Glasfaser-Ausbau

Gefährliche Löcher in Viernheimer Straßen

Die Stadt Viernheim weist die Deutsche Telekom auf bauliche Mängel nach der Verlegung von Internetleitungen hin – und verhängt einen Baustopp.

Von 
Wolfram Köhler
Lesedauer: 
Im Kreuzungsbereich von Anna- und Karl-Marx-Straße ragen Pflastersteine aus der Fahrbahn, es tun sich Löcher auf. Eine Baufirma hat dort Glasfaserleitungen verlegt. © Kathrin Miedniak

Viernheim. An manchen Stellen ragen Pflastersteine aus dem Teer heraus. Andernorts unterbrechen tiefe Mulden aus Sand den Fahrbahnbelag. Für Fußgänger, die dort vorbeikommen, sind das wahre Stolperfallen. Vor allem aber müssen Rad- und Rollerfahrer außerordentlich aufmerksam sein, um nicht zu Fall zu kommen. Über notdürftig gestopfte Löcher in den Straßen wundern sich Passanten zurzeit insbesondere in der südwestlichen Innenstadt. Manche schütteln den Kopf, äußern ihren Unmut. „Abenteuerlich“ oder „wild“ sei das, was Bauarbeiter dort hinterlassen haben. An der Kreuzung der Annastraße und der Karl-Marx-Straße bleibt eine Frau stehen und sagt: „Das ist lebensgefährlich.“

Erster Stadtrat Jörg Scheidel kann den Ärger der Menschen gut verstehen. Verantwortlich seien Baufirmen, die im Auftrag der Deutschen Telekom Glasfaserleitungen für schnelles Internet verlegen. Die „Sub- oder Subsubunternehmer“ würden für teils „abstruse Zustände“ sorgen, sagt der Baudezernent. „Die Stadt ist im Clinch mit der Telekom. Wir haben einen Baustopp verhängt.“

Zu diesem konkreten Sachverhalt äußert sich die Deutsche Telekom nicht. Auf Anfrage dieser Redaktion teilt sie lediglich mit, sie stehe „im regelmäßigen Austausch mit der Stadt Viernheim“ und arbeite mit ihr „konstruktiv und partnerschaftlich zusammen, um den Glasfaserausbau in Viernheim gemeinsam voranzutreiben“. Auf die angezeigten Mängel, so eine Unternehmenssprecherin, habe man „sofort reagiert, diese beseitigen lassen und zudem weitere Maßnahmen ergriffen, um den Ausbau im engen Austausch mit der Stadt wie geplant fortzusetzen“. Teilabschnitte seien bereits fertiggestellt worden, teilt der Internetanbieter weiter mit. Die ersten Kundinnen und Kunden könnten das Glasfasernetz jetzt schon nutzen.

Firmen holen Genehmigungen bei der Kommune ein

Nach Angaben von Scheidel haben Telekommunikationsunternehmen grundsätzlich das Recht, Leitungen im Stadtgebiet zu verlegen. Aktuell baue die Deutsche Telekom das Glasfasernetz im südlichen Bereich Viernheims aus. Das Unternehmen – beziehungsweise die beauftragten Tiefbaufirmen – hätten daher bei der Stadtverwaltung eine sogenannte Aufgrabungsgenehmigung eingeholt. Darüber hinaus erteilt die Stadt verkehrsrechtliche Anordnungen: Wo dies erforderlich ist, werden Straßen oder Fußwege gesperrt. Bei einer Vollsperrung ist eine Umleitung einzurichten.

Für die vor Ort tätigen Firmen gilt nach Angaben Scheidels der Grundsatz: „Alles, was aufgemacht wird, ist so zu verschließen, wie es vorgefunden wurde.“ In vielen Fällen geschehe dies auch, sagt der Erste Stadtrat. Bei den jüngsten Bauarbeiten habe die Stadt aber feststellen müssen, dass die Unternehmen, die für die Telekom tätig sind, „die Dinge nicht fachgerecht schließen“. Die Verwaltung habe das Problem, dass sie wegen der enormen Größe des Gesamtprojekts die einzelnen Baustellen nicht alle im Blick behalten könne. Auch gehe alles sehr schnell. „Wir machen das so gut, wie wir können“, sagt der Baudezernent. Abhängig vom vorhandenen Personal würden Kontrollen vorgenommen und die Firmen aufgefordert, die Mängel zu beseitigen. Weil es zuletzt nicht nach den Vorstellungen der Kommune lief, mussten die Bauarbeiten teilweise eingestellt werden.

Auch an der Ecke Holzstraße/Neubaustraße hat die Tiefbaufirma die Straße nicht so geschlossen, wie es sich die Stadt vorstellt. © Kathrin Miedniak

Laut dem Ersten Stadtrat baut die Deutsche Telekom das Glasfasernetz „eigenwirtschaftlich“ aus und versuche offensichtlich, die Preise zu drücken. „Es kann aber nicht sein, dass wir dann die Folgekosten zu tragen haben.“ Es sei nicht grundsätzlich falsch, vorübergehend Pflastersteine in die Fahrbahn einzusetzen oder die Löcher mit Sand zu befüllen, der sich dann noch setzen müsse. Das, was die Stadt momentan als Arbeitsergebnis in den Straßen vorfinde, sei aber nicht in Ordnung.

Ausbaugebiet zwischen Saarlandstraße und Mannheimer Straße

Überhaupt ist die Kommune häufig Leidtragende der rechtlichen Vorgaben. Scheidel nennt ein Beispiel: Wenn die Stadt eine Straße saniert, teilt sie das den Telekommunikationsunternehmen mit und gibt ihnen die Möglichkeit, Leitungen zu verlegen. Auch sei es üblich, dass die Kommune gegen Bezahlung die gewünschten Kabel selbst einbauen lässt. „Im schlechtesten Fall“, so der Erste Stadtrat, „erhält die Stadt den Hinweis, dass es keinen Bedarf gibt. Und ein halbes Jahr später wollen sie Glasfaser verlegen.“ Scheidel zufolge hätte die Stadt in einer solchen Situation keine Chance, das Vorhaben zu unterbinden – auch wenn die Straße gerade wieder geschlossen wurde. So kann aus einer neuen Fahrbahn in kurzer Zeit wieder der von Bürgern häufig kritisierte Flickenteppich werden.

Mehr zum Thema

Soziales

Viernheimer Unternehmer unterstützen den Tierschutzverein

Veröffentlicht
Von
Othmar Pietsch
Mehr erfahren
Soziales

Was der Viernheimer Verein Focus in 30 Jahren geleistet hat

Veröffentlicht
Von
Kathrin Miedniak
Mehr erfahren
Sport

Eine Viernheimerin gewinnt den Triathlon in Viernheim

Veröffentlicht
Von
Sandra Usler
Mehr erfahren

Bei einer Veranstaltung Ende Mai im Bürgerhaus hatte die Deutsche Telekom interessierte Bürger über den jetzigen Glasfaserausbau informiert. Das Gebiet umfasst demnach den Bereich zwischen der Karl-Marx-Straße, der Saarlandstraße und der Mannheimer Straße. Ziel des Projekts ist es, die digitale Infrastruktur in diesem Stadtgebiet zu verbessern und Haushalten sowie Unternehmen den Zugang zu schnellen Internetverbindungen zu ermöglichen. Die Fertigstellung ist für Anfang 2027 geplant. Die Regionalmanagerin des Unternehmens erläuterte in ihrem Vortrag damals auch, wie die Glasfaserleitungen von einem Hauptverteiler zu Unterverteilern und von dort in die jeweilige Straße gelangen. Zum Einsatz kämen moderne Verfahren, teilte sie mit. Die Gräben seien meistens innerhalb eines Tages wieder verschlossen.

Redaktion

Copyright © 2025 Südhessen Morgen

VG WORT Zählmarke