Friedrichspark

Woher die gefundene Mauer unter dem alten Eisstadion in Mannheim stammt

Die Mauer, die zufällig beim Abriss des Eisstadions im Mannheimer Friedrichspark gefunden wurde, hat Fragen aufgeworfen. Vermutet wurden zunächst Reste eines alten Ausflugslokals. Nun haben die Archäologen etwas mehr Gewissheit

Von 
Kai Plösser
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Die alte Mauer, die beim Abriss des alten Eisstadions im Mannheimer Friedrichspark gefunden und freigelegt wurde. © REM/Benedikt Stadler

Mannheim. Es war eine kleine Überraschung, als der Baggerfahrer bei den Abrissarbeiten des alten Eisstadions am Mannheimer Friedrichspark zufällig auf ein Stück Mauer gestoßen ist. Bei Klaus Wirth, Abteilungsleiter für Archäologische Denkmalpflege und Sammlungen bei den Reiss-Engelhorn-Museen (REM) hat der Gebäuderest zunächst für Fragezeichen gesorgt. Er vermutete, dass die Mauer zu einem alten Ausflugslokal gehört haben könnte. Nun hat Wirth aber ein wenig mehr Gewissheit: „Wir sind der Meinung, dass die Mauer zum Eisstadion aus den 1930er Jahren dazugehört“, sagt er. „Es sind wohl die letzten Reste von Baulichkeiten von dem historischen Eisstadion.“

Unter der Sitzplatztribüne soll der Raum gewesen sein. © Marchivum/Artur Pfau

„Es handelt sich wohl um die Grundmauern der ersten Tribüne des alten Friedrichsparks aus der Zeit um 1936“, ergänzt Christian Werner, Leiter beim Mannheimer Amt für Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Werner hatte diese Spekulation schon am ersten Ausgrabungstag Angang August ins Spiel gebracht, welche aber wieder verworfen wurde.

Dass es sich bei der Mauer nicht um Gebäudereste des Ausflugslokals handelt, habe sich im Nachgang ziemlich schnell herausgestellt. Die Gebäuderelationen hätten beim Verschneiden der vorhandenen, „vom Maßstab her grottig schlechten“ Pläne nicht gestimmt. „Was das Ausflugslokal und den See angeht, lagen diese im Bereich der heutigen Quadrate A5 und A6 sowie im Bereich der Bismarckstraße“, ist sich Wirth mittlerweile sicher. Am Ende sei völlig klar gewesen, dass sich das Stück Mauer in einem anderen Bereich befindet.

Fotos vom Marchivum geben entscheidenden Ausschlag

Also mussten Wirth und sein Team weiter recherchieren. „Herr Werner hatte dann in der Zwischenzeit historische Fotos aus dem Archiv vom Marchivum gefunden“, erklärt der Archäologe weiter. Die Fotos wurden schließlich herangezogen, um sich ein genaueres Bild machen zu können, das „keine Zweifel“ zulasse, dass es sich um ein letztes Bisschen des Eisstadions in seiner Ursprungsform handelt. „Ausschlaggebend sind die übereinstimmenden Fluchten“, erläutert Wirth. Zudem seien bei der Ausgrabung Betonkanten gefunden worden, auf denen das Fundament gestanden habe. „Zweitens ist die Lage auf den Fotos viel besser zu erkennen.“

Wirth geht nun davon aus, dass die auf der Südseite des alten Eisstadions gefundene Mauer zu einem Technikraum unter der Haupttribüne gehörte. Zum einen lassen darauf ebenso Bilder des Marchivums schließen: „Die Fotos von den Technikräumen zeigen eine gestufte Decke entsprechend der Form der Tribüne“, erklärt Wirth. Zum anderen deuten aber auch die vor Ort gesammelten Funde darauf hin.

„Wir haben sehr viel technische Keramik, Porzellanverschlüsse von Batterien, zudem zahlreiche Graphitstäbe von alten Batterien gefunden“, berichtet Wirth. Diese Funde häuften sich besonders in dem Bereich, in dem der Raum vermutet wird. Welche Funktion dieser Technikraum damals genau hatte, sei unbekannt. Wahrscheinlich habe er mit der Eisfläche in Zusammenhang gestanden, vermutet Wirth.

Mauern sollen zu Technikraum gehört haben

Technikraum statt Ausflugslokal also. Das macht den Fund aber nicht weniger bedeutend. Zwar gebe es einige Fotos aus den späten 1930er Jahren, als das Eisstadion gebaut und eröffnet wurde. Nun habe man als Ergänzung zu den Bildern mit dem entdeckten baulichen Nachweis aber erstmals auch einen archäologischen Befund, hebt Wirth hervor. Vor allem, weil das Stadion im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden sei. „Das konnte man an der Schadenskartierung sehen. Also dieses Stadion hat wohl mehrere Treffer abbekommen“, sagt Wirth. „Das heißt also, dieses Restchen an Raum ist im Grunde genommen bislang das einzige, was wir dazu haben.“

„Das ist zwar nicht unser Raum, aber man hat eine Vorstellung von dem, wie die Technik damals ausgesehen haben muss“, sagt Klaus Wirth. © Marchivum/Artur Pfau

Neben den Funden, die mit dem vermuteten Technikraum im Zusammenhang stehen könnten, haben die REM-Archäologen weitere Utensilien eingesammelt, die noch genauer unter die Lupe genommen werden sollen. Sie stammen unter anderem aus dem Baustoffen, die zum Errichten des Stadions benutzt wurden. Vier oder fünf Eimer seien nach den Angaben von Wirth voll mit Funden gewesen, die etwa auf damalige Unternehmen hindeuten: „Wir können sagen, dass wir auch Firmen Mannheims zur Nazi-Zeit dort hatten“, sagt Wirth. Aber auch Material aus weit entfernten Gegenden seien dabei gewesen: „Zum Beispiel haben wir sehr viel vom Porzellanwerk Thomas.“ Auch im Zusammenhang mit einer Flasche mit der Prägung „Hans Ried Kempten Immenstadt“ soll recherchiert werden.

„Wir können diese Zeit jetzt ganz gut schließen“

„Wir können diese Zeit zwischen 1900 und Ende der 30er Jahre und natürlich auch nach dem Krieg jetzt ganz gut schließen“, betont Wirth. „Denn wir haben auch eine Bauschutteinbringung aus Nachkriegszeiten.“ Darauf lasse etwa zerstörtes Glas, das eindeutig durch Feuer deformiert worden sei, schließen. Weiterer Bauschutt deutet auf eine weitere Verfüllung aus den 1960er Jahren hin. „Weil wir da eben ganz moderne Formen haben, die wir vorgefunden haben“, erklärt Wirth und nennt als Beispiel eine Jägermeister-Flasche aus den 1950er Jahren.

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Vielleicht befand sich die Flasche zufällig im Bauschutt, vielleicht hat sie aber auch einmal ein freudetrunkener Adler-Fan im Siegestaumel fallen gelassen. Wer weiß das schon. Sicher ist nur, dass es vor 1935 noch keinen Jägermeister auf dem Markt gab. Im besagten Ausflugslokal wurde dieser also noch nicht ausgeschenkt. Die Suche danach dauert wohl noch etwas an.

Redaktion

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