Mannheim. Ein schwieriges oder gar kein Elternhaus, stattdessen Heimaufenthalte, mangelnde Bildung, schlechte Vorbilder, Drogen- oder Alkoholprobleme und vieles mehr lassen Menschen in die Kriminalität abrutschen. Wer dann etwa bei Diebstahl, Betrug, Drogendelikten, Sachbeschädigung oder gar Körperverletzung erwischt und verurteilt wird, der muss möglicherweise den Gang ins Gefängnis antreten.
Eine Chance hat er jedoch: Bleibt die Freiheitsstrafe unter zwei Jahren, kann der Richter die Strafe zur Bewährung aussetzen und außerdem einen Bewährungshelfer bestellen. Auch wer eine mehr als zweijährige Strafe bereits zu zwei Dritteln oder in manchen Fällen auch nur zur Hälfte abgesessen hat, kann für die restliche Zeit Bewährung bekommen.
Diese Option gilt dann, wenn das Gericht von einer positiven Sozialprognose ausgeht, das heißt, wenn der Richter aufgrund seines persönlichen Eindrucks davon ausgeht, dass sich der Angeklagte in Zukunft nichts zu Schulden kommen lässt.
Hauptamtliche Bewährungshelfer übernehmen schwere Fälle
Ordnungswidrigkeiten, wie etwa bei Rot über die Ampel gehen, werden geduldet, eine erneute Straffälligkeit führt dagegen zum Widerruf der Bewährung. Auch wenn die Auflagen des Gerichts nicht erfüllt werden, ist es vorbei mit der Bewährung. Das können Geldzahlungen zur Schadenswiedergutmachung sein, angeordnete gemeinnützige Arbeit oder die Weigerung, die Suchtberatung zu besuchen und ein Drogenscreening zu machen.
Mit der Bewährung, dieser Hilfe zur Selbsthilfe, soll der Straftäter wieder zurück in die Gesellschaft geführt werden. Ihm zur Seite steht, sofern der Richter es anordnet, ein Bewährungshelfer. In Mannheim sind seit 2009 zusätzlich zu den hauptamtlichen auch ehrenamtliche Bewährungshelfer tätig. Koordiniert werden sie durch die Bewährungs- und Gerichtshilfe. Diese Einrichtung des öffentlichen Rechts hat ihren Hauptsitz in Stuttgart und weitere acht Standorte im Land.
Ute Engel ist Leiterin der Einrichtung in Mannheim, damit zuständig auch für Heidelberg und Schwetzingen und verantwortlich für die derzeit 1500 Klienten im Kreis. Insgesamt sind derzeit 45 ehrenamtliche und 70 hauptamtliche Bewährungshelfer aktiv. Sie ist stets interessiert an ehrenamtlichen Mitarbeitern: „Willkommen sind uns Menschen aus allen Bevölkerungsschichten. Sie werden bei uns ausschließlich mit leichten Fällen betraut. Dort wo beispielsweise Suchterkrankungen, Sexualdelikte oder extreme Gewalt im Spiel sind, sind unsere hauptamtlichen Kräfte tätig.“
Bewährungshelfer müssen belastbar, offen und tolerant sein
Reiner Roon, ausgebildeter Sänger und Schauspieler, war als Bewährungshelfer bis 2024 bei über 30 Klienten am Start. Mehrheitlich hat er sie in die Freiheit begleitet. In den 14 Jahren seines Ehrenamts war er häufig betraut mit Fällen aus dem Bereich Körperverletzung. Er erläutert seine Erfahrungen: „Manche Menschen sind durch Erziehung und auch Wesensart nicht in der Lage, in Stresssituationen anders als körperlich zu reagieren. Jähzorn und auch die Lust an der Gewalt führen dann zu Übergriffen.“ Der ehemalige Bewährungshelfer, 1,90 Meter groß und selbst schon im fortgeschrittenen Alter, diente den männlichen Klienten bisweilen als Vaterfigur und konnte auf diese Weise Positives bewirken.
„Aber auch die Partner“, führt er aus, „spielen eine wichtige Rolle.“ So gelang es einem jungen Mann mit Migrationshintergrund ohne Ausbildung, sich wieder einzugliedern. Er hatte Diebstahl in seiner Firma begangen und entwickelte dann an der Seite seiner ehrgeizigen Freundin einen enormen Willen, sich zu bewähren und damit eine gemeinsame Zukunft zu ermöglichen.
Bewährung kann widerrufen werden
Ralf Jedanowski ist seit 2022 aktiv. Ehemals im Vertrieb in der Energiewirtschaft tätig, möchte er sich im Ruhestand für die Gesellschaft engagieren. Er berichtet über einen Klienten, bei dem die Bewährung nach langem Hin und Her widerrufen wurde: „Mein Klient hatte auf Kleinanzeigen Produkte angeboten, ohne die Ware zu liefern und die überwiesene Summe eingestrichen. Alle Bemühungen, ein Vertrauensverhältnis aufbauen, liefen ins Leere.
Es kamen immer nur zögerliche Auskünfte, vereinbarte Termine wurden nicht eingehalten und falsche Unterschriften tauchten auf angeblichen Ausbildungsverträgen auf. Am Ende wurden neuen Betrügereien bekannt, und das war es dann. Das hinterlässt schon Frust, aber ich habe auch positive Erfahrungen gemacht und werde auf jeden Fall weiter dabei bleiben.“ In der Tat schaffen es in Mannheim 80 Prozent der Straftäter, die Bewährung erfolgreich abzuschließen und entgehen somit dem Freiheitsentzug.
Reiner Roon wirkt inzwischen beim Besuchsdienst der evangelischen Kirche mit. Er resümiert: „Bewährungshelfer müssen belastbar, offen und tolerant sein. Sie müssen Zeit haben, sich engagieren wollen und die Zuversicht haben, dass Menschen sich positiv entwickeln können.“ Wer sich für dieses anspruchsvolle Ehrenamt interessiert, muss mindestens 21 Jahre alt sein und ein geordnetes Leben führen. Als Aufwandsentschädigung erhalten Bewährungshelfer 35 Euro pro Monat, sofern es zu mindestens einem Treffen monatlich kommt. Nähere Informationen gibt es bei der Bewährungs- und Gerichtshilfe Baden-Württemberg unter mannheim@bgbw.bwl.de.
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