Mannheim. Ist das Kunst oder kann das weg? Gerade mal vier Stunden brauchen zwei Männer, um am Mannheimer Hauptbahnhof 1000 Einwegbecher zu sammeln - aber dann viermal so lange, um mit einem Baumstamm und einer Lichterkette einen Weihnachtsbaum daraus zu basteln. Der stand am Samstagabend ab 17 Uhr zwischen dem Parkhotel und der Kunsthalle. Und der Nikolaus trug ein Anti-Verschwendung-Gedicht vor.
„34 Becher pro Kopf und Jahr – das ist wahrlich sonderbar“, reimt Uwe Franken, der bis vor Kurzem Mitglied der Umweltaktion Surfrider war und am Samstag unter der roten Kutte und dem weißen Bart steckt. „Einweg, so praktisch, so leicht zu entsorgen – doch was wir nicht sehen, sind Müllberge morgen.“ Sein Anliegen, das er gemeinsam mit Alex Baum und Damian Dworatzek direkt an der Fußgängerampel Richtung Weihnachtsmarkt vertritt, wird deutlich: Sie bezeichnen die Einwegbecher als Umweltsünde.
1000 Becher an einem Wochentag am Hauptbahnhof gesammelt
Als eine, die ihrer Ansicht nach, leicht aus der Welt geschaffen werden könnte. „Das ist gar nicht so schwer, man muss sich überwinden und einen Mehrwegbecher kaufen“, sagt Franken. Es scheitere an der Bequemlichkeit der Menschen.
Gesammelt wurden die 1000 Becher an einem Wochentag am Hauptbahnhof. „Das war teilweise eklig“, schildert Alex Baum, in dessen Wohnung die Getränkepackungen nicht nur gelagert, sondern auch gespült wurden. Darin waren vorher schließlich Kaffee, Milchprodukte und die eine oder andere ausgedrückte Zigarettenkippe. Das von den drei Männern in Anlehnung an Christmas-Tree auf den Namen Cup-Mess-Tree - auf Deutsch etwa Becher-Misere-Baum - getaufte Kunstwerk entstand in ein paar Nachtschichten.
Verziert sind die Getränkeverpackungen sämtlicher bekannter Fast-Food-Ketten und Bäckereien mit einer Lichterkette. Auf der Spitze leuchtet ein Stern, der aus Capri-Sun-Päckchen gebastelt wurde. Mit der Bahn transportieren die drei Männer die unteren Reihen des Baums am Samstag schließlich in die Innenstadt, wo die letzten Teile zusammengebaut wurden.
Gleich dreifach sensibilisieren
Etwa 32.000 Einwegbecher werden den drei Männern zufolge jeden Tag alleine in Mannheim benutzt. Deutschlandweit seien es 320.000 pro Stunde. Um den Jahresbedarf in Deutschland zu decken, würden 43.000 Bäume benötigt - das, so schreiben Baum, Dworatzek und Franken auf einem Plakat, entspreche 60 mal der Fläche des Käfertaler Waldes.
Am Rande des Weihnachtsmarkts bekommt der Baum einige Aufmerksamkeit, viele Menschen bleiben stehen und lauschen dem Gedicht des Nikolaus‘, bei dem eine KI geholfen hat. Sensibilisieren wollen Franken, Baum und Dworatzek gleich dreifach: Die Politik, die solche Einwegverpackungen verbieten solle. Die Unternehmen, die sie aus dem Sortiment verbannen sollten. Und die Endverbraucher, die auf Mehrweg umsteigen sollten. „Mehrwegbecher, das ist der Hit. Spart Energie und macht Monnem fit“, reimt Franken auch ohne Goldenes Buch und Rute. Und der Anti-Pappbecher-Nikolaus gibt gleich noch einen Geschenktipp mit auf den Weg: „In Monnem unter dem Weihnachtsbaum da wird der Becher zum Weihnachtstraum.“
Wie es mit dem Pappbecher-Kunstwerk weitergeht, steht noch nicht fest. Vielleicht, so die drei Männer, feiert der Baum beim Neujahrsempfang der Stadt am 6. Januar ein Comeback.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wieso-am-mannheimer-weihnachtsmarkt-ein-weihnachtsbaum-aus-pappbechern-steht-_arid,2157890.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html