Schriesheim. Die Sportvereine der Region kommen mit den Corona-Schutzbestimmungen eigentlich gut zurecht. Vom Land wünschen sie sich jedoch bei Änderungen frühzeitigere Informationen. Dies ist das Ergebnis einer Online-Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Vereinssport in Pandemiezeiten“, organisiert vom SPD-Landtagsabgeordneten Sebastian Cuny.
Das Teilnehmerfeld zeigt, wie aktuell und brisant das Thema ist. Unter den 25 Zuhörern sind vor allem Repräsentanten von Sportvereinen aus der gesamten Region an Neckar und Bergstraße. Die SPD versteht sich als ihre Sachwalter, betont Cuny und kritisiert die Benachteiligung gegenüber dem Profisport: „Ich konnte es nicht nachvollziehen, dass die Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen durfte, während die Kinder im Lockdown saßen.“
Auch Anderes ist zuweilen wenig nachvollziehbar, wie Gernot Gruber, der von Cuny eingeladene sportpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, berichtet. So seien in Baden-Württemberg die Sportplätze geöffnet worden, Toiletten aber geschlossen geblieben, so dass sich die Aktiven „in die Hecken schlagen“ mussten, wie er unter ungläubigem Kopfschütteln mancher Teilnehmer erläutert. Erst durch seine Intervention bei der Kultusministerin seien diese Vorgaben geändert worden.
Grundsätzlich kommen die Vereine mit den Regeln gut zurecht – auch dank der Unterstützung ihrer Gemeinden. „Wir haben eine Verwaltung, die uns gut unterstützt und die Vorgaben des Landes für uns gut aufbereitet“, berichtet Jürgen Busch, Chef des 1650 Mitglieder zählenden Turnvereins Schriesheim.
Äußerungen eines Kreisrates
- Guntram Zimmermann sitzt für die SPD im Kreistag. Bis 2020 war er 24 Jahre lang Bürgermeister von Spechbach (1800 Einwohner) im Kraichgau. In der Online-Diskussion sagte er:
- Zu Boostern: „Es ist ja heutzutage fast notwendig, dass man eingangs darauf hinweist: Ich bin geboostert. Das macht auch deutlich, wie meine Einstellung zu der Sache steht.“
- Zu Schutzmaßnahmen, die Einschränkungen für Ungeimpfte bedeuten: „Durch diese Verhaltensweisen drängt man ja solche Menschen teilweise in die Fänge der Querdenker.“
- Zum Infektionsrisiko: „Meine Einstellung dazu: Die Ungeimpften sind für mich nicht infektiöser.“
Verordnungen an Wochenenden
Kritik gibt es dagegen am Land. „Am Freitagabend, Samstagmorgen kam von der Landesregierung die Verordnung“, berichtet etwa Barbara Scholz vom Vorstand der Ladenburger Sportvereinigung. „Und wir als Ehrenamtliche haben uns ein ganzes Wochenende um die Ohren geschlagen mit dem Versuch, diese Verordnungen umzusetzen.“
Das kann Achim Weitz nur bestätigen. „Ich bin viele Wochenenden dagesessen und habe mir die neuen Verordnungen durchgelesen“, berichtet der Chef des Schriesheimer Ordnungsamts, „weil ich wusste, dass am Montag morgens um 7 jeder wissen will, was Sache ist.“
Praktizieren die Vereine die Luca-App? „Wir haben für verschiedene Mannschaften und Veranstaltungen die Luca-App eingeführt“, berichtet Rüdiger Kanzler, Chef der SG Leutershausen, „und keine negativen Erfahrungen gemacht.“ Das bestätigt Gerhard Berger vom Reitverein Heddesheim: „Wir haben die Luca-App seit einem halben Jahr“, berichtet er: „Das vereinfacht die tägliche Abwicklung.“ Allerdings: „Wir haben noch die Listen für den schriftlichen Eintrag nach wie vor ausliegen.“
Gibt es überhaupt Nachfragen vom Gesundheitsamt? „Wir haben das nicht erlebt“, berichtet Thomas Ritter vom Tischtennisclub Heddesheim: „Aber wir sind ja auch ein kleiner Verein.“ „Wir hatten schon mehrere Fälle“, berichtet dagegen Jürgen Busch: „Da mussten wir öfters unsere Listen rausholen oder über Luca nachgucken, wer war denn da.“
Und die Kontaktverfolgung? „Wenn ich mal im Fußballstadion war, habe ich zwei Wochen später eine E-Mail bekommen, dass bei dem Spiel ein Infizierter in der Nähe gewesen ist“, so Achim Weitz: „Zwei Wochen! Das ist ja völlig sinnfrei.“
Eine praktische Frage ist „2G bei Jugendlichen“, die Sebastian Cuny in die Runde wirft. Gruber antwortet, dass für Jugendliche Schülerausweise als Zugangsberechtigung zu Sportveranstaltungen gelten. Denn in der Schule wird ja regelmäßig getestet. „In den Ferien gilt das natürlich nicht“, macht Gruber klar: „Das muss man akzeptieren.“
Kreisrat erntet Widerspruch
Und wie sieht es in den Vereinen mit dem Impfen aus? „Ich habe fast keine ungeimpften Mitglieder mehr“, berichtet Jürgen Busch. Auch in den vier Leistungssportarten seines TV seien „fast alle durchgeimpft, die meisten sogar geboostert“. Im Reitverein gab es „eine Handvoll“, die sich nicht impfen lassen wollte, berichtet Gerhard Berger: „Bis auf eine Person haben sich alle überzeugen lassen, sich impfen zu lassen.“
Dazu meint SPD-Kreisrat Guntram Zimmermann, seiner Ansicht nach seien „die Ungeimpften nicht infektiöser“ als die Geimpften. Das ruft allgemein Widerspruch hervor: „Das ist medizinisch ganz eindeutig widerlegt“, entgegnet Gruber: „Ungeimpfte haben definitiv eine größere Virenlast.“ Und Cuny mahnt: „Der Schutz für die Allgemeinheit durch die Impfung ist bedeutend.“
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