Schriesheim

Wie der Schriesheimer Weihnachtsmarkt gerettet wurde

Auch in diesem Jahr wird es in Schriesheim einen Weihnachtsmarkt geben. Wie die Freien Wähler am Donnerstag mitteilten, übernehmen sie die Organisation von Volker Paul, der aus Alters- und Gesundheistgründen aufhört

Von 
Konstantin Groß
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Gelungener Generationswechsel: Die Freien Wähler Marc Hartmann (stehend v. l.), Roman Lamprecht und Kerstin Mayer mit den verdienten bisherigen Organisatoren Christel und Volker Paul. © Konstantin Groß

Schriesheim. Um mit Franz Beckenbauer zu fragen: „Ja, haben wir denn schon Weihnachten?“ Nein, dennoch gibt es bereits jetzt eine frohe Botschaft: Die Zukunft des Schriesheimer Weihnachtsmarktes ist gesichert. Die Freien Wähler übernehmen die Organisation der Veranstaltung auf dem Festplatz von Volker Paul, der dies 15 Jahre lang gemacht hat.

Während beim Mathaisemarkt die Stadtverwaltung auch weiter sämtliche Vorbereitungen hinter verschlossenen Türen belässt, gehen die ehrenamtlichen Macher für den Weihnachtsmarkt an die Öffentlichkeit - mit einem Pressegespräch: „Transparenz ist das beste Mittel gegen Gerüchte“, weiß Roman Lamprecht, Vize-Chef der Freien Wähler.

Großer Aufmerksamkeit können sich die Macher sicher sein, ist doch der Weihnachtsmarkt in Schriesheim zwar wie überall beliebt, aber dennoch nicht selbstverständlich. Denn so erstaunlich es sein mag: Einen zentralen großen Weihnachtsmarkt gibt es in dem sonst traditions- und feierfreudigen Schriese erst seit wenigen Jahren.

Erster Anlauf in den 1990er Jahren

1997 wurde er erstmals vom Bund der Selbstständigen (BdS) am Stadtbrunnen organisiert, mit einem Dutzend Ständen und zwei Stunden Programm. Doch im Jahr 2000 fand der letzte BdS-Markt statt. Einzelne Akteure schlossen bei sich die Lücke: ab 2001 die Weinscheuer Majer, ab 2002 das Waldschwimmbad.

2006 ein zweiter Anlauf, und zwar an zwei Wochenenden auf dem Festplatz, organisiert von dem ehemaligen Förster Emil Kling. Stände und Programmbeiträge von Schulen und Kindergärten umrahmten den Verkauf von Weihnachtsbäumen. Nach 2007 hörte Emil Kling auf.

2008 übernahm Volker Paul, Vorstand der Markus-Paul-Stiftung, benannt nach seinem im Polizeidienst getöteten Sohn, die Organisation des „Weihnachtsdorfes“, wie es nun genannt wurde, und führte die Veranstaltung zu einem großen Erfolg. Der Erlös seines Glühweinstandes kam der Stiftung, also Polizisten und Feuerwehrleuten zu Gute, die bei ihren Einsätzen verwundet wurden.

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Jeweils am dritten und vierten Adventswochenende lockten fortan bis zu 20 Stände - teils urige Hütten, teils Zelte - sowie eine zentrale Bühne mit fünf Tagen non-stop-Musikprogramm. Als Mitstreiter gewann Paul Vereine wie etwa den TV.

Dann kam die Pandemie, 2020 und 2021 gab es kein Weihnachtsdorf. Erst nach zwei Jahren Corona-Pause konnte 2022 gefeiert werden. Schon da kündigte Volker Paul an, aus gesundheitlichen Gründen aufhören zu wollen: „Ich hoffe, wir finden einen würdigen Nachfolger.“

Das ist nun geschehen: „Wir machen es“, teilt Freie-Wähler-Chef Marc Hartmann am Donnerstagabend mit. „Keinesfalls soll dies aber eine politische Veranstaltung werden“, versichert er: „Aber wenn wir es nicht machen würden, dann würde es den Weihnachtsmarkt dieses Jahr gar nicht mehr geben“, erinnert er: „Jeder hatte ja die Möglichkeit gehabt, sich dafür bereit zu stellen.“

Termin des Weihnachtsmarktes muss verlegt werden 

Im August kam Hartmann und Lamprecht die Idee, das zu machen. Gespräche mit Stadt, Betreibern und Musikgruppen folgten. Bestärkt wurden die zwei in ihrem Entschluss durch die positive Resonanz auf ihren Stand beim Kerwe-Straßenfest. Doch klar ist ihnen auch: „Wir machen das aus dem Stand heraus“, bittet Lamprecht schon jetzt um Verständnis, „falls beim ersten Mal nicht alles 100-prozentig klappt.“

Um sicher zu gehen, gilt dieses Jahr: keine Experimente, sondern Kontinuität. Eine Verlegung an den Stadtbrunnen oder vor den Zehntkeller wurde daher noch gar nicht erst diskutiert. „Da schlagen ohnehin zwei Herzen in meiner Brust“, bekennt Lamprecht. Auf der einen Seite ist in der Altstadt das Ambiente heimeliger. Auf der anderen Seite schätzen viele Besucher just die Weitläufigkeit auf dem Festplatz - „gerade aus den Nachbargemeinden“, weiß Kerstin Mayer. Nur der Termin musste, da der vierte Abend auf Heiligabend fällt, vom dritten und vierten auf den zweiten und dritten Advent vorverlegt werden.

Organisation der Musik ist Herausforderung

„75 Prozent des Programms stehen“, sagt Hartmann. Die meisten Stände sind wieder dabei, auch die kunsthandwerklichen, und die „Lebendige Krippe“. Eine Herausforderung bildet das Musikangebot: „Die Gagen sind kräftig gestiegen“, spürt Hartmann: „Und viele Bands sind für Dezember sogar jetzt schon ausgebucht.“ Daher seine Botschaft an Musiker, sich gerne zu melden.

Und natürlich gibt es einen Weihnachtsmann: „Das Kostüm habe ich noch bei uns zu Hause im Schrank“, sagt Volker Pauls Frau Christel. Und wie geht es dem langjährigen Organisator mit der jetzigen Lösung? „Wunderbar!“, bekennt der verdiente Ehrenamtliche, der im Februar 80 Jahre alt wird: „Ich bin erleichtert und glücklich, dass es weitergeht.“

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