Justiz

Zähes Ringen um die Wahrheit im Mannheimer Totschlag-Prozess

Im Juli 2022 starb ein polnischer Zeitarbeiter in der Neckarstadt-West. Er erstickte. Nun neigt sich der Prozess gegen seine mutmaßlichen Peiniger seinem Ende entgegen

Von 
Agnes Polewka
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© Roland Schmellenkamp

Im Juli 2022 ist Piotr W.  in einer Wohnung in der Neckarstadt-West gestorben. Dort lebte der polnische Zeitarbeiter mit mehreren Landsmännern zusammen. Zwei von ihnen müssen sich seit Mitte Januar vor dem Landgericht Mannheim verantworten - wegen Totschlags.

Sie sollen den 42-Jährigen laut Anklage brutal verletzt haben. So schwer, dass er starb. Sein Körper war mit Verletzungen übersät. An Kehlkopf, Nasenbein und Augenhöhle. Seine gebrochenen Rippen durchstachen die Brust. Dadurch löste sich ein Teil der Lunge vom Brustkorb - und Piotr W. erstickte. Die beiden Angeklagten Andrzej S. (20) und Jakub -„Kuba“ - B. (23) schweigen bislang zu den Vorwürfen. Sie machen keine Angaben dazu, was zwischen dem 20. und 23. Juli 2022 in der Dachgeschoss-Wohnung in der Bürgermeister-Fuchs-Straße passiert ist, die sie mit Piotr W. und zwei anderen Kollegen einer Zeitarbeitsfirma bewohnten.

Und so bleibt auch am siebten Prozesstag schemenhaft, was tatsächlich in der Wohnung passiert ist. Wer Piotr W. wie und wann verletzt hat. Und wer ihm nicht half, während er schwer verletzt am Boden lag. Am Dienstag rekapituliert der Vorsitzende Richter Joachim Bock den bisherigen Prozessverlauf für den psychiatrischen Sachverständigen. Er berichtet von den Zeugenaussagen der beiden Disponenten der Zeitarbeitsfirma, die vor allem Probleme mit einem der anderen Mitbewohner gehabt hätten. Dieser ist bislang nicht vor Gericht erschienen. Der Mann soll sich aktuell in Holland aufhalten. Seine Adresse ist dem Gericht nicht bekannt.

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Dann zählt Bock weitere Zeugen auf, die die Kammer befragt hat: die Großtante eines der Angeklagten, bei der die jungen Männer festgenommen wurden, Ermittler, Kriminaltechniker und die Gerichtsmedizinerin. Und er spricht von den Videos, die die Verfahrensbeteiligten gemeinsam in Augenschein genommen haben. Darauf war der völlig weggetretene W. zu sehen. Mit verquollenem Gesicht, sichtbar verletzt, an der Nase und am Auge. Die Aufnahme zeigte, wie Jakub B. den 42-Jährigen, der am Boden lag, anhob und ihn dann achtlos zurück auf den Boden warf. Andrzej S. soll die Szene gefilmt haben.

Das Video wurde auf einem der Mobiltelefone der WG-Bewohner gefunden. Auch die beiden anderen Männer führt die Staatsanwaltschaft weiterhin als Tatverdächtige. Weil sie Piotr W. nicht geholfen haben sollen. Und vielleicht noch eine andere Rolle spielen könnten. Um dies heraus zu finden, hat die Polizei die Handydaten akribisch ausgelesen, überprüft, über welche Funkzelle sie eingeloggt waren, um Hinweise darauf zu erhalten, wo sich die vier Männer aufhielten. Eine Ermittlerin beschreibt, wie sie und die Kollegen vorgegangen sind. Die Verteidiger der Männer bohren tief, fragen nach Details. Nach technischen Details. Die Verhandlung unterbrochen. Wieder und wieder. Um Feinheiten nachzur

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