Geschichte

Blick hinter die Mauern der Apostelkirche in Viernheim

Birgit Käser vom Förderverein St. Aposteln hat den Besuchern einer Führung viele sonst verschlossene Türen in dem Viernheimer Gotteshaus geöffnet.

Von 
Astrid Schwörer
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Viernheim. Die Apostelkirche erhebt sich eindrucksvoll im Zentrum von Viernheim, ihr hoher Turm ist schon von Weitem sichtbar. Für viele Viernheimerinnen und Viernheimer ist das imposante Bauwerk ein vertrauter Anblick mitten in der City. Wer aber war schonmal in der Sakristei oder auf der Empore? Diese Möglichkeiten bot jetzt das Museum Viernheim.

Birgit Käser vom Förderverein St. Aposteln öffnete bei der kunst- und kirchenhistorischen Führung Türen zu sonst verschlossenen Bereichen und erläuterte Wissenswertes über die Geschichte und architektonischen Besonderheiten. Die Freude darüber, nach längerer Zeit wieder eine Führung anbieten zu können, war ihr anzusehen. Käser bewies ein großes Fachwissen und unterhielt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der ein oder anderen Anekdote. Nachfragen war ausdrücklich erlaubt und erwünscht. Mit großem Interesse folgten die Zuhörerinnen und Zuhörer ihren Ausführungen und tauschten untereinander Erinnerungen aus.

Das neugotische Bauwerk sei 65 Meter lang und 33 Meter breit, der Turm erreiche eine Höhe von 75 Metern, hatte Käser alle Fakten parat. Ein besonderes Detail verriet sie gleich zu Beginn: „Die Kirche ist nicht geostet, man wollte sich zum Dorf hin öffnen.“

Geschichte von St. Aposteln beginnt im Jahr 1890

Die Geschichte von St. Aposteln begann um 1890, als die wachsende katholische Gemeinde in Viernheim den Bedarf an einem neuen Gotteshaus erkannte. Laut Käser fand sich im Kirchenrat zunächst keine Mehrheit für den Bau. „Was haben die Viernheimer gemacht?“, fragte sie und antwortete gleich selbst: „Sie haben erfolgreich Unterschriften gesammelt.“ Die Liste sei heute noch im Archiv erhalten.

Beim Eintritt durch das Hauptportal lenkte Käser die Aufmerksamkeit nach oben auf das Kirchenfester mit dem Bild der Arche Noah. „Man geht durch das Alte Testament in den Innenraum“, teilte sie mit. Vom Eingang aus schweifte der Blick nach vorne durch das von runden Säulen getragene weite Rippengewölbe bis zum filigranen Hochaltar.

Die Kirche sei vom renommierten Freiburger Architekten Max Meckel entworfen und zwischen 1896 und 1899 erbaut worden, berichtete Käser. „Eine außergewöhnlich kurze Bauzeit“, meinte sie und betonte: „Und das auch noch unfallfrei.“ An den Arbeiten seien viele Handwerker aus Viernheim beteiligt gewesen.

„Die Kirche ist den zwölf Aposteln gewidmet“, erklärte Käser und zeigte auf die farbenfrohen Figuren, die die Säulen des Mittelschiffs schmücken. Auch die Buntglasfenster weisen auf die Namensgebung der Kirche hin, legte die Expertin dar. Der Mainzer Kirchenmaler Bernhard Kraus habe Szenen aus den Lebens- und Leidensgeschichten der Apostel gestaltet. Trotz des eher trüben Wetters warfen die Sonnenstrahlen ein Kaleidoskop von Farben an die Wände.

Über die Herkunft der Altäre sei wenig bekannt, bedauerte Käser. Man vermute, dass einige Teile aus der Sammlung des Frankfurter Pfarrers Münzenberger stammten. Der Sakramentsaltar, der Josephsaltar, der Muttergottesaltar: Käser kannte ihre künstlerische Bedeutung. Fast ehrfürchtig stiegen die Gäste die wenigen Stufen zum Hochaltar empor. Einige der Figuren des in Gold gehaltenen Schreins seien wahrscheinlich sogar aus dem 14. Jahrhundert.

In der Sakristei schlug den Besucherinnen und Besuchern Weihrauchgeruch entgegen. Kerzenhalter standen im Vorraum für den Weißen Sonntag bereit, an den alten Schränken hingen helle Gewänder. Der Raum dahinter strahlte Ruhe aus. „Hier werden die letzten Vorbereitungen und Absprachen für den Gottesdienst getroffen“, wusste Käser.

Moderne Elemente in der Mitte der Kirche

Ein wesentlich moderneres Bild bot sich den Gästen in der Mitte der Kirche. Der aus Sandsteinquadern gefertigte Ambo und der neue Altar stießen allerdings bei den Besucherinnen und Besuchern auf geteilte Meinungen. „Sehr schön“, war dagegen das einstimmige Lob für die im Nazarener-Stil bemalten Leinwände über den Arkaden des Mittelschiffs.

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Über eine enge Wendeltreppe ging es auf die Empore. Während die Besucherinnen und Besucher den beeindruckenden Blick in das Kirchenschiff bestaunten, setzte sich Käser an die gewaltige Schlimbach-Orgel und stimmte einige Töne an. Mit 38 Registern sei die romantische Orgel das größte Instrument der Stadt. Der Zugang zum Turm sei aus Sicherheitsgründen gesperrt, die Glocken könnten nicht besichtigt werden. Nachdem das gusseiserne Geläute im Krieg eingeschmolzen worden war, konnten mithilfe von Spenden im Jahr 1948 vier neue Glocken montiert werden, erzählte sie und schwärmte: „Man braucht zwar einen Gehörschutz, wenn man danebensteht, aber es ist toll.“

„Ich war zwar schon häufiger hier, trotzdem habe ich heute viel gelernt. Man spürt direkt, wie sehr Frau Käser mit der Kirche verbunden ist“, lobte Teilnehmerin Anna Weiler. Museumsleiterin Elke Leinenweber freute sich über den großen Andrang und die positive Resonanz. „Wir wollen weitere Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Heimatgeschichte anbieten“, kündigte sie an. Am 4. Mai sei eine Fahrradtour zu den Denkmälern im Viernheimer Wald geplant.

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