Die ersten Kartons waren schon gepackt, die alten Mietverträge zum 30. September gekündigt. Doch in ihr neues Eigenheim umgezogen sind die Käufer der 140 Eigentumswohnungen im Postquadrat in der Schwetzingerstadt nicht. Trotz schriftlicher Zusage hat der Projektentwickler Eyemaxx Real Estate den Übergabetermin nicht halten können (wir berichteten). Wieder einmal. Aus diesem Grund haben sich weitere Betroffene an den „MM“ gewandt. Sie wollen anonym bleiben, aus Sorge vor Konsequenzen des Projektentwicklers, gegen den sie längst juristisch vorgehen.
Für eine Familie ist es bereits der dritte Aufschub. Erst sollten sie am 30. September 2020 einziehen, dann wurde der 31. März 2021 genannt. Das klappte genauso wenig wie der 30. September. Immerhin konnten sie noch in ihrer Mietwohnung bleiben, obwohl sie den Vertrag schon gekündigt hatten. Ihr gutes Verhältnis zu ihrem Vermieter hat sie gerettet. Trotzdem: Weil sie fest mit dem Übergabetermin geplant hatten, ist schon ein Teil der Möbel verkauft, ebenso ein Auto, und auch der Internetvertrag war gekündigt.
Apartment für 2500 Euro im Monat
Andere hatten da weniger Glück. Wer noch im Homeoffice arbeitet, für den kommt ein Hotelzimmer als Ersatz nicht infrage. Die Betroffenen berichten von Käufern, die sich nun eine Ferienwohnung angemietet haben. Eine Familie habe sich in einem Business-Apartment einquartiert - für 2500 Euro im Monat. Die meisten zahlen seit Monaten doppelt: für ihre bisherige Wohnung und für einen Anteil des Kredits. Außerdem erheben viele Banken Bereitstellungszinsen für den Anteil des Kredits, der noch nicht abgerufen wurde. Weil viele wegen des zugesagten Einzugstermins schon Küchen und Möbel bestellt haben, müssen sie dafür nun Lagerkosten bezahlen.
Mit jeder Verzögerung steigen die zusätzlichen Ausgaben: Ein Paar berichtet von 10 000 Euro, ein anderes von 12 000 Euro allein für Miete, eine Familie ist schon bei 16 000 Euro angelangt. „Wir übernehmen alle Kosten“, sei die Aussage von Eyemaxx. Doch Geld wurde den Betroffenen noch nicht überwiesen. „Wir gehen seit einem Jahr in Vorleistung“, sagt ein Mann verärgert.
Um etwas Druck aufzubauen, könnten die Käufer einen Teil der Raten einbehalten. Wie die Betroffenen berichten, helfe das kaum, da die Raten in den meisten Fällen der Kreditgeber überweise. Der könne zwar Geld zurückhalten, doch davon hätten die Kreditnehmer nichts, da sie die zusätzlichen Ausgaben weiter selbst schultern müssten.
Die künftigen Nachbarn stehen untereinander im ständigen Kontakt. Dass sie sich überhaupt kennen, ist allein einer Informationsveranstaltung von Eyemaxx Anfang September zu verdanken. Dort habe der Bauträger über die Verzögerungen informieren wollen. Aber die Art und Weise, wie das geschah, habe die Käufer schockiert: „Da stand einer vorne und erzählte mit einem Grinsen im Gesicht, dass wir nicht einziehen können“, schimpft eine Frau. Die meisten Nachfragen seien unbeantwortet geblieben. „Das kann ich hier jetzt nicht sagen“, sei die Antwort gewesen.
Überhaupt, die Kommunikation. „Man schreibt E-Mails und bekommt wochenlang keine Antwort“, kritisieren die Betroffenen übereinstimmend. Änderungswünsche bei der Ausstattung seien teils monatelang nicht bearbeitet worden. „Sie versprechen etwas und halten es nicht ein. Die Verantwortung wird hin- und hergeschoben, alles ist unprofessionell, der Umgang mit uns Kunden ist unverschämt.“ Spreche man auf der Baustelle die Verantwortlichen an, bekomme man stets zu hören: „Dafür bin ich nicht zuständig.“ Am meisten ärgert die Wohnungskäufer, dass sie „für dumm verkauft werden“, wie ein Mann schildert: „Man wollte uns erklären, die Verzögerungen hätten mit der Flut im Ahrtal zu tun, es würde Dämmmaterial fehlen. Dabei war das schon längst montiert.“
Badewanne statt Dusche
„Jede Familie kann eine eigene Geschichte erzählen“, berichtet ein Käufer. In einem Fall sei eine Toilette, anders als bestellt, doch nicht niedriger montiert worden, anderswo sei eine Badewanne eingebaut worden, obwohl eine Dusche gewünscht war. Die Trennwände der Balkone wichen vom Plan ab, und die versprochenen Ladestationen für E-Autos fehlten ebenfalls. Es sei nur ein Anschluss vorhanden, die Ladebox für mehrere Tausend Euro müsse sich jeder selbst kaufen.
Nun gibt es wieder einen neuen Termin: am 30. November. Dass das etwas werden könnte, daran glauben die meisten schon nicht mehr. Wie einige erfahren haben, hakt es beim Brandschutz, der Projektentwickler sehe die Schuld bei der Stadt. Die weist den Vorwurf, für einen verzögerten Übergabetermin verantwortlich zu sein, zurück: Es handele sich um einen komplexen Abstimmungsprozess mit mehreren Beteiligten, der im zeitlich angemessenen Rahmen von der Stadt bearbeitet worden sei. „Die Anforderungen an eine Teilinbetriebnahme wurden von Seiten der Stadt bereits bei Begehungen im Juli und August festgelegt. Ein notwendiges Brandschutzgutachten wurde vom Investor Mitte September eingereicht. Die Feuerwehr hat dieses zeitnah geprüft, da ihre Stellungnahme notwendig ist für eine erfolgreiche Abnahme“, sagte Rathaus-Sprecherin Corinna Hiss. Die Teilabnahme der Häuser drei und vier sowie der Tiefgarage sei mit der Baurechtsbehörde, der Feuerwehr und dem Investor für diese Woche terminiert.
Bauträger entschuldigt sich
„Eyemaxx bedauert die entstandenen Verzögerungen zutiefst und bittet dafür um Entschuldigung“, schreibt das Unternehmen. Zu anfänglichen Verzögerungen durch die Covid19-Pandemie „kamen Schwierigkeiten in der Bauausführung von Subunternehmern hinzu“. Man sei sich bewusst, dass für einige Käufer durch die Situation Schwierigkeiten und Belastungen entstehen. „Eyemaxx tut alles, um diese so gering wie nur möglich zu halten. Alle betroffenen Käufer sind bereits in Ersatzwohnungen untergebracht. Auch für finanzielle Belastungen, die bei Käufern durch die Verzögerungen entstehen, möchten wir natürlich schnell und unkompliziert eine Lösung finden. Auch dies ist in vielen Fällen bereits geschehen.“
Die kritisierte Kommunikation ist ebenfalls bekannt: „Um mit den Käufern transparent und schnell zu kommunizieren und ihnen tatkräftig zu Seite zu stehen, haben wir zusätzliches Personal eingestellt, das sich nur diesem Projekt widmet.“ Parallel arbeite man „natürlich mit Hochdruck daran, eine möglichst schnelle Übergabe der Wohnungen zu realisieren“. Darauf hoffen nun die Käufer. Denn inzwischen geht der Ärger an die Gesundheit: „Ich nehme seit einem halben Jahr Blutdrucktabletten“, erzählt ein Mann.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-fuer-140-wohnungskaeufer-im-mannheimer-postquadrat-platzt-erneut-der-umzugstermin-_arid,1864167.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/schwetzingerstadt-oststadt.html