Neckar-Bergstraße. Wie wohnen die Menschen zwischen Neckar und Bergstraße? Eher allein oder gemeinsam mit anderen? Mit wem teilen sie sich einen Haushalt? Und wo gibt es besonders viele Wohngemeinschaften? Hier verspricht der Zensus aus dem Jahr 2022 interessante Erkenntnisse. Denn die Ergebnisse lassen sich auch gut für die Kommunen der Region auswerten.
Der erste Blick auf die Statistik zeigt: In den Neckar-Bergstraße-Kommunen machen Ein-Personen-Haushalte den größten Anteil aus. Dennoch sind sie dort deutlich weniger vertreten als in den großen Städten wie Heidelberg und Mannheim. Ein Beispiel: In Heddesheim liegt der Anteil an Single-Haushalten bei 38,6 Prozent (Heidelberg: 49,9, Mannheim: 51,6).
Der Zensus 2022, also die Volkszählung, beinhaltet eine sehr große Menge an Daten – sie decken viele verschiedene Bereiche ab. In diesem Artikel soll es nicht darum gehen, alles eingehend zu untersuchen, sondern den Blick auf einige interessante Erkenntnisse zu lenken. Um diese einzuordnen, hat sich der „Mannheimer Morgen“ auch bei den Verwaltungen der Region umgehört. Wie erklären sie sich zum Beispiel, dass es bei ihnen einen besonders hohen Anteil an Single-Haushalten gibt? Woran könne es liegen, dass Haushalte, in denen nur Senioren wohnen, in einer Stadt oder Gemeinde besonders gut vertreten sind? Und was bedeutet das alles für die städtebauliche Entwicklung, für wen muss Wohnraum geschaffen werden?
Edingen-Neckarhausen – ideal gelegen zwischen Mannheim und Heidelberg
Im Vergleich mit anderen Kommunen fällt in Edingen-Neckarhausen der hohe Anteil an Single-Haushalten auf. Die Gemeinde erklärt das mit der zentralen Lage zwischen den großen Städten Heidelberg und Mannheim. „Viele Menschen, die dort arbeiten oder studieren, entscheiden sich bewusst für Edingen-Neckarhausen als Wohnort – etwa aufgrund der guten Verkehrsanbindung, des ruhigeren Wohnumfelds sowie attraktiverer Miet- und Kaufpreise im Vergleich zur Innenstadtlage“, teilt eine Sprecherin mit.
Die Gemeindeverwaltung sieht vor allem bei jungen Familien „einen erhöhten Bedarf“ an Wohnraum mit mehreren Zimmern, der bezahlbar ist. Bei älteren Menschen stehe besonders die Barrierefreiheit im Fokus. „Ziel der Gemeinde ist es daher, Wohnformen zu fördern, die den unterschiedlichen Lebensphasen und Bedürfnissen gerecht werden“, schreibt die Verwaltung. Das soll zum Beispiel durch gemischte Wohnformen erreicht werden.
Heddesheim – hier tut sich viel beim sozialen Wohnen
Auch in Heddesheim will man das generationenübergreifende Wohnen „im Rahmen unserer Möglichkeiten“ unterstützen, wie Bürgermeister Achim Weitz sagt. Was die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt angeht, tut sich in Heddesheim derzeit einiges. Vor Kurzem wurde ein Wohnobjekt mit 70 mietpreisgebundenen Wohnungen fertiggestellt. „Darüber hinaus hält die Gemeinde im Neubaugebiet ,Mitten im Feld II‘ noch ein großes Grundstück vor, welches für das Thema ,Seniorenwohnen‘ vorgesehen ist“, erklärt Weitz.
Außerdem gibt es in Heddesheim das Programm „Mietpartner HeddesHeim“. Damit will die Gemeinde die Eigentümer von leerstehenden Immobilien mittels Anreizen dazu bringen, zu vermieten. „Tatsächlich würden wir uns hier aber mehr Bereitschaft der Eigentümer und Vermieter wünschen, mit Unterstützung und Begleitung der Gemeinde Wohnraum wieder in die Vermietung zu bringen“, erklärt der Rathauschef. Er zeigt sich dennoch zufrieden, es gebe mittlerweile „erste Erfolge“.
Hirschberg – sinkende Kinderzahlen stimmen nachdenklich
In Hirschberg liegt der Anteil an Haushalten, in denen nur Senioren wohnen, am zweithöchsten (nur in Ladenburg sind es mehr). Dies kann auch mit dem Angebot an Wohneinrichtungen für ältere Menschen zusammenhängen. Beim Anteil der Wohnform „Paar mit Kind(ern)“ liegt Hirschberg im Mittelfeld. Dennoch sind die sinkenden Kinderzahlen im Ort immer wieder ein wichtiges Thema, Betreuungseinrichtungen haben bereits Gruppen geschlossen. Ob ein Neubaugebiet die Lösung sein könnte? „Bis ein neues Baugebiet bezugsfertig wäre und für eine mögliche Umkehr der Kinderzahlen sorgen könnte, dürften aber noch einige Jahre vergehen“, teilt Hauptamtsleiter Frank Besendorfer dazu mit. Das Neubaugebiet Rennäcker, bei dem der Gemeinderat kürzlich über Entwürfe beraten hat, ist im Ort nicht unumstritten.
Ilvesheim – viele Wohnbauprojekte vor der Brust
Ilvesheim hat im Vergleich zu anderen Kommunen im Umland den kleinsten Anteil an Single-Haushalten, gleichzeitig den höchsten bei der Wohnform „Paare mit Kindern“. Für Bürgermeister Thorsten Walther zeigt das die Attraktivität der Gemeinde für Familien. Ausruhen will er sich darauf aber nicht, das zeige der stetige Rückgang der Kinderzahlen in den Kindergärten und der Grundschule.
Die Verwaltung hat mit der Sichelkrümme, der Kanzelbachstraße und dem Areal am bisherigen Hallenbad gleich mehrere städtebauliche Projekte vor der Brust. „Im Fokus stehen gleichermaßen die Zielgruppen junge Erwachsene, Familien sowie die Generation 50plus und Seniorinnen und Senioren“, betont Walther. Am weitesten fortgeschritten sind die Bemühungen an der Sichelkrümme, hier soll bald der Investor ausgewählt werden.
Ladenburg – hier leben trotz Neubaugebieten weiter viele Senioren
In der Kategorie „Haushalte mit ausschließlich Senioren“ liegt Ladenburg im Vergleich mit den anderen Städten und Gemeinden vorne. Laut Verwaltung gibt es dafür mehrere Gründe. Einer davon: Längere Zeit gab es in der Römerstadt kein größeres Neubaugebiet, so sei „kein neuer Wohnraum für junge Familien“ entstanden. Ein anderer Grund liegt nach Angaben der Stadtsprecherin Nicole Hoffmann in einer historisch gewachsenen Struktur. „Auch wohnen in Ladenburg viele ältere Menschen noch in ihren selbstgenutzten Immobilien und bleiben länger am Ort“, sagt Hoffmann.
Beim Wohnraum für junge Familien hat Ladenburg in den vergangenen Jahren aber massiv aufgeholt. Das zeigt einerseits die Entwicklung mehrerer großer Neubaugebiete seit 2016, andererseits aber auch der groß angelegte Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen (200 neue Plätze in Krippen und Kindergärten, Schaffung fünf neuer Einrichtungen). Wie die Stadt in einer Vorlage zur anstehenden Gemeinderatssitzung am Mittwoch mitteilt, zieht sie eine positive Bilanz ihrer Bemühungen in diesem Bereich. Auch Bürgermeister Stefan Schmutz betonte das im jüngsten Interview mit dem „MM“.
Schriesheim – Nähe zur Studentenstadt Heidelberg macht sich bemerkbar
Mehrpersonenhaushalte „ohne Kernfamilie“ sind zum Beispiel Wohngemeinschaften. Deren Anteil ist zwischen Neckar und Bergstraße eher niedrig, wenn man den Vergleich mit Großstädten zieht. In Schriesheim ist er aber noch mit am höchsten. Die Verwaltung führt dies auf die Nähe zur Universitätsstadt Heidelberg zurück. Dort studieren Menschen, in Schriesheim wohnen sie – wegen der niedrigen Kosten eben in einer Wohngemeinschaft. Für diesen Erklärungsansatz gibt es laut Stadt mehrere Hinweise. Einer davon: die Nextbike-Leihrad-Station am Bahnhof. „Diese wurde auf Initiative des Studierendenwerks Heidelberg errichtet“, erklärt Stadtsprecherin Vanessa Schwierz.
Die Schaffung von Wohnraum treibt auch den Schriesheimer Bürgermeister Christoph Oeldorf um. Dabei gehe es nicht nur um die Größe der Wohnung, sondern auch darum, dass die Menschen zufrieden mit ihrem Zuhause seien. Ähnlich wie in Heddesheim gibt es ein Programm, das für Vermieter Anreize gegen Leerstand schaffen soll, bereits mit ersten Erfolgen. Der Rathauschef sieht bei vielen Personengruppen Bedarf an Wohnraum, vor allem beim altersgerechten Wohnen diagnostiziert er „eine klare Lücke“.
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