Feudenheim. Im Fall der Feudenheimer „Wunschbaustelle“ gibt es eine überraschende Wendung. Auf Intervention einer betroffenen Immobilieneignerin hat die Stadt Mannheim nun ihre anfänglichen Angaben zum Kanalschaden in der Talstraße korrigiert. Sie bedauert den entstandenen falschen Eindruck.
Ein Sprecher hatte auf Anfragen des „Mannheimer Morgen“ wiederholt erklärt, für das der Stadt im September gemeldete Loch sei der schadhafte Kanalanschluss eines Hausbesitzers verantwortlich. Auf die Aufforderung zur Reparatur habe der Mann bisher nicht reagiert und werde daher angemahnt, hieß es Anfang Januar. Nachdem dann im Februar die Absperrung beseitigt und die Arbeiten offensichtlich abgeschlossen waren, antwortete der Sprecher auf Fragen nach den Kosten und, wer die zu tragen habe: Das sei nun doch allein die Stadt. Bei der Auswertung von Kamerabildern hätten die Kollegen einen weiteren, größeren Schaden an einem öffentlichen Schachtanschluss festgestellt, der sich mit dem privaten quasi überschnitten habe. „Der betroffene Eigentümer hat also Glück gehabt.“ Andernfalls hätte er schätzungsweise 5.000 bis 10.000 Euro für die Reparatur zahlen müssen. Aber weil sich die beiden Schäden nicht trennen ließen, übernehme die Stadt die zwischen 25.000 und 30.000 Euro liegenden Gesamtkosten komplett. So stand es dann auch in der Zeitung.
Beim „Mannheimer Morgen“ meldet sich eine empörte Frau wegen der Baustelle in Feudenheim
Tage später meldete sich beim „MM“ eine empörte Frau. Das betreffende Haus gehöre ihrer Mutter. Die sei schon älter und vor Aufregung ganz außer sich. Sie sehe sich jetzt Anfeindungen ausgesetzt, das Gebäude sei sogar beschädigt worden. Die Tochter, die wie ihre Mutter anonym bleiben will, stellt den Sachverhalt anders dar. Und kann dafür auch Belege vorweisen.
Demnach informierte die Stadt die Hausbesitzerin Mitte November über den Schaden, also erst zwei Monate nach der Meldung, und forderte einen Reparaturnachweis bis 13. Januar. Die Frau veranlasste umgehend eine Untersuchung ihres Kanalanschlusses von der Innenseite aus. Dabei wurde per Kamera lediglich ein eher harmloser Längsriss an ihrer Leitung festgestellt, keinerlei Eintritt von Sand, Gestein oder Ähnlichem. „Deshalb gehen wir davon aus, dass der Schaden des Straßeneinbruchs nichts mit den Mängeln an der Hausanschlussleitung zu tun hat“, schreibt die beauftragte Firma. Das gab die Eigentümerin sogleich an die Stadt weiter.
Mittlerweile kam die Verwaltung zu dem gleichen Ergebnis
Am 17. Januar teilte dann eine Mitarbeiterin der Stadtentwässerung der Frau mit, sie hätten eine weitere Kamerafahrt von der Straße aus veranlasst und seien zum gleichen Ergebnis gekommen. „Allerdings ist Ihr Anschlussrohr versetzt und weist einen Schaden der Klasse 1 auf. Dies sollte schnellstmöglich behoben werden, spätestens jedoch bis zum 10.03.2025.“ Nur dieses Rohr-Versetzen ersparten der Hausbesitzerin nun die von der Stadt bezahlten Arbeiten. Den Längsriss in ihrer Leitung lässt sie jetzt auf eigene Kosten reparieren. Vor allem aus Sorge, dass ihr erneut ein Problem im öffentlichen Kanalnetz angelastet wird.
Nach den unterschiedlichen Darstellungen gefragt, antwortet Alexandre Hofen-Stein vom für städtische Eigenbetriebe zuständigen Dezernat V: „Ich kann bestätigen, dass der Straßeneinbruch nicht aufgrund des Schadens am Hausanschluss entstanden ist.“ Was da in der internen Kommunikation schiefgelaufen sei, lasse sich im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen. Teilweise liege es auch an zeitlichen Überschneidungen über den Jahreswechsel.
Das anfängliche Vorgehen der Stadtentwässerung sei allerdings richtig gewesen, betont Hofen-Stein. Wegen der Nähe des schadhaften Kanalanschlusses zum Loch in der Talstraße „konnte man davon ausgehen, dass hier ein Zusammenhang besteht. Gemäß den Regelungen in der Abwassersatzung der Stadt Mannheim ist entsprechend auch der Eigentümer für die Behebung des Schadens zuständig.“ Erst im Januar habe dann eine weitere Kamerafahrt Klarheit gebracht.
Stadt Mannheim spricht von „Verkettung unglücklicher Umstände“
Hofen-Stein schließt mit den Worten: „Die Stadt Mannheim bedauert, dass aufgrund der Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände aufgrund der besonderen Konstellation dieses Sachverhalts ein falscher Eindruck entstanden ist.“ Darüber freut sich jetzt die Tochter der Hauseigentümerin. Auch wenn sie erwartet hätte, „dass man meine Mutter oder mich da persönlich kontaktiert“. Aber Hauptsache, nun sei der Sachverhalt öffentlich richtig dargestellt und die Anfeindungen hörten auf.
Die Frau erklärt auch, warum sie nicht schon im Januar auf die Berichterstattung reagiert hatte: Sie und ihre Mutter wohnten außerhalb Mannheims und hätten die ersten Artikel über die „Wunschbaustelle“ nicht gelesen. Nachdem fast vier Monate an der Absperrung nichts geschehen war, hatten Anwohnerinnen zur Weihnachtszeit Wunschzettel aufgehängt. Darauf standen etwa folgende Wünsche: „Jeder geht zur Wahl und nimmt seinen Nachbarn mit“, „Die Welt retten!“ oder „Reha Sport für alle“. Das SWR-Fernsehen berichtete über diese vermeintlich kreative Form des Bürgerprotests gegen amtliche Untätigkeit sogar in seinen Hauptnachrichten. Die Schuldfrage spielte da zum Glück eine untergeordnete Rolle.
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