Radschnellweg

Wie aus einem Feldweg in Mannheim eine „Rad-Autobahn“ wird

Die jetzt fertiggestellte drei Kilometer lange Mannheimer Teilstrecke der Radschnellverbindung RS 15 ist jetzt offiziell eröffnet. Wer die ersten Kilometer im Fahrradsattel auf dem glatten Asphalt zurücklegte

Von 
Roland Schmellenkamp
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Unterwegs auf dem RS 15: Oberbürgermeister Kurz, Bürgermeisterin Pretzell, Verkehrsminister Hermann und Buga-Geschäftsführer Schnellbach. © Roland Schmellenkamp

Die riesige Fahrradskulptur am nördlichen Eingang der Bundesgartenschau ist ein Symbol für den dort entlangführenden Radschnellweg und zwei Zubringer. Gestern wurde die drei Kilometer lange Teilstrecke der Radschnellverbindung RS 15 offiziell eröffnet – wobei bis zum Ende der Gartenschau am 8. Oktober einige hundert Meter auf deren Gelände verlaufen und deshalb umfahren werden müssen. Der RS 15 soll Mannheim mit Viernheim und Weinheim verbinden und sich vor allem am bestehenden Radwegenetz orientieren.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann erzählte bei der Einweihung, dass er sich noch an den Feldweg erinnern könne, der dort noch kürzlich auf Spinelli zu sehen war. Der Abschnitt sei im Land der erste städtische, der fertiggestellt wurde – weitere bei Stuttgart seien eher ländlich. Derzeit würden 21 Radschnellwege geplant, darauf sollen Radler schnell, sicher und kreuzungsfrei fahren können. Hermann machte der Stadt ein Kompliment für die rechtzeitige Fertigstellung und bemerkte scherzhaft, dass man eine solche mit einer Gartenschau beschleunigen könne. An anderen Orten würde sich nämlich über Trassenführungen gestritten. Doch um den Radleranteil an der Mobilität zu erhöhen, müssten schnell sichere Wege geschaffen werden.

Radschnellwege

  • Radschnellwege sind Routen, die in der Regel ausschließlich dem Radverkehr zur Verfügung stehen, einen hohen Ausbaustandard haben und Gemeinden und Arbeitsplatzschwerpunkte verbinden
  • In der Region Rhein-Neckar befinden sich die vier Radschnellverbindungen MannheimHeidelbergMannheimViernheimWeinheim, HeidelbergSchwetzingen und HeidelbergWiesloch bereits in der Planung.
  • Für die Verbindungen MannheimSchwetzingenWalldorf/Wiesloch und HeidelbergWeinheimLaudenbach wurden Machbarkeitsstudien erstellt.

Ein Aspekt ist dabei die Beleuchtung, die laut Verkehrsminister jedoch von Umweltschützern kritisiert worden sei, weil sie schlecht für die Orientierung von Insekten ist. Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach sagte dazu, dass die Beleuchtung stark gedimmt sei und sich auch nur dann einschaltet, wenn ein Radfahrer kommt. Der Radweg sei „ein gewichtiger Baustein, wenn wir die Verkehrswende ernst nehmen“. Der Radweg ist vier Meter breit, der baulich getrennte Fußweg 2,5 Meter.

Auf Radweg Natur erleben

Oberbürgermeister Peter Kurz betonte die besondere Situation auf dem Buga-Gelände und der Stadtentwicklung. Hintergrund: Aktuell werden ein Teil des Schnellradwegs und auch die Zubringer Richtung Feudenheim sowie Wallstadt auf dem Buga-Gelände als Gehwege genutzt. Man könne, so Kurz, auf dem Radweg auch nach der Buga die Natur erleben und Freizeitangebote nutzen. Die neue Strecke verbinde den Mannheimer Nordosten mit der Innenstadt und sei ein wichtiger Baustein im Radroutennetz. Von Seiten der Bürger habe es bisher Fragen zu Ampelschaltungen, Umleitungen wegen Baustellen und der Überwachung im Hinblick auf Falschparker gegeben.

IHK fordert mehr Tempo beim Ausbau

  • Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar und der ADFC Rhein-Neckar fordern anlässlich der Eröffnung des Radschnellweg-Abschnitts „Feudenheimer Au – Buga-Gelände“ mehr Tempo bei Planung und Bau des Radschnellwegenetzes der Region für Pendler. „Radschnellwege als schnelle und sichere Verbindungen sind für Pendler perfekt bei kurzen bis mittleren Entfernungen“, sagt IHK-Präsident Manfred Schnabel.
  • Die Politik müsse möglichst schnell viele Gewerbegebiete und Standorte von Großunternehmen dem geplanten Radschnellwegenetz anschließen. Der Ausbau dürfe aber nicht zu Lasten der anderen Verkehrsträger geschehen. „Bei Flächenkonkurrenz muss eine am Einzelfall orientierte Balance gefunden werden“, so Schnabel. Er betont zudem die Bedeutung einer stärkeren bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit: „Wir haben sehr viele Pendlerbewegungen innerhalb der Region. Darauf muss bei Planung und Bau Rücksicht genommen werden“.
  • Norbert Schön, Vorstandsmitglied des ADFC Rhein-Neckar, ergänzt: „Entscheidend ist, dass auch entsprechend den Richtlinien zur Anlage von Radschnellwegen schnell gebaut wird. Dies bedeutet – auch gefühlt – sichere Wege ohne Umwege und mitausreichender Breite. Sie sollten möglichst kreuzungsfrei und, wenn nicht möglich, dann vorfahrtsberechtigt sein“. Nur so könnten zusätzliche Pendler zu jeder Jahreszeit aufs Rad gebracht werden. Die bisherige Rad-Infrastruktur reiche dazu bei weitem nicht aus.
  • Kammer und Radfahrerverband arbeiten gemeinsam in diversen Projektbegleitkreisen zu den Radschnellwegen in der Rhein-Neckar-Region und fordern unter anderem, möglichst viele Unternehmensstandorte über gute Radwege an die Radschnellwege anbinden. Radschnellwege, die durch das Land als vordringlicher Bedarf ermittelt wurden, sollen möglichst nahtlos miteinander verknüpft und zu einem Netz verbunden werden. Konkret betrifft das die Radschnellwege Mannheim – HeidelbergHeidelberg – SchwetzingenHeidelberg – WieslochMannheim – Viernheim – WeinheimMannheim – Schwetzingen – Walldorf/Wiesloch sowie Heidelberg – Weinheim – Laudenbach.
  • Zudem sollen die Linienverlängerungen Richtung KarlsruheNeckargemündRheinland-Pfalz und Hessen weiterverfolgt werden. Für grenzüberschreitende Verbindungen brauche es eine intensive Abstimmung mit benachbarten Bundesländern. Schließlich fordern IHK und ADFC eine sichere, weitgehend kreuzungsfreie, gut ausgeschilderte und umwegfreie Wegeführung, damit die Radschnellwege von vielen Pendlern genutzt werden. 

Was der OB nicht erwähnt: ADFC und Bündnis Fahrradstadt warnten seit Baubeginn davor, am Neckarplatt den Radweg so zu bauen wie er schließlich umgesetzt wurde: Dort müssen die Radler im rechten Winkel auf eine Autostraße abbiegen, der Radweg ist auch verengt. Das sei laut ADFC gefährlich, weil dort die Sicht bei belegten Parkplätzen schlecht sein kann. Der Verband fordert unter anderem eine „abknickende Vorfahrtsstraße“ für den Radverkehr und ein „Stop“-Schild für die Autozufahrt. Immerhin wurde laut Stadt ein Potenzial von 2900 Radfahrern pro Tag für den Abschnitt ermittelt.

Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) erklärte zu den Kosten, dass rund 80 Prozent von Bund und Land bezuschusst wurden. Ausgegeben wurden insgesamt knapp 17 Millionen Euro für den drei Kilometer langen Teilabschnitt, der vom Sportpark Feudenheimer Au bis zur Unterführung Richtung Straßenbahnbahnhof Käfertal verläuft.

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Dort befindet sich allerdings direkt nach der Unterführung ein kurzer, aber enger und schlecht einsehbarer Abschnitt entlang einer Grundstücksmauer: „Es gibt immer Streckenabschnitte mit Zwangspunkten“, meinte Markus Roeingh, Leiter des an der Planung beteiligten Stadtraumservice, auf Nachfrage des „MM“ dazu. Übersetzt aus der Behördensprache heißt das: An manchen Stellen kann auch ein Radschnellweg nicht optimal gebaut werden. Ab Bahnhof Käfertal soll der Schnellweg über die Birkenauer Straße Richtung Osten führen, Baubeginn soll für einen Kilometer nächsten Monat sein. Christian Lerch, der bei der Buga Bereichsleiter Parkanlagen und Infrastruktur ist, erläutert, dass sein Projektleiter Andreas Engert („unser bester Mitarbeiter“) auch für den Bereich des Zubringers Wallstadt/Vogelstang verantwortlich ist, wo sogar eine rund 6 Millionen Euro teure Brücke zu Franklin entstehen soll. Am anderen Ende der Schnellverbindung im Bereich der Neckarschleuse soll diese einen Anschluss an den geplanten Radschnellweg Mannheim-Heidelberg haben.

Großes Potenzial

Laut Stadt sind Radschnellwege aufgrund direkter Führungen mit wenigen Stopps und großer Breite besonders attraktiv, vor allem auf längeren Distanzen. Sie hätten wegen der steigenden Anzahl von Pedelecs großes Potenzial, um die Hauptverkehrsachsen auf Straßen und Schienen zu entlasten, Staus zu vermeiden und zur Luftreinhaltung beizutragen. Bei Radschnellwegen werde die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit durch kreuzungsfreie oder bevorrechtigte Führungen erhöht, weil Radfahrende weniger oft anhalten und warten müssen.

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