Nein, wirklich intensiv konnte sich Dirk Grunert bislang noch nicht mit dem Thema Stottern beschäftigen. Zwar steht der vom 1. bis 3. Oktober in Mannheim stattfindende Kongress der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe beim Druck dieser Ausgabe kurz bevor, aber die Aufzeichnung des „Ppppodcast“-Gesprächs fand terminbedingt bereits vor zwei Wochen statt. „Meistens habe ich erst kurz vor einem Kongress Zeit, mich mit Themen auseinanderzusetzen, damit mein Wissen frisch ist“, sagt der Bürgermeister für Jugend, Familie, Bildung und Gesundheit im Gespräch mit dem stotternden Moderator und Redaktionsmitglied Sebastian Koch.
Der Grünen-Politiker Grunert wird also gut vorbereitet beim Bundeskongress als Schirmherr agieren. Vor allem der Titel habe ihn neugierig gemacht: „Selbst.Bewusst.Stottern“. Wie aber gelingt es, sein Stottern selbstbewusst zu verkaufen, soll der nicht-stotternd sprechende Bürgermeister im Ppppodcast erklären. „Ich glaube, es hängt einerseits davon ab, wie man selbst mit dem Stottern umgeht.“ Gleichzeitig sei der eigene Umgang mit dem Handicap davon geprägt, „wie das Umfeld auf das Stottern reagiert“. Schnell könne es etwa in der Schule zu Hänseleien und Mobbing kommen, fürchtet Grunert. „Dann ist es ganz schwer, mit dem Stottern selbstbewusst umzugehen.“
Selbsthilfe in Mannheim
- Der Gesundheitstreffpunkt der Stadt gibt stotternden Mannheimer Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Hierfür werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht.
- Interessierte für die Gruppe „raus damit“ werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 0621/339 18 18 zu melden. Es soll eine „offene Gruppe“ gegründet werden, eine „unverbindliche Teilnahme ist jederzeit möglich“, teilt der Gesundheitstreffpunkt mit.
- Für junge Stotternde bis etwa zum 35. Lebensjahr bietet die Flow-Selbsthilfegruppe Heidelberg eine Anlaufstelle. Interessierte können sich per Mail an martin.seefeld@stottern-bw.de wenden.
Auf dem nun stattfindenden Kongress wolle man an Konzepten arbeiten, wie der Umgang mit dem Stottern dem Motto getreu funktionieren könne, teilen die Veranstalter indes zwei Tage vor Beginn der Tagung dieser Redaktion mit. Etwa 200 Gäste – Betroffene und Experten – versammeln sich an den drei Tagen in der Jugendherberge, darunter namhafte Experten wie Hartmut Zückner oder Georg Thum sowie der Vorstand der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe, etwa Anja Herde, die in der 1. Staffel (Folge 7) Betroffenen und Personalern Tipps im Umgang mit dem Stottern in Bewerbungsverfahren gegeben hat.
Erfahrungen in der Schulzeit
Neben Vorträgen sollen Workshops „den Kongress bereichern und ein breites Angebot zum Austausch ermöglichen“, heißt es vom Veranstalter, der zudem darauf hinweist, dass für das Publikum auch während der Vorträge in geschlossenen Räumen Maskenpflicht gelte. Alle Besucherinnen und Besucher müssen außerdem einen negativen Corona-Test, eine Impfung oder eine Genesung nachweisen. Spontan Interessierte können laut Veranstalter noch mit Tagestickets am Kongress teilnehmen, eine Übernachtung in der Jugendherberge ist allerdings nicht mehr möglich.
Zurück zum Ppppodcast und Dirk Grunert: So ganz „unerfahren“ im Umgang mit dem Stottern ist der Politiker doch nicht. Die Anfrage zur Schirmherrschaft habe ihn daran erinnert, dass er in seiner Schulzeit stotternde Mitschüler erlebt hat. In dieser Zeit, in den 1980er-Jahren, habe es „natürlich in der Schule Situationen“ gegeben, „in der stotternde Mitschüler, die ich kannte, nicht in jeder Situation so behandelt wurden, wie man sich das heute erhofft“.
Episoden kostenlos abrufbar
Und wie ist das heute? Wie kann die öffentliche Verwaltung einer Großstadt Betroffenen helfen, die aufgrund eines Handicaps wie dem Stottern Probleme (nicht nur in der Schule) erfahren? Wie kann der Umgang von Nichtbetroffenen mit Stotternden sensibilisiert werden? Und was erhofft sich der Schirmherr von dem dreitägigen Kongress? Das ist von diesem Donnerstag an kostenlos auf der Webseite dieser Redaktion sowie auf Spotify, Apple Podcast und Deezer zu hören.