Oststadt. Reparieren statt Wegwerfen: Großer Andrang herrschte beim ersten Repair Café nach den Sommerferien im Gemeindesaal der Christuskirche. 30 verschiedene defekte Geräte wurden vorbeigebracht. Auch das begleitende Angebot für die wartenden Gäste stieß auf große Resonanz.
Zahlreiche Besucherinnen und Besucher nutzen die Möglichkeit, ihre defekten Geräte gemeinsam mit den Expertinnen und Experten des Repair Cafés wieder zum Leben zu erwecken. Organisiert wird die Verteilung von Initiator Fabian Müller, der sich seit vielen Jahren ehrenamtlich für das Repair Café engagiert. Bei der Registrierung am Eingang lässt er sich von den Besucherinnen und Besuchern sagen, welches Problem sie mit dem mitgebrachten Gerät haben, und schickt sie dann zu den jeweiligen Experten.
Müller berichtet: „Seit neun Jahren veranstalten wir etwa alle acht Wochen unser Repair Café. Im Schnitt sind pro Termin zwölf ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, vom Auszubildenden bis zum Rentner, im Einsatz. Die Besucherinnen und Besucher erhalten fachkundige Unterstützung bei der Reparatur und legen selbst mit Hand an. Pro Termin werden circa 40 Gegenstände zur Reparatur mitgebracht, die Erfolgsquote liegt bei rund 50 Prozent.“
Spielzeugboot aus Feudenheim in Mannheimer Christuskirche repariert
Hoch konzentriert blickt Ralf Sensbach in das Innenleben eines ferngesteuerten Spielzeugbootes. „Der Kontakt zur Batterie ist abgebrochen, es fehlt ein Stück dazwischen. Wir probieren, ob man das gemeinsam machen kann, wir gucken, ob wir die Bruchstelle verbinden können“ fordert er den Herrn gegenüber am Tisch auf. Besitzer des gut 25 Jahre alten Spielzeugs ist Axel Fechner aus Feudenheim. Das Spielzeugboot gehörte seinem Sohn, der heute 33 Jahre alt und längst aus den Kinderschuhen rausgewachsen ist. Nun soll es der Enkel kriegen. „Ich wusste gar nicht mehr, wohin damit“, sagt der Senior. Es gebe auch seines Wissens keinen Betrieb, der so ein altes Spielzeug heute noch repariert. „Das Repair Café ist eine tolle Sache, eine Spende mach’ ich doch gerne“, sagt der Feudenheimer.
Mit Engelsgeduld tüfteln und schrauben die Technik-Experten des Repair Cafés im Gemeindesaal der Christuskirche an alten Radios, Kaffeemaschinen, Laminiergeräten und Handys. Deren Besitzer werden von Julia Müller mit Kaffee und Kuchen versorgt, während sie warten.
Repair Cafés sind Treffen oder Veranstaltungen, bei denen die Besucher defekte Gegenstände mitbringen und Reparaturhilfen von ehrenamtlichen Experten erhalten. So wie hier beispielsweise von Ralf Sensbach. Der gelernte Karosseriebauer gehört seit eineinhalb Jahren zum Repair Team der ChristusFriedenGemeinde. Instand gesetzt werden im Repair Café beispielsweise auch Fahrräder, PCs oder Leuchten, um ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität zu setzen.
Seniorin aus der Neckarstadt: „Ich möchte auch was für die Umwelt tun“
Im Veranstaltungsraum drängen sich die Besucher, viele kommen aus der Nachbarschaft, aber beispielsweise auch aus der Neckarstadt, aus Käfertal oder Ketsch. „Das ist für mich auch Neuland“, sagt Ralf Gitzel und deutet auf die Innereien eines Kassettenrekorders, der vor ihm auf dem Tisch liegt. Sie sei schon einmal hier gewesen, erzählt die Dame auf der anderen Seite des Tisches. Damals sei ihr Radio-Wecker mit Erfolg repariert worden. Sie kenne keinen Betrieb, der ihren Kassettenrekorder noch repariert. „Für 100 Euro macht das vielleicht jemand, es ist ein uraltes Gerät“, sagt sie. Gitzel, der promovierter Wirtschaftsinformatiker ist, erklärt, er habe solche Geräte immer mal wieder repariert. „Ich bin kein Elektriker, aber manchmal ist nur irgendwas verklemmt oder es sind mechanische Sachen, die kann man schon lösen. Aber wir haben auch Elektriker hier“, sagt er.
Georg Kettner kümmert sich um den alten Handstaubsauger von Bärbel Popp aus der Neckarstadt-Ost. „Das Kabel ist durchgebrannt“, stellt der gelernte Schreiner fest. Das sei zwar kein Möbel, aber er sei ein Bastler. Und wenn es, wie hier, nur am Kabel liege, könne er das auch reparieren. In einem Betrieb hätte man der Besitzerin gesagt, dass man das nicht reparieren kann, sondern sie sich einen neuen kaufen soll. Bärbel Popp erzählt, sie sei mit dem Handstaubsauger schon das letzte Mal hier beim Repair Café gewesen. Damals habe man ihr gesagt, sie sei zu spät, aber das Gerät könne man reparieren. Deshalb sei sie dieses Mal schon eine Stunde vor Eröffnung des Repair Cafés da gewesen. „Ich könnte mir zwar einen neuen Handstaubsauger kaufen, aber ich möchte auch was für die Umwelt tun“, sagt die Seniorin.
Fabian Müller erklärt: „In Einzelfällen kann es passieren, dass nicht alle Besucherinnen und Besucher zur Reparatur aufgenommen werden können, aber das wird meist direkt bei der Anmeldung geklärt.“ Wie er berichtet, wurden 30 Reparaturen durchgeführt, 14 waren erfolgreich. Bei zehn Reparaturen werden noch Ersatzteile benötigt und sechs Geräte wurden als irreparabel eingestuft.
Wer Lust hat, das Team ehrenamtlich zu unterstützen, und Reparaturkenntnisse mitbringt, ist herzlich eingeladen, sich bei Fabian Müller zu melden: fabian.patrick.mueller@gmail.com, letzter Termin 2025 ist der 15. November im Gemeindesaal der Christuskirche, Eingang an der Seite Tullastraße, Werderplatz 17.
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