Klimawandel

Wie sich das Klima in Mannheim verändern wird

Mehr Hitzetage, mehr tropische Nächte: Die Stadt wird in den nächsten Jahrzehnten wärmer, zeigen Klimamodelle. Das Ausmaß der Veränderung haben wir Menschen allerdings noch in der Hand

Von 
Tatjana Junker
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Mannheim/ Hamburg. Ob Starkregen oder Niedrigwasser - der Klimawandel macht sich auch in Mannheim längst bemerkbar. Schon heute liegt unsere Stadt in einer der wärmsten Regionen Deutschlands. In den nächsten Jahrzehnten wird es in Mannheim höchstwahrscheinlich noch mal deutlich heißer: Das zeigt der Klimaausblick, den das Hamburger Forschungsinstitut Gerics für Mannheim ausgewertet hat. Das Ausmaß der Klimaveränderung können wir aber noch beeinflussen, zeigen die Modelle - wenn wir es schaffen, den globalen CO2-Ausstoß deutlich zu senken.

Wer steht hinter dem Klimaausblick für Mannheim?

Den Klimaausblick für Mannheim hat das Gerics entwickelt - das Climate Service Center Germany in Hamburg. Es wurde 2009 von der Bundesregierung ins Leben gerufen und gehört zum Helmholtz-Zentrum Hereon. Aktuell arbeiten bei Gerics rund 70 Menschen. Zentrale Aufgabe des Instituts ist es, wissenschaftlich fundierte Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft bei der Anpassung an den Klimawandel helfen sollen. So sollen beispielsweise Stadtplaner Neubaugebiete gleich so entwickeln können, dass sie an veränderte Klimabedingungen angepasst sind. Auch für Standortentscheidungen von Unternehmen können solche Informationen relevant sein. Das Gerics hat deshalb schon vor einiger Zeit für alle 401 Landkreise in Deutschland individuelle Klimaausblicke entwickelt - darunter auch für Mannheim.

Was wurde in den Klimaausblicken untersucht?

Die Klimaausblicke zeigen, wie sich das Klima im jeweiligen Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt bis Ende des Jahrhunderts aller Wahrscheinlichkeit nach entwickelt. Dabei werden jeweils drei unterschiedliche Klimaschutz-Szenarien berücksichtigt. Grundlage dafür sind die Emissionspfade (Representative Concentration Pathways, kurz RCP), die der fünfte Sachstandsbericht des UN-Weltklimarats IPPC definiert hat.

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Das erste Szenario (RCP8.5) geht davon aus, dass die internationale Gemeinschaft beim Klimaschutz - wie bisher - nur wenig vorankommt. In diesem Szenario steigen die weltweiten Treibhausgasemissionen weiter kontinuierlich an und stabilisieren sich erst zum Ende des 21. Jahrhunderts auf einem sehr hohen Niveau. Das zweite Szenario (RCP4.5) geht davon aus, dass die Emissionen erst mal noch etwas ansteigen und dann ab Mitte des Jahrhunderts sinken. Das dritte Szenario (RCP2.6) setzt sehr ambitionierten Klimaschutz voraus und sieht bis Ende des 21. Jahrhunderts sogar negative Emissionen vor - also eine Netto-Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre.

Wie wird sich das Klima in Mannheim bis Ende des Jahrhunderts entwickeln?

Eines lässt sich laut dem Gerics-Klimaausblick ziemlich sicher sagen: In Mannheim wird es in den nächsten Jahrzehnten wärmer - und zwar selbst dann, wenn es der Weltgemeinschaft gelingt, den ambitioniertesten der drei Emissionspfade einzuschlagen. „Wir sehen in den Ergebnissen, dass selbst in einem Szenario, in dem wir viel Klimaschutz umsetzen, Änderungen auf uns zukommen, auf die wir uns vorbereiten müssen“, sagt Klimaforscherin Diana Rechid, die am Gerics die Abteilung regionaler und lokaler Klimawandel leitet.

Wie stark der Temperaturunterschied allerdings ausfällt, lässt sich laut Rechid durchaus noch beeinflussen. So ist in dem Szenario mit viel Klimaschutz damit zu rechnen, dass es bis Ende des Jahrhunderts in Mannheim zwischen 0,5 und 1,7 Grad wärmer sein wird als in der Klimaperiode zwischen 1971 bis 2000. Das ist der Referenzzeitraum, den das Gerics bei seiner Analyse zugrunde gelegt hat. Im Szenario mit wenig Klimaschutz dürfte der Temperaturanstieg deutlich höher ausfallen: Er liegt dann zwischen 2,7 bis 5,3 Grad.

Wie macht sich die Klimaveränderung in Mannheim noch bemerkbar?

Etwas greifbarer wird der Klimaausblick vermutlich, wenn man weitere Indikatoren anschaut, zum Beispiel die Anzahl der heißen Tage. Das sind Tage, an denen die-30 Grad-Marke überschritten wird. Auch hier fällt die Prognose für Mannheim je nach Emissionspfad sehr unterschiedlich aus: Im Szenario mit viel Klimaschutz dürfte es in Mannheim bis Ende des Jahrhunderts zwischen 0,4 und 14 zusätzliche Tage im Jahr geben, an denen mehr als 30 Grad gemessen werden.

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Zum Vergleich: Im Szenario mit wenig Klimaschutz liegt die Spanne bei 6,2 bis 67,6 zusätzlichen heißen Tagen im Jahr, im mittleren Szenario bewegen wir uns zwischen 1,5 und 28,6 zusätzlichen Hitzetagen. Auch bei der Anzahl der Tropennächte - also Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt - ist je nach Szenario ein deutlicher Anstieg in Mannheim zu erwarten.

Wie sieht es künftig im Winter in Mannheim aus?

Auch im Winter wird es laut Gerics-Klimaausblick in Mannheim wärmer. Gleichzeitig wird es weniger Frost- und Eistage geben, also Tage, an denen die Temperatur unter Null fällt beziehungsweise den ganzen Tag unter Null bleibt. So könne es sein, dass es je nach Klimaschutzszenario in Mannheim bis Ende des Jahrhunderts gar keine Eistage mehr gebe. Diana Rechid: „Einerseits ist das vielleicht für manche Dinge vorteilhaft, dass diese Tage nicht mehr auftreten, zum Beispiel für manche unserer Infrastrukturen. Aber wir haben auch ganz viele Ökosysteme, die von diesen Temperaturen abhängen.“ Die Wissenschaftlerin nennt als Beispiel die Vegetationsruhe. „Die Bäume und Pflanzen brauchen eine bestimmte Phase, in denen diese niedrigen Temperaturen auftreten, um dann überhaupt wieder im Frühjahr auszutreiben und damit ihr natürlicher Rhythmus weiterhin funktioniert.“

Wie verlässlich ist der Klimaausblick des Gerics?

In die Ausblicke des Gerics sind Klimasimulationen von Institutionen aus ganz Europa eingeflossen, entsprechend breit ist die Datenbasis. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geben außerdem bei ihrer Prognose zum Beispiel für die erwartete Zunahme von heißen Tagen oder Tropennächten nie konkrete Einzelwerte an, sondern immer eine Spanne. Die ist zwar teilweise ziemlich weit, dafür ist laut Rechid aber auch die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wir in der Realität irgendwo innerhalb dieser Spanne landen werden.

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