Spiele nur in Lokalen zu sehen

Zur WM kein Public Viewing in Mannheim?

Anders als bei den vergangenen Fußball-Weltmeisterschaften wird es in Mannheim diesmal aller Voraussicht nach kein "Public Viewing" geben. Dafür gibt es indes andere Gründe als Katar

Von 
Steffen Mack
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Das alte Eisstadion im Friedrichspark 2014 beim 1:0 des DFB-Teams gegen Frankreich. Diesmal gibt kein Public Viewing. Auch Jubelstimmung ist fraglich. © Markus Prosswitz

Mannheim. Eine - natürlich nicht repräsentative - Umfrage im eigenen Bekanntenkreis ergibt ein klares Bild. Zwei Wochen vor der Weltmeisterschaft in Katar äußert zwar niemand Vorfreude darauf. Aber ein klares „Das schau ich mir nicht an!“ kommt nur von einer Minderheit. Die Mehrheit meint, zumindest die Deutschland-Spiele und andere interessante Partien wolle man schon sehen. Und ein Freund kündigt gar an: „Ich guck’ die ganze WM. Ist ja immer noch Fußball, und das interessiert mich mehr als alles andere im Fernsehen.“

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Dennis Hylla zeigt sich enttäuscht. Der Geschäftsführer von Christine Pradts Soccercenter am Carl-Benz-Stadion hatte fest vor, das Turnier zu boykottieren. Dabei läuft auf der Großleinwand in seinem Gastronomiebereich eigentlich immer Fußball, sofern frei empfangbar. Aber Partien aus Katar wollte er dort nicht dulden. „Unfassbar, dass die WM in einem Land stattfindet, wo so die Menschenrechte unterdrückt werden“, schimpft Hylla. Ihn als Homosexuellen treffe das auch persönlich. Doch mittlerweile habe er seinen Widerstand aufgeben müssen. Es seien einfach zu viele Ankündigungen von Kunden an ihn herangetragen worden, in jener Zeit keinen Soccercourt zu buchen, wenn sie danach nicht noch bei ihm gemeinsam Fußball schauen könnten.

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„Das kann ich mir wirtschaftlich nicht leisten“, bedauert Hylla. Dazu seien die Verluste in der Pandemie zu groß gewesen, November und Dezember fürs Geschäft zu wichtig. Daher würden nun auf ausdrücklichen Wunsch von Gästen hin einzelne Spiele eingeschaltet. Aber er ärgere sich sehr, „dass immer alle über die WM in Katar gemeckert haben, und jetzt wollen plötzlich doch viele gucken“. Er hätte sich da deutlich mehr Rückgrat wünschen.

Keine speziellen Aktionen geplant

Auch einige andere Wirte täten sich mit dem Turnier schwer, weiß Lutz Pauels. Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Mannheim City, zu der auch Gastronomen gehören, vermutet jedoch: „In Lokalen, in denen immer Fußball läuft, wird das wohl auch diesmal so sein.“ Auf Anfrage bestätigen das drei der größeren: das „Adria“ am Alten Meßplatz, „Murphy’s Law“ am Kaiserring sowie die „Whistle“-Sportbar, von Q 6/Q 7 in die SAP Arena gezogen. Dort heißt es aber, über mögliche spezielle Aktionen zur WM habe man sich noch gar keine Gedanken gemacht.

Der Spielplan

  • Die Fußball-WM beginnt am Sonntag, 20. November, um 17 Uhr mit der Partie von Gastgeber Katar gegen Ecuador.
  • Deutschland spielt in der Vorrunde am Mittwoch, 23. November, um 14 Uhr gegen Japan, am Sonntag, 27. November, um 21 Uhr gegen Spanien und am Donnerstag, 1. Dezember, um 20 Uhr gegen Costa-Rica.
  • Erreicht das DFB-Team das Achtelfinale, geht es entweder als Gruppenerster am Montag, 5. Dezember, oder als Gruppenzweiter am Dienstag weiter. Anpfiff ist jeweils um 16 Uhr.
  • Das Viertelfinale wäre dann am Freitag (als Erster) oder Samstag, 9. und 10. Dezember, ebenfalls jeweils um 16 Uhr.
  • Die Halbfinalpartien sind für Dienstag und Mittwoch, 13. und 14. Dezember, jeweils um 20 Uhr angesetzt. Das Spiel um Platz 3 ist am Samstag, 17. Dezember, das Finale am Sonntag, 18. Dezember. Beide beginnen um 16 Uhr. sma

Fest steht, dass es in Mannheim - anders als bei den zurückliegenden Weltmeisterschaften - kein „Public Viewing“ geben wird. Das alte Eisstadion im Friedrichspark, in dem dies Markus Rick immer organisiert hatte, soll abgerissen werden und steht nicht mehr zur Verfügung. Für die Europameisterschaft 2024 in Deutschland wolle er sich um einen neuen Ort bemühen, kündigt Rick an. Aber jetzt im Winter habe er ja seinen Märchenwald-Weihnachtsmarkt am Wasserturm. Dort könnte er zwar theoretisch auch eine Leinwand oder zumindest einen großen Fernseher für die WM aufstellen. Doch Rick findet: „Das passt nicht.“ Vorrang habe jetzt die Familienveranstaltung, nicht die Sportveranstaltung. Grundsätzlich möge er beides. Aber auf das Turnier in Katar sei er persönlich auch innerlich noch nicht eingestellt, obwohl es ja schon am 20. November beginne.

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Einen Tag, nachdem es mit dem Länderspielkracher Katar gegen Ecuador losgegangen ist, werden dann auch schon die Mannheimer Weihnachtsmärkte eröffnet. Selbst auf dem größten am Wasserturm sind keine Fußballübertragungen geplant. Die Menschen kämen vielmehr dorthin, „um weihnachtliche Stimmung zu genießen, zu bummeln, Geschenke und Deko einzukaufen und miteinander einen Glühwein zu trinken“, teilt zur Begründung Sylvie Brackenhofer von der Betreibergesellschaft mit. Zudem gebe es bereits ein tägliches Live-Bühnenprogramm mit Ehrenamtlichen der Region.

Weihnachtsgeschäft geht vor

Pauels von der Werbegemeinschaft glaubt auch nicht, dass das Turnier im Weihnachtsgeschäft eine große Rolle spielt. Hier und da werde es in einigen Läden wohl spezielle Angebote dazu geben. Aber in der Adventszeit seien die Schaufenster nun mal traditionell zu Recht anderen Dingen vorbehalten.

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Auch in Mannheimer Kinos wird es keine Übertragung geben. Früher liefen bei großen Turnieren auch mal Spiele in Cineplex oder Cinemaxx. Doch das sei „etwas schwierig“ geworden, sagt Geschäftsführer Frank Noreiks, „wir mussten Security einsetzen“. Das wollten sie ihrem Personal nicht mehr zumuten. Insofern habe sich die Frage, wie man mit Katar umgeht, gar nicht erst gestellt. „Aber meine persönliche Meinung wäre klar gewesen: nichts zeigen.“

Manche Fußballfans dürften auch schon aus terminlichen Gründen vergleichsweise wenig von dieser WM sehen. Viele Partien werden unter der Woche mittags oder nachmittags ausgetragen. Auch das Finale am vierten Adventssonntag um 16 Uhr wird kaum allen in die weihnachtliche Stimmung passen.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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