Das Projekt Postquadrat in der Schwetzingerstadt schreibt das nächste negative Kapitel. Die Nachricht, die die Käuferinnen und Käufer von 140 Eigentumswohnungen dieses Mal erreicht hat, ist allerdings nichts für schwache Nerven: Der Projektentwickler Eyemaxx Real Estate ist insolvent und hat ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Für die künftigen Eigentümer ist nun das denkbar schlimmste Szenario eingetreten. Wann ihre (fast vollendeten) Wohnungen fertiggestellt werden und sie dort einziehen können, kann momentan niemand seriös sagen. Die nervenaufreibende Hängepartie erreicht eine neue Dimension.
Denn die Betroffenen zittern jetzt um ihr Geld. Die Mehrheit von ihnen hat mehrere Hunderttausend Euro in die neue Wohnung investiert. „Ich bin ausgebrannt, nervlich am Ende“, schildert einer der Eigentümer seine Gefühlslage. Da zunächst die meisten Arbeiten auf der Großbaustelle ruhen, befürchtet ein anderer Käufer Folgeschäden wegen des nahenden Winters: „Die Heizung muss eingeschaltet werden, sonst platzen die Rohre. Und dann gehen die Schäden in die Millionen!“
Termin wieder nicht gehalten
Nach dem letzten Bericht des „MM“ Mitte Oktober über die Verzögerungen bei dem Bauprojekt haben sich die Ereignisse überschlagen. Kaum war der Artikel erschienen, da hatten die Käuferinnen und Käufer die nächste Hiobsbotschaft in Form eines Rundschreibens in ihrem Briefkasten. In dem zweiseitigen Schreiben, das dem „MM“ vorliegt, teilte ihnen der Projektentwickler „leider mit großem Bedauern“ mit, „dass auch der Ihnen zuletzt zugesagte Termin 30.11.2021 zur bezugsfertigen Übergabe“ sich nicht einhalten lasse und erneut verschoben werde.
Die Pessimisten unter den Käufern hatten das richtige Bauchgefühl: Sie hatten den erneuten Aufschub nämlich befürchtet. Schließlich handelt es sich, wie berichtet, nicht um den ersten Verzug. Nach dem zuletzt zugesagten 30. September platzte jetzt in kürzester Zeit ein weiterer Übergabetermin. Schuld daran sind laut Eyemaxx fehlende Fortschritte am Bau, die aus „offensichtlichen Verwerfungen“ zwischen dem bisherigen Generalunternehmer und den einzelnen Fachfirmen resultierten. Man habe „letztlich keine Alternative“ mehr gesehen, als sich vom Generalunternehmer zu trennen.
In dem Brief wurde deutlich, dass die bisher angekündigten Fertigstellungstermine vom Generalunternehmer stammten und übernommen wurden. Ein neuer konkreter Termin wurde nicht mehr genannt. Eyemaxx wollte erst mit den ausführenden Firmen verhandeln und danach den Zeitplan „verlässlich aktualisieren“. Mit dem nun begonnenen Sanierungsverfahren wird das nicht einfacher. Eyemaxx-Vorstand Kurt Rusam, der den Brief unterzeichnet hat, entschuldigt sich zwar bei den Käufern. Doch davon haben die Betroffenen genauso wenig wie von dem Versprechen: „Selbstverständlich kommen wir weiterhin für alle Ihnen auch durch die neuerliche Verschiebung entstehenden Nachteile und Kosten auf.“
Trotz dieser Zusage hatten viele Wohnungskäufer bereits zu diesem Zeitpunkt kein gutes Gefühl, was die Liquidität des Bauträgers angeht. Der dementierte in dem Schreiben einen Zusammenhang: „Zur Vorbeugung jedweder Spekulationen weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass es in unserem Rechtsverhältnis zu dem Generalunternehmer unstreitig keinerlei Zahlungsrückstände unsererseits gab und gibt.“
Projekt soll durchfinanziert sein
Neue Sorgenfalten trieb den Käufern eine Mitteilung Ende Oktober auf die Stirn. Da hatte das Unternehmen eingeräumt, „derzeit nicht über die notwendigen Finanzmittel“ zu verfügen, um eine fällige Zinszahlung für eine 5,5-Prozent-Unternehmensanleihe zu zahlen. Eyemaxx begründete dies mit „bisher nicht eingegangenen Zahlungszuflüssen aus getätigten Projektverkäufen im mittleren einstelligen Millionenbereich sowie deren gescheiterter Refinanzierung“. Einzelne Käufer der Wohnungen in der Schwetzingerstadt berichten von Beschwichtigungsversuchen des Bauträgers, wonach das Projekt, das als eigene Gesellschaft „Stadtquartier Post2 Mannheim“ geführt wird, nicht gefährdet und durchfinanziert sei. Sie liefen ins Leere, wie sich jetzt zeigt. „Ich fürchte, dass wir keine Entschädigung für unsere zusätzlichen Kosten bekommen“, sagt ein Käufer. Für Insider dagegen kam die Insolvenz angesichts der jüngsten Entwicklung nicht unerwartet.
Bau der Außenanlagen geht weiter
Den weiteren Fortschritt des Baus bestimmt nun der Verlauf des Sanierungsverfahrens. Dieses hat Eyemaxx Real Estate beim Landesgericht Korneuburg nahe Wien eingebracht. Das Unternehmen hat zwar seinen Sitz in Aschaffenburg, Leitung und Verwaltung sind jedoch in Leopoldsdorf angesiedelt, das ebenfalls in der Nähe der österreichischen Hauptstadt liegt. Auch die Muttergesellschaft des Generalunternehmers hat dort ihren Sitz. Die deutsche Tochtergesellschaft Premiumverbund hat übrigens ebenfalls Insolvenz angemeldet.
Wie Eyemaxx das Projekt möglichst zügig fertigstellen will, ist unklar. Auf zwei schriftliche Anfragen des „MM“ reagierte das Unternehmen nicht. Die Käufer erhielten die letzte Information kurz vor der Insolvenz. In dem Brief wurde erklärt, dass die Tiefgarage mit dem Bauamt und der Feuerwehr begangen und freigegeben worden sei. Die Arbeiten an den Außenanlagen liefen „ungehindert weiter“. Diese Angabe stimmt: Ende vergangener Woche bewegte im Innenhof ein Radlader riesige Erdmassen. Und in einem Treppenhaus war ein Maler zu sehen, der Wände strich.
Im Dezember solle der endgültige Fertigstellungstermin feststehen. Gleichzeitig bittet Eyemaxx alle Käufer, ihre „aktuelle Wohnmöglichkeit bis zum 31.03.2022 beizubehalten“. Bis zur Schlüsselübergabe wird das Projekt sicher weitere Kapitel schreiben. Hoffentlich auch positive.
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