Klimaschutz

Wie der Mannheimer Rosengarten mit Kinderstimmen klimafreundlicher werden soll

Klimaneutral in vielen kleinen Schritten: Welche Schritte das sind und welche Anreize das Mannheimer Kongesszentrum Rosengarten seinen Kunden bei Events dafür setzt.

Von 
Peter W. Ragge
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Der sprechende Mülleimer – dank der Kinderstimmem unter anderem von Lias (10 Jahre), Mats (7 Jahre) und Jonah (6 Jahre). © Christoph Blüthner

Mannheim. Sie klingen hell, freundlich, fast vergnügt - aber sie haben einen ernsten Hintergrund: „Kleiner Beitrag, große Wirkung“ sagt eine Kinderstimme, „Jeder Einwurf zählt“ oder „Danke, dass Du den Rosengarten sauber hältst“. Sechs Kinder von Mitarbeitern des Kongresszentrums haben die Sprüche aufgenommen, die immer dann zu hören sind, wenn jemand die Klappe öffnet und etwas in die großen Mülltonnen vor dem Rosengarten wirft. Die Aktion ist „nur ein kleiner Baustein in einem großen Nachhaltigkeitskonzept“, sagt Bastian Fiedler, der Geschäftsführer der mannheim-congress-gmbh (m:con).

Abfalltrennung: Mannheimer Kongresszentrum setzt auf sprechende Mülleimer

Die vier großen Müllbehälter, vor und seitlich des Jugendstilbaus platziert, hat die m:con von der Bundesgartenschau übernommen. Auch dort waren sie schon „sprechende Mülleimer“. „Aber wir wollten keine Computerstimme, sondern haben lieber bei uns im Haus in unserem Studio etwas Eigenes aufgenommen“, so Fiedler. Daher bedanken sich nun die zwischen drei und elf Jahre jungen Stimmen und sagen: „Zusammen halten wir Mannheim sauber.“ Optisch gestaltet haben die Mülleimer Schüler der Tulla-Realschule. „Abfall war noch nie so kreativ“, schrieben sie auf das Metall.

Rosengarten wird klimaneutrales Kongresszentrum bis 2045

Innerhalb des Rosengartens wird das Publikum inzwischen gebeten, die Abfälle zu trennen. Für Restmüll, Papier und Plastik gibt es getrennte und entsprechend farblich gekennzeichnete Behälter. Und nicht nur die Gäste werden angesprochen, auch die Veranstalter. „Wir bieten bei Ausstellungen und Tagungen die Möglichkeit, dass nicht alles in einem Sack landet, sondern den Müll zu trennen. Das wird dann getrennt abgeholt“, so Fiedler.

Mülltrennung gibt es jetzt überall im Rosengarten – für die Besucher, aber auch hinter den Kulissen. © Christoph Blüthner

„Alles nur Kleinigkeiten“, so der Geschäftsführer - aber sie dienen in der Summe einem großen Ziel. Der Rosengarten will beweisen, dass sich Nachhaltigkeit und die Veranstaltungsbranche nicht ausschließen, sondern dass man „Schritt für Schritt“, so Fiedler, umweltfreundlicher werden kann. Dazu gibt es sogar eigens die Stelle einer Nachhaltigkeitsmanagerin, die m:con-Mitarbeiter wie auch Kunden berät. Das in der Unternehmensstrategie verankerte Ziel ist, im Geschäftsbetrieb die Kohlendioxidemissionen bis 2029 um mindestens 50 Prozent zu verringern. Bis 2045 strebt die m:con sogar Treibhausgas-Neutralität an.

Papierlose Verwaltung und vollständiges Recycling aller Papierhandtücher im Rosengarten

Das Müllkonzept ist da nur ein Schritt. In der Eva- und Sepp-Herberger-Lounge gibt es einen Wasserspender der Water is Right Foundation von Rolf Stahlhofen. Pro gezapftem Liter werden zehn Liter Trinkwasser an bedürftige Regionen gespendet. Zudem bezieht der Rosengarten bereits 100 Prozent Ökostrom.

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Ein Projekt mit der Marke Tork sorgt dafür, dass alle verwendeten Papierhandtücher vollständig recycelt werden - sie wandern zurück in den Produktionskreislauf neuer Hygieneprodukte, was den Abfall schon um 20 Prozent reduzierte. In den Büros hat die zunehmende Digitalisierung dafür gesorgt, dass der Papierverbrauch von drei auf eine Palette jährlich und die Reduktion der Druckgeräte um die Hälfte gelungen ist. Jegliche Art von Dokumenten und Verträgen kann digital signiert werden. Langfristig strebt die m:con einen nahezu papierfreien Bürobetrieb an.

Kongresszentrum Rosengarten plant Abstellplätze für Fahrräder

Selbst an so Kleinigkeiten wie Namensschilder wird gedacht. Für den Großteil der Kongresse nutzt die m:con Ausweishüllen. Darin werden die Namensschilder gesteckt, so dass sie trotz fehlender Beschichtung über die gesamte Veranstaltungsdauer lesbar bleiben. Diese Hüllen werden in Deutschland produziert, sind aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelbar. Geplant ist ein Test mit Namensschildhüllen, die noch einfacher über den Hausmüll recycelt werden können, um den Rücktransport zum Hersteller zu sparen.

Zudem hat die Umstellung auf LED-Beleuchtung begonnen - im Haus sind bereits etwa 30 Prozent des Gesamtvolumens an Leuchtmitteln getauscht. In einigen Bereichen des Kongresszentrums werden nach und nach Bewegungsmelder installiert, damit nur Licht angeht, wenn es nötig ist. Für 2025 ist die Einführung eines vollumfänglichen Energiemanagementsystems geplant. Geheizt wird in der Regel nicht über 23 Grad, gekühlt nicht mehr als sechs Grad unter Außentemperatur.

Ein Festmahl für Arme

  • Am 16. Dezember plant der Rosengarten eine ganz besondere Veranstaltung: „Das Festmahl.“ Vorbild ist die Weihnachtsfeier für Obdachlose und Bedürftige in Berlin, die der Sänger und Entertainer Frank Zander mit seiner Familie und vielen Mitstreitern schon seit 30 Jahren im Estrel-Hotel veranstaltet. Inzwischen gibt es viele Einrichtungen bundesweit, die ähnliche Veranstaltungen ausrichten.
  • „Wir bekommen so viel von der Stadtgesellschaft und sind ein fester Teil von ihr, daher wollen wir uns auch engagieren“, sagt m:con-Geschäftsführer Bastian Fiedler. Dazu sollen an dem Tag Menschen in den Rosengarten eingeladen werden, die sonst nicht zum Publikum gehören – Obdachlose, Bedürftige, ärmere Familien, ältere Menschen. „Wir wollen ihnen nicht nur Essen bieten, sondern einen schönen Tag machen – mit künstlerischem Programm und mit anderen Angeboten, vom Friseur über den Optiker bis zu Medizinern, die Untersuchungen machen“, so Fiedler. Die Vorbereitungen liefen, erste Zusagen gebe es schon. Wer noch mitmachen will, kann sich per E-Mail melden: info@mcon-mannheim.de.

Das nächste Ziel ist eine nachhaltige Anreise. „Da hilft uns, dass wir als Kongresszentrum sehr gut liegen, nah am Hauptbahnhof und gut angeschlossen an den Nahverkehr“, sagt Fiedler. Nach einer Mobilitätsumfrage 2023 nutzen aber erst neun Prozent der Besucher den Öffentlichen Nahverkehr, die Daten aus 2024 werden gerade ausgewertet. 40 Prozent kommen mit der Deutschen Bahn. Bei den großen Kongressen wird, etwa mit einem Kombiticket, dafür geworben, dass die Teilnehmer umweltfreundlich anfahren.

Vor Ort können Kongressteilnehmer kostenlos E-Scooter und Räder leihen. Für Gäste aus Mannheim und Region soll ein neuer Fahrradparkplatz entstehen. Dort, wo derzeit noch die Baucontainer für die Arbeiten am neuen Alice-Bensheimer-Saal stehen, sind 2026 etwa 20 zusätzliche Fahrradbügel geplant. „Bis es soweit ist, wird es eine Übergangslösung geben“, kündigt Fiedler an.

„Ein ganz großer Baustein“ ist nach den Worten des m:con-Chefs das Thema Catering. „Aber auch das sind wir angegangen und setzen es jetzt um, und wir haben mit Dorint einen Partner, der uns dabei auch gut unterstützt“, hebt er dankbar hervor. Dabei sei der Aufwand natürlich groß, räumt er ein: „Es ist eine Herausforderung.“ Ziel sei, ein Speisenangebot zu schaffen, das regional (maximal 200 Kilometer Umkreis) und saisonal sei. Dazu wurden eigens Buffetvorschläge für die verschiedenen Jahreszeiten ausgearbeitet. „Erdbeeren gibt es auf dem Buffet eben nur im Frühling“, nennt Fiedler als Beispiel.

Geringere Miete als Anreiz für den Klimaschutz

So soll der Anteil vegetarischer und veganer Speisen erhöht, dadurch die Hälfte des ökologischen Fußabdrucks gegenüber konventionellen Menüs gesenkt werden, „durch die Produkt- und Speisenauswahl, durch kürzere Lieferwege der regionalen Lieferanten und Produzenten“, erläutert Fiedler. Generell würden die Fleisch- und Fischportionen geringer ausfallen, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden.

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Auch große Getränkegebinde statt kleiner Flaschen oder ein Angebot zur Selbstbedienung gehören zu dem Konzept dazu. Geprüft wird, ob auch von Besuchern selbst mitgebrachte Behälter gefüllt werden können oder ob Pfandmodelle möglich sind. Je nach Veranstaltungsgröße wird Porzellan statt Plastik eingesetzt, bei Einweggeschirr auf korrekte Abfalltrennung geachtet.

Rabatt für Nachhaltigkeit von bis zu sieben Prozent

Dabei ist das alles nur ein Angebot. „Wer Seelachsfilet oder Krabben will statt regionaler Spezialitäten, der bekommt sie“, betont Fiedler: „Der Kunde entscheidet.“ Es handele sich nur um Handlungsempfehlungen, stellt er klar. Allerdings bietet die m:con ein Anreizsystem. Je mehr der Handlungsempfehlungen für Nachhaltigkeit ein Mieter umsetzt, umso mehr Rabatt bei der Raummiete erhält er - zwischen ein und sechs Prozent, Neukunden zwischen zwei und sieben Prozent.

Dabei werde die m:con zwar stichprobenartig nachschauen, aber nicht streng kontrollieren: „Wir vertrauen!“, versichert Fiedler. Unter allen Teilnehmern an der Rabattaktion schreibt die m:con für das nachhaltigste Veranstaltungskonzept einen Sonderpreis von 5000 Euro aus. „Das Geld kann er als Rabatt bei der nächsten Buchung einsetzen, für sich verwenden oder für ein soziales Projekt spenden“, so Fiedler.

Redaktion Chefreporter

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