Schriesheim. Der 24. Mai 2025 wird wohl in die Geschichte Schriesheims eingehen. An diesem Tag stellen Gilbert und Peter Lauer sowie Hans-Peter Lange das Verkaufs-Expose für eine Immobilie ins Netz, an denen sie Anteile besitzen. Nicht irgendeine Immobilie, vielmehr das Wahrzeichen Schriesheims, eine mittlelalterliche Burgruine hoch über der Stadt: die Strahlenburg. Angstrebter Kaufpreis: 3,5 Millionen Euro.
„Wir haben auch schon einige Interessenten“, berichtet Gilbert Lauer, einer der Eigentümer, am Dienstag dem „MM“: „Aber es gibt natürlich noch nichts Konkretes.“ Das 10.000 Quadratmeter große Gelände umfasst die von weither sichtbare mittelalterliche Burgruine samt Turm sowie einige Anbauten aus den zurückliegenden Jahrzehnten.
Neben einer großen Wohnung gibt es hier vor allem ein Restaurant - mit einer mehr als 500 Quadratmeter großen Terrasse für einen Ausblick 60 Kilometer weit als Attraktion. Bis 2023 bewirtschaftet, war es im Sommer ein in der gesamten Region beliebtes Ausflugsziel und darüber hinaus mit seinem Rittersaal und dem Burgsaal eine außergewöhnliche Location für Festivitäten verschiedenster Art. Nie unwichtig: Vor der Burg stehen Stellplätze für um die 70 Fahrzeuge zur Verfügung.
Auf diesen Gastro-Teil setzt denn auch das Expose. Ein „gut ausgearbeitetes, umfangreiches und zukunftsfähiges Gastronomiekonzept“ bestehe bereits, heißt es dort, „von zwei 39- und 41-jährigen, sehr erfolgreichen Restaurant- und Catering-Betreibern aus der Region“. Namen will Gilbert Lauer aber noch nicht nennen: „Denn die Verwirklichung hängt natürlich davon ab, „ob der neue Besitzer das will.“
Ertragreicher Gastro-Teil als Verkaufsargument
Das Expose verspricht jedenfalls aus dem Restaurant-Betrieb Umsätze von vier bis 4,5 Millionen Euro netto jährlich. Die Jahrespacht soll bei 180.000 Euro. Allerdings rechnen selbst die Verkäufer mit Renovierungskosten von 1,8 Millionen Euro, wobei für den Turm und die Burgmauern Fördermittel aus dem Denkmalschutz und AfA-Abschreibungen zu erwarten seien.
Eine neue, dramatische Wendung in der Geschichte dieses Bauwerks also, die bereits zur Zeit der Staufer beginnt. 1235 fertiggestellt, geht die Burg im 18. Jahrhundert in den Besitz eines regional bedeutsamen Adelsgeschlechtes, der Grafen von Oberndorff, über. Ein später Spross gerät während der Weltwirtschaftskrise 1929 in Finanznot, verscherbelt das Ganze 1932 an seinen Verwalter Jakob Erdmann, dessen Familie dort oben seit der Jahrhundertwende bereits ein Ausflugslokal betreibt. Die Tochter des Hauses, Frieda, ist seit 1920 mit dem Architekten Fritz Lauer verheiratet. Seither steht die Burg daher im Besitz der Familie Lauer.
Frieda und Fritz haben drei Söhne: Karl, Kurt und Heinz. Die drei erben das Anwesen zur Hälfte bzw. zu je einem Viertel. Karl, promovierter Chemiker bei Boehringer, und Kurt, Diplom-Ingenieur bei Giulini, ziehen aus. Und so ist es der Jüngste, Heinz, der auf der Burg die Gastronomie und das damals noch bestehende Hotel mit fünf Gästezimmern übernimmt. Kurz vor seinem Tod 2001 übernimmt sein langjähriger Koch Ludger Evers die Gastronomie und führt sie bis zu seinem Ruhestand 2023 weiter. Die Wohnung von Heinz Lauer wird weiter von seiner Witwe Marcia bewohnt.
Komplizierte Besitzverhältnisse zwingen zum Verkauf
Im März 2023 verkauft Marcia Lauer Anteile an den Heidelberger Bauunternehmer Hans-Peter Lange. Dadurch verschärft sich die seit längerem bestehende Problematik: Es muss dringend investiert werden, doch über die künftige Nutzung bestehen unterschiedliche Ansichten zwischen den Zweigen der Familie, aber auch mit dem neuen Teilhaber aus Heidelberg. Das Expose spricht von einer Eigentümerstruktur, die „für die einvernehmliche Findung von Zukunftsoptionen und Finanzierungsmodellen schwierig ist.“
In einem solchen Fall gibt es nur eine Lösung: den Komplettverkauf. Doch zu welchem Preis? Ungefähre Vorstellungen geben im Web Immobilien-Unternehmen, die Burgen im Angebot haben. Eine aus dem 15. Jahrhundert im Allgäu, deren Standort geheim gehalten wird, wird mit 1.800 qm Wohnfläche auf 17.000 qm Grundstück für 3,7 Millionen Euro angeboten. Burg Veynau in NRW aus dem 14. Jahrhundert mit 1.200 qm Wohnfläche und 15.000 qm Grundstück kostet „nur“ 1,55 Millionen. Der jetzige Kaufpreis von 3,5 Millionen befindet sich also im Rahmen des Üblichen.
Gilbert Lauer träumt von einer „Schriesheimer Lösung“, also dem Kauf durch eine Stiftung, die eine Nutzung im Sinne der Schriesheimer ermöglicht: „Könnten nicht viele Bürger und Freunde der Strahlenburg über kleinere und größere Spenden erreichen, dass die Burg in den Besitz einer Stiftung übergeht?“, räsoniert er: „Ich denke an das Waldschwimmbad, das es ohne die Beteiligung Tausender Bürger schon lange nicht mehr gäbe.“ Erste Gespräche unter Beteiligung von Steuerberater Thomas Rufer als fachlichem Experten und Altbürgermeister Hansjörg Höfer als jemandem mit Verbindungen in die Region haben bereits stattgefunden.
Von der Stadt, die mit Müh‘ und Not noch einen genehmigunsfähigen Haushalt hinkriegt, ist dagegen nicht viel zu erwarten. Doch auch das hat Tradition: Der Gemeinde wird die Burg schon einmal, 1932, angeboten. Damals lehnt sie ab.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die Schriesheimer müssen sich für ihre Burg engagieren