberg betroffen, überwiegend Frauen, viele davon in Teilzeit. Sie seien seit vielen Jahren im Unternehmen oder bei den Vorgängern Horten und Kaufhof: Die Betriebszugehörigkeit liege zwischen 25 und 45 Jahren.

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Gerade bei Letztgenannten braucht es nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie schwierig die Jobsuche für sie nun wird. „Man hört immer wieder, dass Fachpersonal auch im Einzelhandel gesucht wird“, so Möller. „Aber was sind das für Arbeitsplätze und zu welchen Konditionen?“, fragt sie. Wenn jemand den Beruf Einzelhandelskaufmann oder -frau gelernt habe, sei es nach vielen Berufsjahren zu einfach zu sagen: „Geht halt woanders hin.“

Immobilie steht zum Verkauf

Heidelberg kämpfte bis zuletzt um den Erhalt von beiden Standorten in der Innenstadt. „Realistischerweise“ müsse man indes davon ausgehen, mindestens eine der beiden Filialen am Bismarckplatz und im vorderen Bereich der Hauptstraße zu verlieren, bedauert Oberbürgermeister Eckart Würzner noch am Montagvormittag bei einem Termin vor Medienvertretern.

Nach Absprache mit dem Gemeinderat habe er dem Unternehmen angeboten, Teile der Ladenflächen anzumieten. So könnte sich Galeria verkleinern und Kosten einsparen, erklärte Würzner bereits im Januar. Die Flächen hätte man zum Beispiel an Start-ups weitervermieten können. Dabei sei es um eine Investition im Umfang von einer Million Euro gegangen, mit der die Stadt in Vorleistung getreten wäre. Derzeit werde das große Haus am Bismarckplatz schon in einschlägigen Immobilienportalen angeboten - mit Anregungen zur veränderten Architektur.

Schwierige Jobsuche

Für das Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum bedeutet die Schließung einen drastischen Einschnitt. Seit das Center vor 51 Jahren eröffnet wurde, gibt es auch das Kaufhaus - zunächst als Hertie, nach der Übernahme Mitte der 1990er Jahre als Karstadt. Bei der Verkaufsfläche, die über mehrere Stockwerke reicht, handelt es sich um die größte Einzelfläche im RNZ. „Das wäre für uns schon ein großer Verlust“, erklärt Center-Manager Dani Marquardt am Montag. Dadurch, dass Viernheim in der zweiten Schließungsrunde dabei ist, hat er die Hoffnung nicht ganz aufgegeben: „Vielleicht wird noch einmal verhandelt.“ Nach seiner Aussage war die Filiale nach der Entscheidung am Montagnachmittag geschlossen.

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Michaela Roßner und Christian Schall
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Für Horst Gobrecht, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Südhessen, kommt die Nachricht „nicht völlig überraschend. Dass das nicht an Hessen vorbeigeht, war klar.“ Nach seinen Angaben verlieren in Viernheim etwa 80 Menschen ihren Arbeitsplatz. Viele Angestellte seien um die 50 Jahre alt. „Damit gehören sie zu den schwer Vermittelbaren“, befürchtet Gobrecht. Es sei nicht überall gleichermaßen gut, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Häufig würden Anforderungen gestellt, wie jeden Samstag zu arbeiten oder die Spätschicht bis 22/22.30 Uhr zu übernehmen. „Das ist nicht gerade attraktiv in einem Haus, wo die meisten Läden um 20 Uhr schließen.“ Nur dadurch, dass viele Stellen offen sind, würden die Arbeitsplatzbedingungen nicht einfacher.

Nach Gobrechts Aussage ist die Viernheimer Filiale ein „guter Standort“, die Umsätze hätten sich zuletzt stabilisiert. Er sei davon ausgegangen, dass das Haus - trotz der Konkurrenz in Mannheim und Heidelberg - in der Lage gewesen sei, weiter zu bestehen. Offen ist jetzt, wie es in den verbleibenden Monaten finanziell für die Beschäftigten weitergeht. Den gültigen, so genannten Integrationstarifvertrag habe die Galeria-Geschäftsleitung gekündigt.

Ob es zu Protestaktionen an beiden Standorten kommt, steht noch nicht fest. „Das werden wir überlegen, wenn wir die Gedanken klarer fassen können“, sagt Möller. Dem Unternehmen wirft sie vor, immer nur auf Kosten des Personals gespart zu haben. „Die Auswirkungen tragen mal wieder die Beschäftigten.“

Reaktionen der Erleichterung kommen dagegen aus Mannheim und Speyer. „Das ist eine extrem positive Entscheidung für die City“, sagt Lutz Pauels, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft City. Er habe immer darauf gehofft, weil das Haus am Paradeplatz gegenüber anderen viele Vorteile habe, etwa die Lage. Die Entscheidung ändere aber nichts daran, dass in den Standort investiert werden müsse. „Einfach so weitermachen wird nicht gehen“, stellt Pauels klar. Man müsse das Haus auf Vordermann bringen, damit es gut existieren könne.

Freude in Speyer

Auch das Kaufhaus in der Speyerer Maximilianstraße spielt in den Zukunftsplanungen von Galeria eine Rolle. Diese Nachricht kommt etwas überraschend, denn vor einigen Wochen stand das Kaufhaus noch auf einer Liste von Standorten, die geschlossen werden sollten.

Entsprechend erleichtert hat Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) auf die Nachricht zum Erhalt reagiert: „Mit großer Freude haben wir heute erfahren, dass der Standort Speyer nicht von den Schließungen von Galeria Karstadt Kaufhof betroffen ist. Das sind ausgezeichnete Neuigkeiten, und wir als Stadt sind sehr erleichtert, dass das Warenhaus unserer Innenstadt erhalten bleibt.“ Nun gelte es, den Standort zukunftsfähig auszurichten, „damit das Warenhaus mit Tradition noch lange unverzichtbarer Teil der Einkaufsstadt Speyer ist“. (mit miro)

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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