Speyer. Die Königin der Instrumente genießt in Speyer nach wie vor ein hohes Ansehen. Beim Internationalen Orgelzyklus im Dom reisen jährlich Interpreten mit Namen an. Und in den Gottesdiensten der zahlreichen Speyerer Kirchen ist das Instrument trotz der historischen Patina, die die Orgel hin und wieder ein wenig alt aussehen lässt, nicht wegzudenken. Auch der Orgelspaziergang, der an diesem Wochenende zum elften Mal begangen worden ist, trägt zur Imagepflege bei.
Von Beginn an war es das Anliegen der Kirchenmusiker beider Konfessionen, Menschen für das Instrument und die Musik, die es in so besonderer Weise erklingen lässt, zu begeistern. Hemmschwellen sollten abgebaut werden, indem die Orgel außerhalb des liturgischen Kontextes und des geregelten Konzertbetriebs eingesetzt wird. Beim Spaziergang von einer Kirche zur anderen verbinden sich kulturelles Interesse mit geselliger Lebensart. Auch die Organisten verlassen ihre angestammten Plätze, um ein halbstündiges Programm in einer benachbarten Kirche zu präsentieren.
Der ernste Hintergrund dieses Orgelspaziergangs ist ein finanzieller: Da die Kircheninstrumente der bleibenden Pflege, hin und wieder auch der umfassenden Renovierung oder gar des Neubaus bedürfen, sind Gelder willkommen, die die jeweilige Kirchengemeinde alleine nicht stemmen kann. Der diesjährige Spaziergang mit rund 600 Teilnehmern erbrachte einen Erlös von 4000 Euro.
Davon fließen 3500 Euro in die Sanierung der Scherpf-Orgel in der Friedenskirche St. Bernhard. Bereits beim Orgelspaziergang im kommenden Jahr soll das Instrument im konzertanten Reigen eine Rolle spielen. Weitere 500 Euro soll ein Organist erhalten, der bei den Überflutungen im Ahrtal seine gesamte Notenbibliothek eingebüßt hat und bei der Neuanschaffung des Materials unterstützt werden soll.
Schöne Atmosphäre genossen
Domorganist Markus Eichenlaub hatte mit Kirchenmusikdirektor Robert Sattelberger ein Doppelkonzert in der Gedächtniskirche gegeben, da die Orgel in der Dreifaltigkeitskirche nicht spielbar ist. Beide Organisten äußerten sich erfreut über das starke Interesse, aber auch über die aufgelockerte Atmosphäre dieses Orgelspaziergangs. Laut Sattelberger wird das Orgelprojekt in der Dreifaltigkeitskirche auch in den kommenden Jahren finanzielle Unterstützung benötigen, bevor die sanierungsbedürftige Kleuker-Orgel in der Gedächtniskirche an die Reihe komme. Markus Eichenlaub berichtete von vielen positiven Rückmeldungen durch Teilnehmer. Sein Resümee: „Ich war einfach nur happy.“ 2024 werde der Orgelspaziergang mit der Gedächtniskirche, der Josephskirche, der Dreifaltigkeitskirche, dem Dom und der Bernhardskirche wohl fünf Stationen aufbieten.
Musikalischer Schwerpunkt waren Stücke aus dem klassischen Fach, wie sie Christoph Keggenhoff beim Abschlusskonzert im Dom aufs Programm gesetzt hatte. Dabei nutzte der Zweite Domorganist, der mit Ende dieses Jahres in den Ruhestand treten wird, die Möglichkeit des Wechselspiels zwischen der kleineren Chororgel und der Hauptorgel auf der Empore. Hatten Regen und Donner die Teilnehmer am Spaziergang bis dahin verschont, so setzte just zu den filigranen Tönen, die Keggenhoff mit Stücken von Beethoven und eines anonymen Komponisten in den weiten Raum tropfen ließ, das Unwetter ein.
Mit Elmar Werel war in der Kirche St. Joseph ein Organist zu hören, der als versierter Instrumentalist bei Gottesdiensten in mehreren katholischen Kirchen aktiv ist. Dank der ausdifferenzierten Registervielfalt stellte er mit Stücken von Pachelbel oder Saint-Saëns die Klangschönheit der Wilbrand-Orgel eindrucksvoll unter Beweis. Dagegen spielten sich Markus Eichenlaub und Robert Sattelberger in der Gedächtniskirche die Bälle zu. Während sich Eichenlaub mit Marco Enrico Bossis „Colloquio con le Rondini“ opus 140 als Klangmagier an der Chororgel betätigte, schöpfte Sattelberger an der Kleuker-Orgel mit drei d-Moll-Toccaten Buxtehudes, Bachs und Regers vor allem das große Klangvolumen aus. Wieder einmal war es die Vielfalt der Stile und der Klangsprachen, die den Reiz bildeten.
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