Viernheim. Die karge Information „Bach und Frankreich“ auf dem Programm der 17. Bachtage im Kreis Bergstraße kann viel bedeuten: Werden von Heike Ittmann Stücke von Johann Sebastian Bach, die von Frankreich beeinflusst sind oder darauf einen Bezug nehmen? Falsch geraten, wie erst Sonntagabend das in der Evangelischen Auferstehungskirche Viernheim an die rund 30 Besucher ausgehändigte Programm zeigt: Die Kantorin von Lampertheim hat bei der Auswahl der Stücke auf Kontraste gesetzt, vier von Bach wechseln mit dreien französischer Komponisten. Ittmann versprach bei Ihrer Einführung „sehr viel Abwechslung“.
Das betraf schon die Werke von Bach: Das „Praeludium et Fuga C-Dur“ (Bachwerkeverzeichnis 547) erschwingt sich, so Ittmann, „aus der Tiefe in höchste Höhen“– das Thema wird in vielen Formen präsentiert. Beim gleichnamigen Stück, aber Bachwerkeverzeichnis 545, sei es genau umgekehrt: „Von oben nach unten“, so die 50-Jährige. Ihre Lieblingsstücke von Bach seien jedoch das erste (Praeludium in Es-Dur, BWV 552) und das letzte des Programms: Die Fuge in Es-Dur (BWV 552) hätten „etwas majestätisch-königliches“ mit je zwei mal drei Teilen. Die Triple-Fuge habe drei Themen, die am Schluss miteinander verwoben werden.
Während Bach eher erhaben-ernst erklingt, bot das Kontrastprogramm französische Leichtigkeit: Das Scherzo aus „15 Kompositionen für Orgel“ von Samuel Rousseau könnte auch der Soundtrack zu einer romantischen Liebeskomödie sein. Es klingt deutlich moderner als beim 1685 geborenen Bach – kein Wunder, der Komponist lebte von 1853 bis 1904.
Was überrascht: Auch die Barock-Komposition von Bachs Zeitgenossen Jean Adam Guilain klingt im Vergleich zum Deutschen eher, als wäre sie erst zwei Jahrhunderte später notiert worden. Die aus sechs abwechslungsreichen und eigenständig klingenden Stücken bestehende Suite wurde für Orgel komponiert, obwohl sie Titel wie „Flötentrio“ tragen: Die Blasinstrumente werden sozusagen von der Orgel wiedergegeben.
Verschiedene Klangfarben
„Die aufeinanderfolgenden Stücke geben die verschiedenen Klangfarben der Orgel wieder, dadurch wird es kurzweilig“, erklärt Heike Ittmann im Gespräch mit dieser Redaktion zur Programmauswahl für das gut einstündige Konzert.
Das galt auch für den fröhlich klingenden „Marche sortie“ von Renaud de Vilbac (1829 - 1884), der für das Ende eines Gottesdienstes und den Gang der Besucher zu den Türen geschrieben wurde. Die Organistin aus Lampertheim hatte Evangelische Kirchenmusik studiert, mit Auszeichnungen bestanden und besuchte zahlreiche Meisterkurse bei namhaften Organisten. Sie konzertiert als Orgelsolistin und tritt als Begleiterin von Chören und Ensembles in Europa auf. Unter anderem wird sie am 1. Juni im Mainzer Dom und am 8. August im Bremer Dom zu hören sein.
Schön intoniert
Die Noeske-Orgel Baujahr 1985 in der Auferstehungskirche Viernheim hat eine Besonderheit: Seitlich vor dem Altar gebaut bietet sie Besuchern einen guten Blick auf Instrument und Organist. Der ehemalige Kantor Martin Stein lobt das zweimanualige Instrument mit 18 Registern als „ausgesprochen schön disponiert und intoniert“. Damit dies so bleibt, wird es im Sommer aufwendig gereinigt und gestimmt, Kosten 25 000 Euro. Dafür werden Spenden gesammelt. Heike Ittmann lobt das Instrument: „Es ist eine bunte Orgel, die viele Klangfarben hat und mit der man viel zaubern kann.“
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