Rund 20 Prozent fallen weg

Heftige Proteste gegen Neuordnung des Gehwegparkens in Feudenheim

Das Bild ist überall in Mannheim das Gleiche. Reguliert die Stadt das Gehwegparken, stößt sie auf Widerstand. In Feudenheim ist er nun besonders stark.

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Steffen Mack
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In der Feudenheimer Blücherstraße wird derzeit noch beidseitig auf dem Bürgersteig geparkt. Künftig soll das nur noch auf einer Seite möglich sein. © Steffen Mack

Feudenheim. Alexander Fleck äußert eine kühne Hoffnung. Er sei um 21.30 Uhr verabredet, so der CDU-Stadtrat. Er leitet diese Sitzung des Feudenheimer Bezirksbeirats, weil sowohl Bürgermeister Dirk Grunert als auch die Stellvertreterinnen Gabriele Baier (beide Grüne) und Melanie Seidenglanz (SPD) verhindert sind. Mehr als 100 Menschen sitzen in der Kulturhalle, drei bis vier Mal so viele wie sonst. Dass die Neuordnung des Gehwegparkens erst nach ungefähr eineinhalb Stunden um 20.30 Uhr aufgerufen wird, dürfte die Laune vieler nicht verbessern.

Karol Sgodzaj, Maximilian Schmidt und Annegret Czylik vom städtischen Projektteam stellen vor, was für Feudenheim geplant ist. Zunächst erklären sie die Ausgangssituation. Gehwegparken sei seit mehr als 90 Jahren bundesweit verboten, aber vielerorts geduldet worden. Nach einem höchstrichterlichen Urteil sei im Mai 2020 ein Erlass des baden-württembergischen Verkehrsministeriums an alle Kommunen ergangen, die Tolerierung zu beenden.

20 bis 22 Prozent bisher geduldete Parkplätze fallen in Mannheim-Feudenheim weg

Die Mannheimer Verwaltung bemühe sich indes um eine größtmögliche Legalisierung. Das gehe nur mit speziellen Markierungen. Daher gingen sie Stadtteil für Stadtteil alle betroffenen Straßen durch. In Feudenheim hätten sie zu Fuß rund 30 Kilometer zurückgelegt und ausgemessen, wo sich Parkplätze so einzeichnen ließen, dass eine Fahrbahnbreite von 3,50 Metern und auf Bürgersteigen mindestens 1,50 blieben, bei Schulwegen 1,80 Meter. Noch bleibe alles beim Alten, mit der Umsetzung werde voraussichtlich erst 2030 begonnen.

Da geht ein erleichtertes Raunen durch den Saal. CDU-Stadtrat Jürgen Dörr witzelt später: „Da bleibt noch Zeit, die Garage leerzuräumen.“ Denn das Projekteam hat auffällig viele Carports und Einfahrten gesehen, die für andere Zwecke genützt werden. Sgodzaj betont, beim Parken im öffentlichen Raum müsse jedem klar sein: „Es wird unbequem.“

Gehwegparken in Mannheim-Friedrichsfeld. Dort wird es ebenfalls neu geordnet. © Rittelmann Pressebild

Christiane Säubert, Bezirksbeiratssprecherin der Mannheimer Liste, will wissen, wie viel Prozent der Stellplätze in Feudenheim wegfallen. Antwort: von den bisher auf Gehwegen Geduldeten 20 bis 22 Prozent. Der städtische Durchschnitt liege bislang bei rund 30 Prozent.

Fleck fragt, ob es weitere Wortmeldungen aus dem Bezirksbeirat gibt. Als das nicht der Fall ist, freut er sich halblaut: „Sehr gut!“ Offenbar hat er die Hoffnung auf seine Verabredung um 21.30 Uhr noch nicht aufgeben. Doch enden wird diese Sitzung erst gegen 23 Uhr. Das ist schnell klar, als Fleck mit „Feuer frei“ das Publikum zu Fragen einlädt. Was folgt, sind vorwiegend hitzige Meinungsbeiträge. Mancher, der zum Mikrofon geht, zittert regelrecht vor Aufregung und Wut.

Heftigen Applaus bekommt AfD-Stadtrat Ernst

Nach dem zweiten Redner muss der Sitzungsleiter eingreifen. Ein Mann mittleren Alters hat gebrüllt: „Das ist alles Humbug! Setzen! Sechs!“ Fleck entgegnet: „Sie können nicht Mitarbeiter der Stadtverwaltung beleidigen.“ Die aufgeheizte Stimmung beruhigt das kaum.

Heftig beklatscht wird Rüdiger Ernst. Nicht unbedingt, weil – oder obwohl – der AfD-Stadtrat als solcher erkannt wird. Sein Namensschild kann das Publikum nicht sehen. Vielmehr kommt gut an, was er sagt. Die 1,50 Meter Mindestbreite auf Gehwegen sei recht willkürlich, andere Länder kämen mit weniger aus. Zum Glück werde im März 2026 der Stuttgarter Landtag neu gewählt.

Metzgermeister Trautmann hält flammende Rede

Andere Redner verlangen von der Stadt, sie solle sich über die Vorgabe des Landes hinwegsetzen. Der Einwand des Projektteams, dass das teuer werde, verpufft offensichtlich. In der Debatte wird so manches vermischt: „Abzocke“ durch Blitzer und Bußgelder, Schlaglöcher, zu viele Wohnmobile am Straßenrand. Letzteres erklärt Schmidt damit, die würden rechtlich als normale Autos gelten. Da habe man keine Handhabe.

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Metzgermeister Horst Trautmann hält eine flammende Rede, das Vorgehen der Kommune sei bei der schwierigen Situation des Feudenheimer Einzelhandels „grob fahrlässig“. Kein Wunder, wenn weitere Geschäfte abwanderten. So hat sich Trautmann auf Facebook schon in der Debatte über den Getränkehandel Bruch auf der Hauptstraße geäußert. Dort zeichnete die Stadt im Sommer den Gehweg breit ein und schickte oft den kommunalen Ordnungsdienst vorbei. Seither kann nicht mehr schräg, sondern nur noch parallel zum Laden geparkt werden, was Stellplätze kostet.

Leserinnen klagen über zugeparkte Bürgersteige in Feudenheim

Damals war in Feudenheim wie auch jetzt das gängige Argument, die bisherige Praxis habe keinen gestört. Doch meldete sich beim „MM“ daraufhin eine verärgerte Nachbarin. Schon kurz nach ihrem Einzug vor einigen Jahren sei sie in den Laden gegangen und habe sich beschwert, ihre Kinder würden von auf dem Gehweg parkenden Kunden gefährdet. Jetzt schreibt – ausgerechnet am Tag der Bezirksratssitzung – eine andere Leserin aus der Wallstadter Straße, an einigen Stellen in Feudenheim sei es unmöglich, mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen auf den zugestellten Gehwegen durchzukommen. „Man ist gezwungen, auf die Straße auszuweichen.“

Ebenfalls am Tag der Sitzung kündigt die Deutsche Umwelthilfe rechtliche Schritte gegen Kommunen an, die nicht durchgängig freie Bürgersteige sicherstellen. Als Mindestbreite empfehle die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen 2,50 Meter. Das zu wissen, würde die Wut in der Feudenheimer Kulturhalle kaum dämmen.

Eingezeichnete Stepllplätze in M5 und M6 in der Mannheimer Innenstadt. So können Gehwegparkplätze legalisiert werden. © Steffen Mack

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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