Je länger das Gespräch dauert, desto mehr merkt man Gerald Peischl und Bernd Göttel doch auch die wachsende Vorfreude an. Klar: Eigentlich ist das Fest in der Max-Joseph-Straße ja schon eine Institution, bei der man geneigt ist, zu denken, die Organisation müsste doch eigentlich Routine sein. Schließlich begeht das Fest in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Dennoch ist die diesjährige Auflage – die 28. – eine, die sich von den bisherigen unterscheidet. Das liegt zum einen daran, dass die Organisation für die Gruppe von Ehrenamtlichen auch mit noch so viel Erfahrung schon aufgrund des Zeitaufwands natürlich nie zur Routine werden kann, weshalb jede Auflage für sich genommen einmalig ist.
Zum anderen aber kehrt das Fest in der von großen, dicken Bäumen geprägten Allee in der Neckarstadt-Ost aus der dreijährigen Corona-Zwangspause zurück. Dass sich die Ehrenamtlichen nach der langen Pause wiedergefunden hätten und nach eigener Aussage recht bald übereingekommen seien, wieder ein Fest zu organisieren, „das macht 2023 schon zu etwas Besonderem“, sagt Göttel, der wie Peischl bereits seit der ersten Auflage 1993 Teil des Organisationsteams ist.
Wenn an diesem Samstag zwischen 14 und 22 Uhr in der Max-Joseph-Straße wieder gelacht, getanzt, und ja: wahrscheinlich auch das eine oder andere Bier getrunken wird, wollen die Organisatoren aber vor allem auch daran erinnern, wofür das Fest eigentlich gedacht ist. Als Reaktion auf die Ausschreitungen vor einer Unterkunft für Asylbewerber in der Lilienthalstraße auf der Schönau 1992 hatten die damaligen Organisatoren ein Jahr später das Fest initiiert, um zu signalisieren, dass die Neckarstadt „ausländerfeindlicher Stimmung“ keinen Raum biete, erklärt Peischl. „Wir haben ein anderes Mannheim zeigen wollen. Eines, das eine Willkommenskultur ausstrahlt.“ Von der Max-Joseph-Straße sollte 1993 „Vielfalt statt Einfalt“ ausgehen.
„Zeichen gegen Ausgrenzung“
Ein Credo, das bis heute gilt. Denn aus dem Plan, das Fest nur einmal auszurichten, ist eine Tradition geworden. „Der Anlass für das Fest ist leider immer noch der gleiche“, sagt Göttel, der daran am Samstag, wie jedes Jahr, mehrfach von der Bühne aus aufmerksam machen will. „Wir setzen mit dem Fest immer noch ein Zeichen gegen Ausgrenzung und gegen fremdenfeindliche Umtriebe.“
An Ständen informieren Initiativen über ihre Arbeit für die Werte des Max-Joseph-Straßenfests. „Wir wollen, dass das Informationsangebot überwiegt, nicht das Konsumangebot.“ Die Initiativen, das ist Peischl und Göttel gerade in diesem Jahr wichtig, sollen dabei parteiunabhängig sein. Einen Wahlkampf in festlicher Atmosphäre soll es nicht geben. „Wir schicken natürlich keinen Kandidaten oder keine Kandidatin weg, wollen aber für niemanden Partei ergreifen“, erklären sie. Die Einnahmen sollen traditionell Projekten für Kinder, Geflüchteten und Integration zugutekommen.
Aber natürlich ist das Fest in der Max-Joseph-Straße eben auch ein Straßenfest. Eines, bei dem auch getrunken wie gegessen wird und bei dem das Beisammensein genossen werden soll. Und eines, bei dem sich Initiativen präsentieren wie der Kinderzirkus Aladin vom Johan-Peter-Hebel-Heim oder der Kinderzirkus Trolori. Auch das Jugendhaus Erlenhof, das Aktionsbündnis gegen Rechts oder der Treffpunkt Neckarstadt-Ost sind wieder Teil des Programms, zu dem auch eine Tombola und natürlich Musik gehören.
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