In den 1970er Jahren setzte in der Fußballszene eine neue Entwicklung ein. Geld begann bei den zumeist klammen Vereinen eine immer größere Rolle zu spielen, so dass neue Werbeformate der Sponsoren gesucht wurden. Der VfR Frankenthal und der ASV Landau hatten in der Region eine Vorreiterrolle eingenommen und ihren Vereinsnamen um Sponsorenbezeichnungen ergänzt. Dem VfR Pegulan Frankenthal und dem ASV Gummi-Mayer Landau folgten später dann noch der VfR (OLI) Bürstadt und auch der SV Waldhof. Im Juni 1972 hatten die Blau-Schwarzen nach einer dramatischen Aufstiegsrunde die ersehnte Rückkehr in die Regionalliga Süd geschafft. Die Geldprobleme, um den Spielbetrieb in der Zweitklassigkeit zu stemmen, blieben aber präsent und so suchten die Verantwortlichen nach Möglichkeiten, die Mannheimer für die Regionalliga aufzustellen. Eine eingeleitete Spenden-Aktion unter der Bezeichnung „Regionalliga-Hilfe SV Waldhof“ brachte zwar knapp 30.000 Mark, aber nicht den erhofften Befreiungsschlag ein. In einer am 29. Juli 1972, also vor genau 50 Jahren, einberufenen Mitgliederversammlung sollte nun ein von SVW-Finanzchef Dr. Gerhard Zeilinger eingebrachter neuer Weg eingeschlagen und beschlossen werden. Als „eine der wichtigsten Versammlungen seit Jahren“ wurde die Sitzung gepriesen, auf der Tagesordnung fand sich der Punkt „Waldhof als Werbeträger einer Großfirma“.
Deutliche Mehrheit stimmt zu
Einige Wochen zuvor hatten Zeilinger und der Spielausschussvorsitzende Heinz Wetzel den Unternehmer Carlo von Opel in dessen Firma Chio-Chips in Frankenthal besucht. „Es waren von Anfang an sehr freundschaftliche Gespräche. Wir haben uns schnell darauf geeinigt, dass Chio in den Vereinsnamen aufgenommen wird und in der damals zulässigen Größe auf den Trikots getragen wird“, erinnert sich von Opel. In Mitgliederkreisen wurde diese einschneidende Veränderung lebhaft diskutiert. Das Hauptargument der Kritiker war, warum der Verein, der die Karre selbst aus dem Dreck gezogen hat, mithilfe einer guten Vorstandschaft die Finanzen geordnet und die Rückkehr in die Regionalliga geschafft hat, nun einen Teil der Eigenständigkeit aufgeben wolle. Finanzchef Dr. Zeilinger wurde damals im Mannheimer Morgen zitiert: „Mit der Kooperation haben wir jetzt eine konstante Größe, die uns davor bewahren wird, zum Klotz von noch immer 300 000 Mark Schulden weitere Belastungen in Form von Krediten auf uns nehmen zu müssen. Wir sehen in der geplanten Maßnahme die logische Weiterentwicklung der Vereinsführung. Was wir vorhaben, ist mit Sicherheit im Süden nur der Anfang einer Entwicklung.“ Mit einer überwältigenden Mehrheit von 285:15 Stimmen wurde von der Mitgliederversammlung die vom Vorstand beantragte Kooperation mit Chio-Chips genehmigt. Für den zunächst auf zwei Jahre angelegten Werbevertrag unterstützte die Frankenthaler Firma den SV Waldhof mit 190 000 Mark. Carlo von Opel, der damit einhergehend in den Vorstand des SV Waldhof gewählt wurde, berichtet heute vom Erfolg für sein Unternehmen, den das Sponsoring auf der Waldhof-Brust gebracht hat: „Das hat uns sehr gut getan und hatte eine größere Wirkung als anfangs gedacht.“
„Kartoffelkäfer!"
In der nur zwei Tage später startenden Regionalliga-Saison tauchte der Klub nun unter der Bezeichnung Chio Waldhof auf. Die Feuertaufe unter neuem Namen ging zwar mit 1:2 gegen den FC Schweinfurt 05 verloren, dennoch zeigten die Mannheimer eine ansprechende und beflügelte Leistung in der neuen Liga. Mit den Monaten entstand für die durch einen Kartoffelchips-Hersteller gesponserten Waldhof-Spieler ein Spitzname. „Die Rufe als Kartoffelkäfer waren bei Auswärtsspielen unüberhörbar“, bestätigt der damalige Spieler Günter Sebert. Nach drei Jahren erfolgte eine Umbenennung in SV Chio Waldhof, weitere drei Jahre später trat der Klub als SV Waldhof Mannheim an und nahm den Stadtnamen auf. Nach sechs Jahren war die Ära Chio-Chips beim SVW beendet.
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