Kommunalpolitik

Mannheimer Polizeisprecher wird Stadtrat in Schriesheim

Von 
Konstantin Groß
Lesedauer: 
Wachwechsel im Gemeinderat: Bürgermeister Christoph Oeldorf (v. l.) verabschiedet Hans Beckenbach und verpflichtet Stefan Wilhelm. © Marcus Schwetasch

Schriesheim. Am Vortag ist er in seiner beruflichen Tätigkeit noch Gesprächspartner dieser Redaktion in Sachen Todesfall in Eberbach. Am Mittwochabend hat er ein erfreulicheres Thema: Stefan Wilhelm, einer der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mannheim, wird als Mitglied des Gemeinderates der Stadt Schriesheim verpflichtet. Und erlebt in der ersten Sitzung gleich die ganze Breite der Kommunalpolitik.

Frei wird der Sitz, weil Hans Beckenbach nach elf Jahren aus dem Gremium ausscheidet. Der 64-jährige Inhaber einer Sanitärfachfirma im Stadtteil Altenbach ist einer jener bodenständigen Handwerker, wie sie charakteristisch sind für die Freien Wähler: Nah dran an den Menschen, selbst Hand anlegend, aber ohne große Reden.

Neuer Stadtrat in Schriesheim: Routiniert aufgrund täglichem Umgang mit Medien

Ein Erfolgsrezept, das ihn 2004 in die Bürgervertretung von Altenbach, den Ortschaftsrat, und 2014 in den Gemeinderat bringt. Hier wirkt er in jenen Bereichen, in denen er sich auskennt: Im Ausschuss für Umwelt und Technik sowie im Verwaltungsrat der kommunalen Wasserversorgungsgesellschaft WVE.

Doch letzten April erleidet er einen Herzinfarkt, der ihn mit Klinik und Reha-Aufenthalt viele Wochen aus der Bahn wift. „Ein Warnschuss“, wie er erkennt. Weniger Stress ist geboten. Seine Mandate in Ortschafts- und Gemeinderat gibt er auf.

„Die Gesundheit ist das höchste Gut und steht auch über dem Ehrenamt“, weiß Fraktionschef Bernd Hegmann, wenngleich er das dienstälteste Mitglied seiner Fraktion ungern gehen lässt. Als „verlässlichen Partner“ würdigt ihn Bürgermeister Christoph Oeldorf, als „engagierten Vertreter des Stadtteils Altenbach“, immer auf Ausgleich bedacht: „Es ging ihm nie um sein eigenes Profil.“

Vom Bürgermeister erhält er einen der unschönen, aber nützlichen Weinkühler. In seinen Abschiedsworten dankt Beckenbach allen, mit denen er gearbeitet hat, und wünscht seinem Nachfolger „ein glückliches Händchen bei seinem Abstimmungsverhalten.“

Wer genau ist der neue Schriesheimer Stadtrat?

Dann verlässt er seinen Platz, den Stefan Wilhelm nun einnimmt: In der ersten Reihe seiner Fraktion, direkt an der Verwaltungsbank. Routiniert, wie es sich für einen im Umgang mit Medien versierten Beamten gehört, spricht er das Gelöbnis.

Wer ist der Neue, den viele in der Region auch aus dem Fernsehen aus einem anderen Zusammenhang kennen? Wilhelm ist verheiratet und hat zwei Kinder. Mit seiner Familie lebt er in Altenbach, ist dort vielfältig engagiert. Sei es beim örtlichen Brauchtum als Kerwepfarrer oder als Vorsitzender des traditionsreichen Männergesangvereins von 1863.

Zudem engagiert er sich kommunalpolitisch bei den Freien Wählern, erreicht 2024 bei der Wahl zum Ortschaftsrat das beste Ergebnis. Als „Stimmenkönig“ ist er in den Augen vieler der ideale Kandidat für das Amt des Ortsvorstehers, wird daher auch von anderen Parteien zur Kandidatur ermuntert, unterliegt dann aber, wenn auch nur knapp, seinem Fraktionskollegen Carsten Junghans.

Mehr zum Thema

Soziales

Steigende Gebühren für Notunterkünfte in Ladenburg: Belastung oder Notwendigkeit?

Veröffentlicht
Von
Peter Jaschke
Mehr erfahren
rnv

Heidelberger Herbst: rnv kündigt Zusatzfahrten und Umleitungen an

Veröffentlicht
Von
Tom Kauffmann
Mehr erfahren
Veranstaltung

„SeeWandel“ in Heddesheim feiert Premiere

Veröffentlicht
Von
Hans-Jürgen Emmerich
Mehr erfahren

Wer weiß, wofür es gut war, denn nun ist er Stadtrat. „Ich freue mich extrem auf die gemeinsame Arbeit“, bekennt er. Mitarbeiten will er daran, „Schriesheim zukunftsfähig zu gestalten“. Für die Arbeit im Rat lautet sein Versprechen an die anderen, aber auch sein Wunsch an diese: ein „netter, respektvoller Umgang.“

Und in der ersten Sitzung erlebt er, was ihm bevorsteht. Gleich in der Fragerunde geht es zur Sache. Eine Bürgerin kritisiert, dass es bei der aktuellen Sperrung der Talstraße keine Ersatzstrecke für Fahrradfahrer gibt; jene für die Autos, nämlich durch den Tunnel, ist ihnen ja verwehrt: „Sollen wir laufen?“, fragt sie pointiert. Leider ja - so lässt sich die Antwort des Bürgermeisters und von Bauamtsleiter Markus Dorn zusammenfassen: Vom Fahrrad absteigen und es an der Baustelle vorbeischieben.

Neuer Schriesheimer Stadtrat bemerkt sofort, um was es bei den Sitzungen oft geht

Mit Verkehr geht es weiter. Eine Anwohnerin der Max-Planck-Straße, die mit vielen anderen aus dem Quartier vor Ort ist, schildert die aus ihrer Sicht „kriminelle“ Belastung ihrer Straße und wiederholt ihre Forderungen vom Vororttermin eine Woche zuvor (wir berichteten). Um Lösungen zu finden, shlägt sie einen Arbeitskreis vor mit denen, „die dort wohnen und die sich auskennen.“

Oeldorf lehnt einen formellen Arbeitskreis ab: „Ein Gesprächsangebot nehme ich aber gerne an“, sagt er. Allerdings seien die Möglichkeiten der Stadt begrenzt. „Die Ergebnisse der Geschwindigkeitskontrollen würden die geforderten Maßnahmen nicht hergeben“, heißt es von Seiten der Verwaltungsbank.

Beim ehemaligen OEG-Gelände beschließt der Rat eine formale Beendigung des Sanierungsgebietes nach 14 Jahren. In die positive Bilanz mischt sich Kritik von Grünen-Fraktionschef Christian Wolf, dass vor dem Start des Programms der Rat nicht über Ausgleichszahlungen informiert wurde, die Bürger in diesem Gebiet im Nachhinein zu zahlen haben. „Mit dem heutigen Wissen hätten wir das damals nicht gemacht“, erklärt auch CDU-Fraktionschef Michael Mittelstädt. „Heute würden wir so nicht mehr zustimmen“, assistiert dessen Amtskollege Bernd Hegmann von den Freien Wählern.

Daraus hat der Rat gelernt für das neue Sanierungsgebiet Talstraße, dem er nun einmütig zustimmt: Denn, so erinnert SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny zu Recht: „Solche Sanierungsgebiete sind grundsätzlich eine gute Sache für Schriesheim.“

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke