Schriesheim

Altenbach wehrt sich: Wir wollen nicht Schriesheim-Ost sein

Unmut im Schriesheimer Stadtteil Altenbach: Auf den Ortseingangsschildern der Weinstadt wird der Ortsteil als "Schriesheim-Ost" bezeichnet. Das empört Bürger und Politiker.

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Konstantin Groß
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Der Stein beziehungsweise das Schild des Anstoßes: Vor dem Branich-Tunnel gibt es zwar einen Verweis auf Wilhelmsfeld, aber nicht auf Altenbach. © Konstantin Groß

„Was wollen Sie denn jetzt damit?“, fragt die Dame von der Pressestelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe hörbar verdutzt: „Die Sache ist doch seit Jahren erledigt.“ Für die Menschen in Altenbach aber offensichtlich nicht: Beim jüngsten Festakt zum 50. Jahrestag der Eingemeindung nach Schriesheim kam der Unmut wieder hoch. Darüber, dass der Stadtteil auf den Ortseingangsschildern in Schriesheim nicht als Altenbach erwähnt wird, sondern als „Schriesheim-Ost“ firmiert.

„Na gut, ich suche Ihnen die Sachen raus“, erklärt sich die Frau aus der Pressestelle dann doch zu einer Stellungnahme bereit. Und dabei stößt sie sicher auf eine Geschichte, die mittlerweile eine sehr lange ist.

Bei der Beschilderung nach Eröffnung des Branich-Tunnels im Juni 2016 wurden die meisten Hinweise auf Altenbach getilgt. Sowohl am südlichen Ortseingang von Dossenheim aus als auch am nördlichen von Hirschberg aus wird seither zwar auf „Schriesheim-Ost“, Wilhelmsfeld oder gar Schönau verwiesen, nicht jedoch auf Altenbach. Gleiches gilt für die B 3 und die Autobahn, wo sogar zusätzlich Weinheim und Heidelberg erwähnt sind, nicht aber der Stadtteil Altenbach.

In dem bis 1971 selbstständigen Ort sorgte dies für Entrüstung. Zwei Jahre lang tobte eine umfangreiche Korrespondenz aus Protestschreiben der Altenbacher und Ablehnung durch die Behörden. „Die Ziel- und Namensgebung erfolgt ausschließlich nach verkehrlichen Erfordernissen“, argumentierte etwa das Straßenverkehrsamt des Rhein-Neckar-Kreises 2017; Ausschilderung „dient nicht der Werbung“. Laut Straßenverkehrsordnung seien mehr als vier Zeilen auf einem Schild (also Erwähnung von vier Orten) nicht möglich. „Bei der Zielauswahl sind möglichst nur solche Ortsnamen zu berücksichtigen, die für die Orientierung als Leitziele Sammelfunktion besitzen.“

Karlsruhe stützt Landratsamt

Die nach dieser Ablehnung durch den Kreis konsultierte Regierungspräsidentin Nicolette Kressl (SPD) stellte sich ebenfalls voll hinter ihre nachgeordnete Behörde. Die gefundene Lösung sei die richtige, um eine „leichtere Lesbarkeit“ und eine bessere „Begreifbarkeit des Weges“ zu gewährleisten, schrieb sie 2018.

Schon damals schlug das Thema auch politisch Wellen: Unterstützung erhielten die Altenbacher von den Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck (SPD) und Uli Sckerl (Grüne). Im Mai 2018 appellierte der inzwischen verstorbene Sckerl an die zuständigen Behörden: „Da kann man mal Fünfe gerade sein lassen und von der strengen Auslegung von Vorschriften absehen“, mahnte er: „Das versteht doch kein Mensch, wenn sich zwei Behörden gegenüber einem Bürgeranliegen derart taub stellen.“ Der Name „Schriesheim-Ost“ sei „ein Retortenprodukt“.

Doch gegen das Beharrungsvermögen von Verwaltung blieb selbst ein so einflussreicher Politiker wie Uli Sckerl machtlos. Seither hörte man nicht mehr viel von der Sache. Abgefunden hatten sich die Altenbacher damit aber keineswegs.

Das zeigte sich beim Festakt zur 50. Wiederkehr der Eingemeindung nach Schriesheim am 8. Juli. Während Bürgermeister Christoph Oeldorf das erreichte Stadium der Integration rühmte, legte eine Rednerin den Finger in die Wunde: Renate Schmitt, als Zeitzeugin der ersten Jahre interviewt, stimmte dem Rathaus-Chef zwar grundsätzlich zu. Doch nach ihren Wünschen für die Zukunft befragt, antwortete sie: „Dass wieder ,Altenbach’ auf den Schildern steht. Denn ,Schriesheim-Ost’ ist für mich der Branich.“ Damit war das Thema wieder auf der Tagesordnung der Kommunalpolitik.

„Die Bürgerinnen und Bürger beschweren sich zu Recht“, sagt die Grünen-Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer: „Zusammengehörigkeit muss auch sichtbar sein. Für die Identität einer Stadtgesellschaft ist das sehr wichtig.“ „Altenbach und Ursenbach gehören als Schriesheimer Ortsteile auf die Hinweisschilder“, meint auch ihr SPD-Kollege Sebastian Cuny: „So wird dies bei Stadtteilen von Städten wie Heidelberg oder Mannheim richtigerweise auch gehandhabt.“

Behörden mauern weiter

„Die Zuständigkeit liegt beim Landratsamt“, bescheidet das Regierungspräsidium kurz und knapp. Und dieses bleibt hart: „Mehr als vier Zielangaben in einer Fahrtrichtung sind nicht zu verwenden“, heißt es in einer Stellungnahme von dessen Straßenverkehrsamt: „Alle Gemeinden entlang der L 536 nach dem Branich-Tunnel in die Wegweisung aufzunehmen, ist unter Einhaltung dieser Vorgaben nicht möglich.“

„Trotzdem wird Herr Bürgermeister Oeldorf nochmals mit der zuständigen Behörde ins Gespräch gehen“, teilt die Stadt Schriesheim mit. Tuncer will dies unterstützen – ebenso wie Cuny: „Die Äußerungen anlässlich der Eingemeindungsfeier nehme ich zum Anlass, nochmals beim baden-württembergischen Verkehrsminister nachzufragen.“

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