Bezirksbeirat

"Trinkerszene" Neckarstadt-West: Das leisten die Streetworker

Die "Trinkerszene" in der Mannheimer Neckarstadt-West wird seit 2019 durch ein Streetwork-Projekt betreut. Die Zwischenbilanz im Bezirksbeirat zeigt: Die Mitarbeitenden haben einiges erreicht - doch sie kommen an ihre Grenzen

Von 
Sylvia Osthues
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Der Neumarkt in der Neckarstadt mit Sitzbereich. © Michael Ruffler

Mehrfach gab es bei Bezirksbeiratssitzungen in der Neckarstadt-West Beschwerden über die „Trinkerszene“ am Neumarkt. Bemängelt wurde zudem, dass Streetwork mit nur einer halben Stelle viel zu wenig ist. Bei der von Bürgermeister Dirk Grunert (Grüne) jüngst geleiteten Bezirksbeiratssitzung berichteten Caritas-Mitarbeiter über die „Streetwork der Suchtberatung am Neumarkt“.

Zur sogenannten Trinkerszene halten die Streetworker Kontakt, um den Menschen Hilfsangebote zu vermitteln. © Sylvia Osthues

Seit 2019 gibt es das Streetwork-Projekt mit 0,5 Personalstellen – aufgeteilt auf zwei Mitarbeitende, Verena Schmidt und Felix Burgdörfer. Ihre Aufgabe beziehungsweise ihr Auftrag ist, Kontakt zur sogenannten Trinkerszene zu pflegen, den Unterstützungsbedarf zu ermitteln, die Betroffenen entsprechend zu unterstützen, ihnen gegebenenfalls (weiterführende) Hilfsangebote zu vermitteln oder sie dorthin zu begleiten. Außerdem geht es um die Thematisierung der Suchtproblematik sowie Motivierung zur Annahme von Suchthilfeangeboten. Zu den Aufgaben zählt ferner die Sensibilisierung in Bezug auf die Außenwirkung der „Trinkerszene“ sowie Vermittlung bei Konflikten mit Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Stadtteilakteuren.

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Seit 2018 bis September 2023 haben Verena Schmidt und Felix Burgdörfer 88 Personen am Neumarkt betreut. Dabei handelte es sich überwiegend um Bewohner der Neckarstadt. 16 Personen haben sie (teils mehrfach) in Entgiftung und sieben in stationäre Langzeittherapie vermittelt. Acht Personen haben wieder eine Wohnung oder Unterkunft gefunden.

Die Streetworker berichteten: Es gibt einen regelmäßigen Austausch mit Christoph Matthiesen vom Fachbereich 50 und weitere Kontakte im Stadtteil, unter anderem mit KOD (Kommunaler Ordnungsdienst) und BOD (Besonderer Ordnungsdienst), mit der Neckarstadtwache, Neckarschule, Marie-Curie-Schule und dem Schülerladen Sterntaler, mit Bewohnern, Malteser Migrantenmedizin, Lutherkirche, Kulturkiosk und dem urbanen Garten Neumarkt. Die beiden Streetworker suchen nach der Möglichkeit einer Sprechstunde vor Ort, der Einrichtung fester Anwesenheitszeiten und einer Erhöhung der Sichtbarkeit (beispielsweise durch Rucksack-Beflockung).

Eine Ausweitung der Streetwork auf andere Plätze der Neckarstadt-West sei hingegen mit den momentanen Kapazitäten nicht zu leisten, so die Streetworker.

Bezirksbeirätin Christiane Sobel (SPD) war „erstaunt, wie viel mit 0,5 Stelle erreicht wurde“. Doch wünschenswert sei die Ausweitung auf eine Stelle. Roland Schuster (Die Linke) erklärte, eine 0,5-Stelle sei zu wenig. Felix Schmedt (Grüne) berichtete, dass der Neumarkt für Marie-Curie-Schülerinnen- und Schüler wegen der Trinkerszene „immer noch ein Angstraum ist“. Maikel Schwerdtfeger (SPD) bot den Sttreetworkern Unterstützung bei der gewünschten Sichtbarkeit aus dem Stadtbezirksbudget an. Stadtrat Raimund Fojkar (Grüne) war beeindruckt, wie viele Klienten die Streetworker in andere Maßnahmen vermittelt haben. Stadtrat Reinhold Götz (SPD) fand: „Der Ansatz zu helfen ist richtig.“ Durch Vertreibung werde das Problem nur an andere Orte verlagert, habe beispielsweise verstärkt zugenommen auf der südlichen Hälfte des Alten Meßplatzes.

„Bedarf der Kinder sehen“

Danach hatten die Bürger das Wort. Claudia Arnold, Leiterin des Schülerladens Sterntaler, berichtete, dass bei den Kindern das Thema Angst immer noch präsent sei. Sie gingen teilweise andere Wege, um Begegnungen mit alkoholisierten Personen zu vermeiden, obwohl Aggression und Gewalt diesen Sommer nicht so stark gewesen seien. „Wir wollen nicht, dass die Menschen vertrieben werden, sondern auch der Bedarf der Kinder gesehen wird.“

Freie Autorin

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