Mannheim. Eigentlich hatte er Karten für Lenny Kravitz. Doch den Verzicht auf den Auftritt des US-Rockstars in der SAP Arena hat Felix Späh nicht bereut. Im Gegenteil: „Dieser Stein rockt mehr“, stellt er stolz fest, als er den „Mannheimer Stein“ in seinen Händen hält. Verliehen bekommen hat er ihn zusammen mit seinem Büropartner Hanns-Martin Bräuer, womit erstmals Statiker diese Auszeichnung für Verdienste um die Baukultur erhalten haben.
„Wir arbeiten ja sonst eher im Hintergrund“, so Späh. Daher seien er und sein Partner „sehr überrascht“, aber ebenso sehr geehrt gewesen, dass mit ihnen nun erstmals Bauingenieure und nicht wie bisher Architekten, Mäzene oder Baugesellschaften ausgezeichnet werden. Und nun ist die Ehrung für das Ingenieurbüro Bräuer + Späh auch noch eine ganz besondere, denn dieser „Mannheimer Stein“ ist das letzte verbliebene Exemplar, das Peter Plachetka einst aus dem Gewölbekeller von N 2 geborgen hat, ehe das Gebäude ganz abgerissen wurde, wie Marchivum-Direktor Harald Stockert erwähnt.
„Aber es gäbe da schon noch so ein paar Gebäude, wo man Steine herausschlagen kann“, scherzt Oberbürgermeister Christian Specht. „Wenn wir so weitermachen, können wir die ganze Stadt unter eine Denkmalschutzglocke stellen“, merkt er unter Hinweis auf den Schutzstatus für das Stadthaus N 1 und das Parkhaus N 2 kritisch an. Die Auszeichnung für das Ingenieurbüro Bräuer + Späh sei hingegen „absolut verdient“, gratuliert er.
Herausragende Rolle beim Ochsenpferchbunker
Hanns-Martin Bräuer und Felix Späh sind jeweils in zweiter Generation Inhaber des 1950 von Ludwig Bräuer gegründeten, ab 1969 von Heribert Späh verstärkten Ingenieurbüros. Martin Krauß, Vorsitzender des Mannheimer Architektur- und Bauarchivs, bezeichnet sie als „herausragende Vertreter ihrer Profession“. Dabei käme Tragwerksplanern wie ihnen eine „eminent wichtige Rolle zu, auch wenn sich das Nichtfachleuten nicht unbedingt erschließt“, wie Krauß erläutert. Einmal sorgen die Ingenieure als Tragwerksplaner für die sichere Statik, zudem kontrollieren sie als Prüfingenieure in behördlichem Auftrag die Pläne und überwachen deren Ausführung.
„Mannheimer Stein“
Das Mannheimer Architektur- und Bauarchiv (MAB) ist neben dem Freundeskreis Marchivum einer der beiden Fördervereine des Marchivums.
Er ehrt alle zwei Jahre mit dem „Mannheimer Stein“ Persönlichkeiten und Institutionen, die sich um die Dokumentation und Erforschung der Architektur- und Baugeschichte der Stadt verdient gemacht haben.
Der rote Sandstein stammt aus Gewölbequadern des ehemaligen Palais‘ Riaucour-Waldkirch in N 2, 4. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach ganz abgerissen.
Die Verleihung ist immer am 17. März, dem Tag der Grundsteinlegung der Festung Friedrichsburg 1606.
Ausgezeichnet wurden bisher unter anderem die Gartenstadt-Genossenschaft, der damalige Landesbank-Vorstand Peter A. Kaemmerer, Niels Gormsen, die Bilfinger + Berger Bau AG, Walter Hofmann (früher im Architekturbüro Speer), Mäzen Heinrich Vetter, Oberbürgermeister a. D. Gerhard Widder, Rudolf Günther, Pia und Mushin Müller, Jörg Schadt, Georg Müller als Vorsitzender des Vorstands der MVV Energie AG, die Architekten Andreas Plattner, Karl Schmucker und Peter Plachetka, Barbara Ritter, Vorstandsmitglied des Vereins Rhein-Neckar-Industriekultur, sowie Maritta und Werner Kaltenborn. pwr
Eine herausragende Rolle hat gerade Späh nach den Worten von Harald Stockert wie von Martin Krauß beim Umbau des Ochsenpferchbunkers zum Marchivum gespielt. Die Zwischendecken seien nämlich „für Menschen ausgelegt gewesen, nicht für Papier“, so Krauß. „Wir sind daher das am besten gewogene Archiv“, ergänzte Stockert, denn die Einlagerung weiterer Akten ist zwar möglich, aber deren Gewicht muss so austariert werden, damit die Decken gleichmäßig belastet werden.
„Eine herausragende statische Leistung“ sei die Umnutzung und Aufstockung des Bunkers gewesen, so Oberbürgermeister Specht. So sei ein stadtbildprägender Bau, ja sogar eine Art „Elphi von Mannheim am Neckar“ entstanden, so Specht: „Ich hätte das damals nicht für möglich gehalten, dass wir das einigermaßen im Zeit- und Kostenplan schaffen, bei all den Risiken“, erinnert er sich an den Baubeginn. Späh sei da „eine großartige Leistung“ gelungen, so Specht anerkennend. Als ehemaliger Sicherheitsdezernent sei er auch stets dankbar gewesen, wenn Späh – der dazu Tag und Nacht von der Feuerwehr als Sachverständiger alarmiert wird – bei Großeinsätzen geholfen habe, etwa drohende Einsturzgefahren einzuschätzen. „Er war ein verlässlicher Partner“, und durch ihn habe er auch gelernt, was ein „hydraulischer Grundbruch“ sei (die Ursache für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs) und wie man dem begegnen könne, „als nach einem Starkregen am Flugplatz eine Baugrube abzurutschen drohte“.
„Großen Respekt“ äußert Specht aber auch davor, dass die Tragwerksplanung oder statische Überprüfung zahlreicher Mannheimer Gebäude wie Schloss-Sanierung, SAP Arena, Variohalle, Kunsthallen-Neubau, Teehaus, Flugplatz und vieler Geschäftshäuser auf die Leistung von Bräuer + Späh zurückgehe.
„Wir haben tatsächlich viele Gebäude in Mannheim mitgestalten dürfen, für Standsicherheit gesorgt und die Baukultur mitgeprägt“, blickt Felix Späh dann auch im Namen seines Partners dankbar zurück. In den Dank beziehe er auch seine Mitarbeiter für die „sensationelle Zusammenarbeit“ mit ein. Dabei sei ihm neben dem Schloss wirklich der Ochsenpferchbunker eine besondere Herzensangelegenheit gewesen – trotz aller Herausforderungen mit unterschiedlich dicken Decken sowie Stahl von teils minderer Qualität. „Aber wir haben ihn in einen friedlichen Ort zur Bewahrung der Geschichte und der Kultur verwandelt.“ Er hoffe, dass „wir in Europa weiter in Frieden leben dürfen“, so Späh nachdenklich: „Ich will niemals einen Auftrag zum Neubau eines Bunkers annehmen müssen.“
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