Mannheim. Ausgangspunkt ist die Augustaanlage. Die Allee vom Stadteingang zum Wasserturm gehört zu den Straßen, die von der Stadt in monatelangen Bauarbeiten mit einer neuen Radspur versehen wurden. Darauf radelt es sich super. Das satte Rot strahlt schön in der Sonne und sollte seine Signalwirkung auf alle Verkehrsteilnehmer haben. Der Streifen ist sogar breit genug, um andere Radfahrer zu überholen - sofern an diesem Nachmittag hier welche wären.
Die neue Spur führt von der Schubert- zur Mollstraße, der Rest soll erst nach der Buga folgen. Aber sie mündet ja gleich in die Busspur am Wasserturm, in der Fahrräder erlaubt sind. Weiter geradeaus wird es dann recht beengt. Das liegt vor allem an vielen Fußgängern auf einer schmalen Verkehrsinsel am Friedrichsring. Wenn da einer mal beim Reden unbedacht den Arm ausfährt oder einen halben Schritt zur Seite macht, könnte er schnell einen der zahlreichen hier vorbeikommenden Radfahrer vom Sattel holen.
In der Fressgasse geht es unschön weiter. Die Radspur ist zwar wieder breiter. Doch das Problem sind Autofahrer auf der Parkplatzjagd, die ohne Rücksicht ein- und ausscheren. Diesmal sind es wieder zwei, die in hohem Tempo überholen und rechts einschlagen, im letzten Moment aber zum Glück noch bremsen. Ein anderer steht an der Einmündung zu Q 2/Q 3 mitten auf dem Radweg und zwingt zum Ausweichen auf die Straße. Böse Blicke ignoriert er ausdruckslos.
Deutlich entspannter wird es auf dem letzten Stück vor der Breiten Straße, das für Autos noch gesperrt ist. Damit ist nach den Osterferien leider Schluss, weil der Verkehrsversuch ja abgebrochen wurde. Dann muss auch die Ampel vor der Fußgängerzone wieder in Betrieb gehen, aktuell blinkt sie nur gelb.
Scherben an der Einmündung
Die kurze Fahrradstraße zwischen E 1 und E 2 ist ebenfalls bald Geschichte. Darüber nun länger zu sinnieren, bringt nicht viel, in den engen Quadrate-Straßen ist Aufmerksamkeit gefragt. Über den sehr buckeligen Belag - gut, dass auch der westliche Teil der Unterstadt bald saniert wird - geht es rechts Richtung Luisenring. Denn dort gibt es nunmehr eine Radspur, die Stadtsprecher Kevin Ittemann neben der auf der Augustaanlage als wichtigste neue im Zentrum genannt hat: die sogenannte „Protected Bike Lane“.
Erstmal führt von der Kurpfalzbrücke ein kombinierter Bürgersteig/Radweg zur Moschee. Abgesehen von einer kleinen Baustelle am MVV-Hochhaus ist er ausreichend breit. Die neue Radspur beginnt dann ab der Holzstraße. Böse Falle: Direkt an der Einmündung blitzen Glasscherben in der Sonne. Zum Glück macht die Stadt sowas auf zentralen Radwegen nach Beschwerden recht schnell weg.
Plötzliches Ende im Jungbusch
Das neue Rot glänzt hier nicht so schön wie in der Augustaanlage. Aber daran liegt es wohl kaum (eher an den Scherben), dass andere Radfahrer einfach auf dem breiten Gehweg weiterfahren. Zumal sich das Einbiegen auf die neue Radspur nicht sonderlich lohnt, schon an der Jungbuschstraße endet sie abrupt. Für eine „Protected Bike Lane“ fühlt man sich plötzlich etwas ungeschützt zwischen den Autos. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Also kreuz und quer durch den Jungbusch zurück zum Ring. Auf der anderen Seite gibt es ja eine durchgängige Fahrradspur Richtung Hauptbahnhof. Schönheitsfehler: Wer etwa zum Collini-Center oder Nationaltheater links abbiegen will, muss Fußgängerampeln nutzen.
Dann geht es vorbei an der Berliner Straße, die von der Stadt 2019 als eine der ersten zur Fahrradstraße gemacht wurde - für stolze 1,5 Millionen Euro plus Landesfördermittel. Darauf ist allerdings mehr als nur ein Schönheitsfehler, dass man an der Tullastraße immer noch anhalten und Autos Vorfahrt gewähren muss.
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Wenn wir schon beim Motzen sind: Nun geht es zur persönlichen Lieblingshassstelle am Theresienkrankenhaus. Wegen einer Fußgänger-Ampel macht da der schmale Fahrradweg einen Knick. Und weil er aus beiden Richtungen stark frequentiert ist, kommt man sich hier ständig bedrohlich nahe. Vor allem, wenn da noch Fußgänger stehen.
Die Schlussetappe führt am Klinikum vorbei durch die Feudenheimer Straße. Unversehens steht da plötzlich ein „Fahrräder verboten“-Schild mitten auf dem Radweg. Doch das löst sich in Wohlgefallen auf: Danach wird gerade der bislang überaus holprige Belag erneuert. Ein Segen.
„Brutalen Knick“ gemeistert
Am ehemaligen Tankstellen-Gelände ist der Radweg schon länger geglättet. Zum Selbsttest gehört natürlich noch der „brutale rechtwinklige Knick“, den Fahrrad-Aktivisten von der Unterführung aus in den neuen Radschnellweg beklagt haben. Er wird unbeschadet überstanden. Aber klar, auf einer neu eingerichteten Fahrradstraße sollte man sowas besser machen. So bleibt insgesamt der Eindruck, dass im Mannheimer Radwegenetz trotz mancher Fortschritte noch einiges zu tun wäre.
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