Max-Joseph-Straße

Wie eine traditionsreiche Party in der Neckarstadt Zeichen gegen Hass und Gewalt setzt

Das beliebte jährliche Fest in der Max-Joseph-Straße im Mannheimer Stadtteil Neckarstadt enststand vor 30 Jahren nach fremdenfeindlichen Ausschreitungen als Zeichen gegen Hass und Gewalt

Von 
Johannes Paesler
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Dicht an dicht besetzte Tische wie in den Vor-Corona-Zeiten: In der Max-Joseph-Straße wurde gefeiert – für Vielfalt statt Einfalt. © Johannes Paesler

Mannheim. Die Atmosphäre auf den gut 100 Metern Max-Joseph-Straße von der Wendeschleife bis zur Pozzistraße könnte dichter nicht sein. Zwar tritt man sich gegenseitig auf die Füße, stößt hier an und muss dort sich durch einen dichten Pulk von Menschen drücken, die in lebhaftes Gespräch vertieft sind. Dennoch halten sich Dichte und Leichtigkeit die Waage.

Die Stadtteilinitiative gegen Fremdenfeindlichkeit, die sich oft einfach "Ini" nennt, hat mit der 28. Ausgabe des Max-Joseph-Straßenfests wieder ganze Arbeit geleistet. Anlass des Straßenfestes waren die Ausschreitungen 1992 im Stadtteil Schönau gegen ein Flüchtlingsheim. Der damalige Ausbruch von Gewalt beschäftigt bis heute die Stadtgesellschaft Mannheims.

Spiegel der Vielfalt

Ein Spiegel der Vielfalt sind die vielen Stände von Vereinen und Gruppen, die sich das verträgliche soziale Leben in der Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben haben. Auch hier äußert sich Vielfalt. Informationen gibt es von Attac, Fridays for Future und Pro Asyl, von Ewwe longt’s, DoppelPass Waldhof Mannheim und Bermudafunk, von Friedensbündnis, 13ha Freiheit und Netzwerk solidarische Landwirtschaft. Womit noch längst nicht alle aufgezählt sind. „An unserem Anliegen und der Notwendigkeit dafür hat sich in drei Jahrzehnten nichts geändert“, sagt Bernd Göttel vom Leitungsteam der "Ini". Die Infostände sind ein wesentlicher Teil des Straßenfestes.

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Auf der Bühne treten Musiker der Region auf, die sich mit dem Anliegen verbunden wissen: Daniel Sich, Timeline, Dezernat X, Titanic Swim Team und Überraschungsgäste wie der „Chor für Menschen, die nicht singen können“ vom „Alter“ auf der anderen Seite des Alten Messplatzes.

Der „Alter“ hat dem Fest auch seine Musikanlage ausgeliehen. Hier beteiligt man sich ehrenamtlich oder auf Spendenbasis, denn der Erlös des Festes geht auch dieses Jahr wieder an Gruppen und Maßnahmen, die das friedliche Zusammenleben von Mannheimerinnen und Mannheimern verbessern, gleich welcher Herkunft sie sind.

Begegnung von Menschen

Bei der Begegnung von Menschen ist Vielfalt von vornherein gegeben. Darum wird in der heutigen Pädagogik schon früh auf soziale Fähigkeiten geachtet. Soll unser Zusammenleben gelingen, müssen wir auch mit denen auskommen, die anders sind als wir. Hier geht es nicht um Geschmacksfragen, sondern ums Leben selbst. Um die Würde des anderen, um gegenseitigen Respekt. Um das, was aus unserem Mund herauskommt, im wörtlichen wie übertragenen Sinne. Wie wir sprechen und was unsere Mimik sagt bei der Begegnung mit einem Menschen, der anders ist als wir, zeigt, ob wir miteinander können.

Gesotten, gebraten und so weiter: Bei einem Fest gehören Essen und Trinken zu den wichtigsten Komponenten. Dafür ist ausreichend gesorgt, dennoch sind die Schlangen an den rund acht Ständen für Speis und Trank recht lang. Die zahlreichen Tische sind über Stunden hinweg voll besetzt, allein sitzend sind hier mehrere Hundert Besucher zu zählen, bei den Stehenden und Flanierenden ein Mehrfaches.

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Auch die vielen Kinder sorgen für Leichtigkeit. Eltern schieben sich mit Babytrage durch die Menge, etwas größere Sprösslinge rollen im Buggy mit, die noch größeren sausen spielend zwischen Tischen und Bänken umher, während Papa und Mama mit Freunden und Bekannten Essen, Trinken und das gute Wetter genießen. Das Fest ist auch nach drei Jahrzehnten eine ewige Wiederkehr des Leichten und feiert dabei, was sich im Motto ausdrückt: Vielfalt statt Einfalt. Darin äußert sich der Protest, aus dem heraus das Fest 1993 entstand: Fremde in unserer Mitte sollen nicht ausgegrenzt werden, sondern sind willkommen.

Geselliges Zusammensein

Vor 30 Jahren zum ersten Mal gefeiert, wäre das diesjährige Max-Joseph-Straßenfest das 31. gewesen. Wegen drei Jahren Ausfall durch Corona war es erst das 28. Fest. Locker knüpfte es an Stimmung und Erfolg der vielen Jahre vor der Pandemie an. Das Eintreten für menschliche Vielfalt und Verträglichkeit hat erneut seinen passenden Ausdruck in einem geselligen Zusammensein auf der Straße gefunden. Unerträglich ist es, wenn Menschen feindlich gegen andere auftreten. Leichtigkeit des Seins entsteht da, wo Fremde miteinander das Leben feiern.

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