Viernheim. Vor 125 Jahren wurde die Apostelkirche im Herzen Viernheims eingeweiht. Das Jubiläum feiert die Gemeinde Heiliger Johannes XXIII. gemeinsam mit dem Patrozinium der Pfarrei am Sonntag, 12. Oktober, in einem Festgottesdienst. Im Anschluss findet ein Umtrunk statt, den der Förderverein St. Aposteln organisiert.
Kurzvorträge und Führung zur Geschichte der Apostelkirche
Birgit Käser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Historie der Apostelkirche und hat für das Jubiläum die Entstehungsgeschichte der Kirche aufgearbeitet. Sie wird in den Gottesdiensten am Samstag, 11. Oktober, um 18 Uhr und Sonntag, 12. Oktober, um 10.15 Uhr die Ansprache halten. Um 12.15 Uhr bietet sie außerdem eine Kirchenführung an, bei der sie Details aus der 125-jährigen Geschichte vorstellt.
In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war die Bevölkerung Viernheims so stark angewachsen, dass die Marienkirche zu klein geworden waren und man über einen Kirchenneubau nachdachte. So entschieden sich Gemeinde und Diözese 1890 für einen großen Neubau. Das Baugelände mit 10.697 Quadratmeter Fläche wurde 1893 für 30.000 Mark käuflich erworben. Der Entwurf für die Kirche stammte vom Architekten und erzbischöflichen Baudirektor Max Meckel aus Freiburg: Ein mächtiger Kirchenbau im Stil der deutschen Gotik aus der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts sollte es werden.
Apostelkirche in Viernheim: Erster Spatenstich am 11. April 1896
Am 11. April 1896 nahm Pfarrer Franz Molitor die Segnung des Bauplatzes und den ersten Spatenstich vor. Zwei Tage später begann man mit dem Ausheben der Fundamente. Zu Beginn des Jahres 1897 wurde schon mit dem Hochschiff begonnen. So kam Bischof Paul Leopold Haffner zur Grundsteinlegung am 19. April 1898 nach Viernheim. In einer Urkunde, auf Pergamentpapier geschrieben, wurde der bedeutsame Moment für die Nachwelt festgehalten.
Bis zum Herbst 1898 war das Hochschiff so weit fertig, dass die Zimmerleute das Dachwerk aufschlagen konnten und mit dem Ausbau des Turms begonnen werden konnte. Auch die Arbeiten im Innern schritten gut voran. Im Jahr 1899 wurden die Fenster in der Kirche eingesetzt – sie tragen noch heute wesentlich zur Atmosphäre des Kirchenraumes bei. Die wunderschönen Glasmalereien stammen von dem Fenstermaler Bernhard Kraus aus Mainz. 19 große Fenster mit etwa 240 Quadratmeter Glasfläche sorgen für Licht in den Kirchenschiffen. 18 weitere Fenster beleuchten den Hauptchor, die Eingänge, die Empore, die Sakristeien und die Taufkapelle.
Die Kirche mit Turm umfasst 1578 Quadratmeter bebaute Fläche, die auf drei Chöre, den Kirchenraum, die Empore, die Vorhalle und die Sakristei entfallen, bei einer Länge von 65 Metern und einer Breite von 33 Metern. Der Grundriss der Kirche ist dreischiffig, Seiten- und Querschiffe haben die gleiche Höhe von 13,60 Metern, während das Mittelschiff 18,70 Meter und der Chor 17,30 Meter hoch sind. In der Kirche gibt es 1174 Sitz- und Knieplätze für Erwachsene, 410 Kinderplätze und 950 Stehplätze.
Im unteren Teil des viergeschossigen Turms ist der Haupteingang, darüber ein Prachtfenster, im dritten Geschoss ist die große Turmuhr untergebracht. Im vierten Geschoss befindet sich die Glockenstube, darüber sitzt in 39 Metern Höhe der achteckige Turmhelm mit vier kleinen Türmchen. In 75 Meter Höhe hat der Wetterhahn seinen Platz.
Nach Vollendung der Kirche und des Turms wurden die Glocken ihrer Bestimmung übergeben. Die ersten Glocken stammten aus der Glockengießerei Hamm in Frankenthal. Am 29. Oktober 1899 erfolgte die Einweihung der Glocken: die Zwölf-Apostelglocke (1970 Kilo schwer), die Marienglocke (1495 Kilo), die Josefsglocke (735 Kilo) und die Franziskusglocke (515 Kilo). Die Töne für die vier Glocken wurden so gewählt, dass die zwei kleinsten Glocken mit „F“ und „G“ ein schönes Geläut für die Werktage, die drei Glocken „D“, „F“ und „G“ das Sonntagsgeläut bilden und die vier Glocken zusammen ein majestätisches und mächtiges Festtagsgeläute ergeben. Eine fünfte kleine Glocke, das Wandlungsglöcklein, hängt im Dachreiter des Chors.
Geläut der Viernheimer Apostelkirche wird im Zweiten Weltkrieg abmontiert
Groß war der Schmerz der Einwohner, als dieses Geläut im März 1942 zu Kriegszwecken abmontiert wurde. Die kleinste, als einzige gerettete Franziskusglocke, wurde 1948 der Marienkirche überlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühte sich Pfarrer Martin Gremm, ein neues Geläut zu beschaffen. Die vier Glocken wurden von der Firma Kurtz aus Stuttgart hergestellt und am 7. November 1948 feierlich geweiht. Die Glocken von St. Aposteln - die Zwölf-Apostelglocke (3380 Kilo), die Marienglocke (1645 Kilo), die Martinusglocke (936 Kilo) und die Gefallenenglocke (664 Kilo) - waren das erste neue Geläut nach dem Krieg in der Diözese Mainz.
Anfang Dezember 1899 war die Kirche baulich vollständig fertiggestellt, der Innenraum wurde mit Ausmalungen und dem Aufstellen der Altäre eingerichtet. Am 1. September 1900 wurde die Kirche vom neuen Bischof von Mainz, Heinrich Brück, feierlich eingeweiht.
Einen besonderen Stellenwert nehmen die fünf großen spätgotischen Altäre ein: der Hochaltar, der Kreuz- oder Schmerzensaltar, der Josefaltar, der Sakramentsaltar und der Muttergottesaltar. Nicht bei jedem Altar ist bekannt, woher er stammt. Zum Teil wurden sie aus alten Altären neu zusammengestellt, wie der Hochaltar aus der Werkstatt von Josef Schnitzer aus Frankfurt. 1901 wurde der Muttergottesaltar restauriert, 1905 wurde ein weiterer Marienaltar zu einem Josefaltar umgestaltet.
Verschiedene Künstler wirkten bei der Ausmalung mit, die zum Gesamtkonzept und Gesamtkunstwerk der Erbauer gehörte und dadurch einen hohen künstlerischen Stellenwert einnahm. Die Ausmalungen wurden zum großen Teil von dem Kirchenmaler Valentin Volk aus Mainz ausgeführt. Die riesigen Leinwandgemälde in den Triforienbögen wurden von dem Maler Julius Fischer angefertigt, und ein weiterer Künstler erschuf die Leinwandgobelinmalereien an den Wänden der Seitenschiffe, die den Kreuzweg darstellten und die bei der Renovierung in den 50er-Jahren fast alle vernichtet wurden.
Die zwölf Apostelfiguren an den Säulen, die für den Namen der neuen Viernheimer Kirche stehen, ließ Pfarrer Molitor von einem Viernheimer Tünchermeister herrichten. Aus welcher Werkstatt sie ursprünglich kamen, ist nicht bekannt. Sie waren bunt bemalt und hatten einen Heiligenschein.
Orgel wurde 1903 von der Werkstatt Schlimbach in Würzburg gebaut
Ein Schmuckstück dieser Kirche ist außerdem die Orgel, die im Jahre 1903 von den Orgelbauern Schlimbach in Würzburg gebaut wurde. Weitere Einzelheiten über die Entstehung der Orgel sind kaum bekannt. Die Orgel besitzt zwei Manuale, das Pedalwerk und hat 38 Register. Ursprünglich wurde sie durch Blasebälge statt Elektrizität betrieben. Die historischen Pfeifen von damals sind immer noch erhalten und klingen seither in der Viernheimer Apostelkirche.
Kirchenführung
Wer bei der Kirchenführung am Samstag, 11. Oktober, um12.15 Uhr dabei sein will, kann sich anmelden über die Homepage der Pfarrei Heiliger Johannes XXIII.
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