Mannheim. Es knirscht gewaltig im Verhältnis zwischen den organisierten Fans des SV Waldhof und der Spitze der Spielbetriebs-GmbH des Fußball-Drittligisten. Fan-Vertreter sprechen schon davon, dass das Tischtuch mit Geschäftsführer Markus Kompp zerschnitten ist. Stein des Anstoßes ist die geplatzte Fortführung eines Kooperationsvertrags zwischen der Spielbetriebs-GmbH und dem Fandachverband „Pro Waldhof“ (PW). Kompp verweigert nach Angaben von PW die Unterschrift unter eine neue Vereinbarung, der Geschäftsführer wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Ursachen des Disputs reichen allerdings weiter zurück.
Vor einer Woche hatte PW unter der Überschrift „Stimmung und bunte Bilder gerne, Teilhabe und Mitsprache nein danke“ einen Brief veröffentlicht, der einem Frontalangriff auf Kompp gleichkommt. Dem SVW-Geschäftsführer wird in dem Schreiben zwischen den Zeilen ein Desinteresse für die Belange der Fans vorgeworfen: Die Anhänger seien als Stimmungsmacher im Stadion gerne gesehen, echte Mitbestimmung sei aber nicht erwünscht. Der Vertragstext, der seit Juli 2020 in der Abstimmung ist, sei von Kompp kurzfristig und ohne Rücksprache geändert worden. Der Geschäftsführer verteidigt sich und hält PW eine „falsche Darstellung“ des Sachverhalts vor. Die Fronten sind verhärtet.
Die Geschichte, wie sie der Fandachverband erzählt, liest sich folgendermaßen: Auf Initiative von Hans-Jürgen Pohl, Vorsitzender des Clubs der Ehrenmitglieder und Goldnadelträger (CEG) beim SVW, habe es im Sommer 2020 mehrere Gesprächstermine zwischen Vertretern der Spielbetriebs-GmbH und PW gegeben. Das Ziel: Die Fortführung des seit über zehn Jahren bestehenden Kooperationsvertrags zwischen PW und dem SVW. Kernpunkte dieser Vereinbarung waren etwa die frühzeitige Information über die Dauerkartenpreise, ein Werbeverbot vor dem Fanblock in der Otto-Siffling-Tribüne (OST), das Vorgehen bei Stadionverboten oder die Ausrichtung des traditionellen ersten Vorbereitungsspiels im Schlammloch durch den Fanverband.
Im September 2020 soll es laut PW nach „mühsamen“ Verhandlungen zu einer Einigung gekommen sein, der auch Kompp zugestimmt habe. Unterschrieben worden sei der Kooperationsvertrag aber von Seiten der Spielbetriebs-GmbH nie. Nach Angaben der Fan-Vertreter sei ihnen etwa vorgehalten worden, dass der Erlös aus einer Spendenpulli-Aktion in Höhe von 6000 Euro nur für den Hauptverein vorgesehen gewesen sei. Auch ein weiterer Vermittlungsversuch einer Neufassung im Frühjahr 2021, initiiert von GmbH-Aufsichtsratsmitglied Fabian Schumacher, sei letztlich gescheitert, „da unabgesprochen längst finalisierte Passagen abgeändert wurden“. PW hat die Verhandlungen nun abgebrochen.
Persönliche Beleidigungen
„Wir sind nicht mehr bereit, wieder Änderungen von bereits Vereinbartem, Hinhaltetaktiken oder sonstige taktische Manöver hinzunehmen. Der Kooperationsvertrag galt stets als bewährte Basis für die Zusammenarbeit von PW und SVW. Gerade in der gegenwärtigen Situation eines stark belasteten Verhältnisses zwischen organisierten Fans und der Spielbetriebs-GmbH bedürfte es aus unserer Sicht einer solchen Vereinbarung als Grundlage, auf der wir Schritt für Schritt in einem neuen Vertrauensverhältnis zusammenfinden“, schrieb der Fanverband. Doch „durch das Agieren der GmbH rund um die Mediationsgespräche und den Kooperationsvertrag“ seien „die Bemühungen hierfür leider zunichte gemacht und das Verhältnis zwischen organisierten Fans und GmbH weiter belastet“ worden.
Kompp will das so nicht stehen lassen. Der Geschäftsführer sieht sich spätestens seit der Reaktion des Vereins auf den Spielabbruch in der Relegation gegen Uerdingen im Jahr 2018 Angriffen der aktiven Fanszene ausgesetzt. Damals waren der Fanszene Privilegien wie die Selbstorganisation der Otto-Siffling-Tribüne entzogen worden. Auf Spruchbändern und in Sprechchören wird Kompp während der Heimspiele seitdem in unregelmäßigen Abständen scharf angegangen. Es kommt auch zu Grenzüberschreitungen mit persönlichen Verunglimpfungen, wegen derer in Hoffenheim schon einmal ein Bundesliga-Spiel abgebrochen wurde.
Dass diese Kränkungen bei den langwierigen Verhandlungen um den Kooperationsvertrag eine Rolle gespielt haben könnten, streitet Kompp ab. „Die Beleidigungen wurden von mir nicht thematisiert. Vielmehr wurde PW von Herrn Pohl und weiteren Teilnehmern darum gebeten, entsprechend auf die Beleidiger einzuwirken. PW hatte sodann seine Einflussmöglichkeit hierauf abgestritten“, sagte der Geschäftsführer am Montag dieser Redaktion. Er blende die Schmähgesänge mittlerweile aus, da sie „keine sachliche Kritik als Basis“ hätten.
Kompp, der das Vertrauen von Präsident Bernd Beetz genießt, arbeitet seit 2016 beim SV Waldhof. Im Frühjahr war sein Vertrag in Mannheim um drei weitere Jahre verlängert worden. Entgegen der sonst üblichen Gepflogenheiten beim SVW wurde diese Personalie allerdings nicht in einer Pressemitteilung kommuniziert, sondern beiläufig im Rahmen eines Interviews von Mäzen Beetz bekannt gegeben.
Kompps weithin unangefochtene Position an der Spitze der Spielbetriebs-GmbH neben Sport-Geschäftsführer Tim Schork kann die teils heftige Kritik aus der Fanszene nichts anhaben. Auch den Vorwurf, die Spendenpulli-Aktion von PW zugunsten des Hauptvereins habe ihn verärgert, weist der 39-Jährige weit von sich. „Dies war nie ein Thema und ich freue mich natürlich über jede Unterstützung des SVW. Wir arbeiten im e.V. und der GmbH gut zusammen, zuletzt bei der Planung für ein Nachwuchsleistungszentrum. Dieser unberechtigte Vorwurf verwundert uns alle sehr, war nie Thema und soll scheinbar nur dazu dienen, einen Mythos aufrecht zu erhalten“, entgegnete Kompp.
„Eine Opposition gegen mich“
Der PW-Darstellung rund um die gescheiterte Fortführung des Kooperationsvertrags widerspricht der Geschäftsführer ebenfalls mit Vehemenz. „Da hier mehrere Personen und Gremien die Gespräche geführt und Entscheidungen getroffen haben, ist die falsche Darstellung zumindest für uns intern kein Thema, wenn auch enttäuschend. Eine Richtigstellung wäre aber an dieser Stelle auch nicht zielführend. Fakt ist, ein zwischenzeitlicher Verhandlungsstand wurde vom Aufsichtsratsvorsitzenden (Christian Beetz, d. Red.) aufgrund einer Diskrepanz zwischen Rechten und Pflichten abgelehnt und zur Nachbesserung an PW und zwei Aufsichtsräten in den Verhandlungsprozess zurückgegeben. Fakt ist auch, dass nach diesem weiteren Prozess PW selbst eine Unterzeichnung gegenüber den Aufsichtsräten abgelehnt hatte“, erklärte Kompp.
Können der Geschäftsführer und die organisierte Fanszene des SV Waldhof zumindest mittelfristig ihren Streit beilegen und wieder zusammenfinden? Wenn man die Aussagen aus beiden Lagern hört, muss man skeptisch sein. „PW hatte mir Ende 2018 mitteilen lassen, dass Sie ab sofort eine Opposition gegen mich bilden werden, wenn wir das mit den Sicherheitsbehörden vereinbarte Konzept zur Wiedereröffnung der OST nicht zur Korrektur vorab übermitteln. Diese Art der ,Zusammenarbeit’ war seinerzeit zum Schutz der Glaubwürdigkeit des gesamten SVW undenkbar“, sagte Kompp. Er habe den Vertretern von PW „mehrfach persönlich mitgeteilt und mitteilen lassen, dass Sie im Sinne der Sache die Opposition bitte wieder verlassen sollen“ und „die Vergangenheit für den gemeinsamen sportlichen Erfolg des SVW einfach Vergangenheit sein lassen sollten“. Eine Annäherung scheint indes zumindest zeitnah sehr schwierig.
„Da es nicht um Inhalte geht, kann ich hier auch keine weiteren inhaltlichen Schritte auf PW zugehen, sondern lediglich auch an dieser Stelle meine Bitte wiederholen, sich wieder positiv beim SVW einzubringen. Ob mit oder ohne schriftliche Vereinbarung“, erklärte Kompp.
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