Kommentar WM-Spiele in Katar: Ganz falscher Ort, ganz falsche Zeit

Viele Fußballfans sind gespalten: Ist es okay, die WM-Spiele in Katar im Fernsehen zu sehen, oder nicht? Steffen Mack kann beide Seiten gut verstehen, er selbst wird einschalten

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Steffen Mack
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Mannheim. Erfreulich ist wenigstens, wie einig sich die allermeisten Menschen bei diesem Turnier sind. Die WM in Katar ist eine Schande sondergleichen für den Fußball, da gibt es nichts zu beschönigen. Und wenn man sie für sich persönlich boykottiert, ist das sehr ehrenwert. Zumal das Argument nicht von der Hand zu weisen ist, dass Einschaltquoten eine harte Währung sind und somit selbst ein Jeder vor dem Fernseher letztlich Teil der gigantischen Vermarktungskette ist.

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Aber wie meistens im Leben gibt es eben auch ein Andererseits. Es ist ja nicht so, dass dieser Sport erst jetzt schlagartig seine Unschuld verlieren würde. Mit ihren Öl-Milliarden mischen die Katarer schon lange den europäischen Fußball auf. Eigentlich dürfen Puristen auch keine Champions League mehr schauen. Und Turniere in zwielichtigen Staaten werden von Machthabern schon immer für Propaganda genutzt, so bei der WM 2018 in Russland.

Bitte ohne erhobene Zeigefinger

Natürlich kann man finden, dass mit Katar - wo die Menschenrechtslage noch desaströser ist als in Putins Reich - nun endgültig die rote Linie überschritten ist. Aber bei allem Respekt für die, die das für sich persönlich so entscheiden: Moralisierend erhobene Zeigefinger sind selten geeignet, andere zu überzeugen.

Es gibt nun mal Menschen, die Fußball einfach lieben. Für sie - präziser wäre ehrlicherweise für uns - ist es etwas ganz Besonderes, wenn Deutschland gegen Spanien oder später vielleicht Brasilien gegen Frankreich bei einer Weltmeisterschaft spielt. Da nicht einzuschalten, fällt sehr schwer. Und unterhaltsame Ablenkung vom Alltag, am besten gemeinsam mit anderen Menschen, kann gerade in diesen Zeiten schon wertvoll sein. Dafür braucht eigentlich niemand ein schlechtes Gewissen zu haben.

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Allerdings passt das Turnier - mit dem Finale am 4. Advent - auch miserabel in den Kalender, vom Lebensgefühl wie von den Lebensgewohnheiten her. Konflikte zwischen Boykottierern und „Wir können nicht anders“-Fans dürfte es gerade innerfamiliär vielerorts geben. Da helfen nur Toleranz und Kompromisse, etwa heute Weihnachtsmarkt, morgen Fußball. Und es bleibt die Hoffnung, dass diese WM auch ein Flop sondergleichen wird.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen