Porträt

Wer die neue Leiterin des Mannheimer Ordnungsamts ist

Gehwegparken, Demos und Sicherheitsgefühl: Welche Aufgaben auf die neue Leiterin des Mannheimer Ordnungsamt Jessica Deutsch warten und was die Ordnungshüterin aus Überzeugung antreibt - und ausmacht

Von 
Lisa Uhlmann
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Ein gutes Zusammenleben durch Regeln zu garantieren – das ist für Jessica Deutsch eine sinnstiftende Aufgabe. Im Eckbüro in der Oststadt hat die neue Ordnungsamtsleiterin einen perfekten Blick auf die Stadt. © Lisa Uhlmann

Mannheim. Für Ordnung sorgen, damit sich alle sicher und wohlfühlen in der Stadt - so könnte man das auf den Punkt bringen, was Jessica Deutsch beruflich so antreibt. Für sie ist das Ordnungsamt mehr als eine reine Kontrollbehörde, sind die Mitarbeitenden auch mehr als reine Ordnungshüter. „Man nimmt uns wahr beim Knöllchen verteilen, Blitzer aufstellen oder Bußgeld kassieren. Dabei kümmert sich ein Ordnungsamt eigentlich um viel mehr, nämlich auch um die Lebensqualität der Menschen“, sagt Deutsch beim Kennenlernen in ihrem Eckbüro in der Oststadt.

So groß wie die Fenster, die einen weiten Blick nach draußen gewähren, sind auch die Fußstapfen, in die Deutsch jetzt tritt: 27 Jahre lang hat Klaus Eberle von diesem Büro aus und auf der Straße die Stadt als Ordnungsamtleiter mitgeprägt. Hat Eberle selbst sogar den Fachbereich mitaufgebaut. Damit seine Nachfolgerin aber nicht völlig ins kalte Wasser geworfen wird, hat sich Eberle zwei Monate Zeit genommen, um Deutsch den Einstieg in den Kosmos der Behörde zu erleichtern.

Mit Vorgänger Klaus Eberle durchs Viertel geradelt

Vom Sicherheitssauschuss über Treffen mit Gastronomen, Nachtbürgermeister, Sicherheitszernent oder der Polizei bis hin zu den eigenen Mitarbeitern, überall war Deutsch mit dabei und an Eberles Seite, um sich vorzustellen. „Er war und ist wie ein Mentor für mich. Und hat mir Erfahrungswerte weitergeben, die man in keiner Akte nachlesen kann“, ist die studierte Diplomverwaltungswirtin dankbar.

Sogar mit dem Fahrrad seien die beiden in der Stadt unterwegs gewesen, erzählt Deutsch. Und haben an wichtigen Orten für den Fachbereich wie etwa dem Neumarkt in der Neckarstadt-West halt gemacht. Wie der entstanden ist, welche Hürden es dabei gab und welche Probleme etwa mit der Trinkerszene noch da sind - das alles bekam Deutsch von ihrem Vorgänger persönlich erklärt.

Jessica Deutsch

  • Jessica Deutsch studierte an den Hochschulen für öffentliche Verwaltung in Kehl sowie Ludwigsburg und schloss ihr Studium mit einem Master of Public Management ab.
  • Von 2010 bis 2016 arbeitete sie bei der Stadt Karlsruhe – im Jobcenter, im Amt für Stadtentwicklung und im Dezernatsbüro. Danach war sie als Hauptamtsleiterin in Linkenheim-Hochstetten tätig.
  • Von 2018 bis zu ihrem Amtsantritt in Mannheim leitete sie das Ordnungsamt Bruchsal.
  • Seit dem 1. November 2023 ist Deutsch die neue Fachbereichsleiterin. Damit tritt sie die Nachfolge von Klaus Eberle an. 

Vieles dabei ist der zweifachen Mutter, die ihren Lebensmittelpunkt immer noch in Bruchsal hat und täglich nach Mannheim pendelt, aber auch vertraut. Vom Gehwegparken über illegalen Müll in den Stadtteilen bis hin zur neuen Mobilität samt E-Scootern und E-Bikes: Im Gespräch geht Deutsch gerne ins Detail. Schließlich gibt es ähnliche Probleme auch in Bruchsal, wo die 36-Jährige fünf Jahre lang selbst das vergleichsweise kleine Ordnungsamt der Stadt geleitet hat. Da ist es kein Wunder, dass die Fachfrau aus dem Stehgreif den Unterschied zwischen den verschieden Ordnungsdiensten runterbeten kann - oder sich im Verkehrsrecht ganz gut auskennt.

Wie gut die gebürtige Bruchsalerin den Alltag ihrer früheren Mitarbeitenden kennt, wird deutlich, als Deutsch fast schon im Nebensatz erwähnt, dass sie in ihrem vorherigen Job oft selbst mitangepackt hat. Mit ihrem früheren Team ist sie zum Beispiel bei Gaststättenkontrollen gewesen oder mit auf Streife dusrch die Stadt gefahren.

Ob sie auch in Mannheim ihre Mitarbeitenden auf Einsätzen in der Stadt begleiten will? Bei dieser Frage muss Deutsch sanft abwinken. Obwohl sie gleich danach verrät: Zumindest für den Anfang hat sie sich vorgenommen einmal pro Abteilung mit nach draußen zu fahren. Auch wenn sie längst genau weiß: Das Mannheimer Ordnungsamt mit seinem sechs Abteilungen und insgesamt 280 Mitarbeitenden ist deutlich größer. Neu für die erfahrene Leiterin sind deswegen auch die zwei Themenbereiche Tierwohl und Lebensmittelüberwachung. Hier will die energiegeladene Chefin unbedingt einmal Tierärzte vom Veterinäramt und Lebensmittelkontrolleure auf einem Einsatz begleiten.

Mit Augenmaß und Taktgefühl

Unter ihre Leitung stehen aber eben auch die Verkehrssicherheit sowie die Versammlungsbehörde, die im vergangenen Jahr wegen der regelmäßig veranstalteten Demos zum Krieg zwischen Israel und der Hamas gefordert war. Besonders bei außergewöhnlichen Entscheidungen, wie etwa dem Verbot einer Demo, sitzt Deutsch dann mit am Tisch. „Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit der Landespolizei dafür zu sorgen, dass alle ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben können - unter Gewährung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Meine persönliche Meinung spielt da überhaupt keine Rolle“, sagt Deutsch.

Durchdacht und diplomatisch ist auch ihre Haltung zum heiß diskutieren und mittlerweile verbotenen Gehwegparken. Deutsch stellt dabei klar: Nur weil plötzlich Parkplätze wegfallen, verschwinden die Autos nicht. Sie ist überzeugt: Hier ist Augenmaß gefragt - und jeder Stadtteil tickt da anders. Ihre Mitarbeitenden gehen deshalb gemeinsam mit der federführenden Stadtplanung Stadtteil für Stadtteil durch, sprechen mit den Anwohnenden und prüfen, wo sich das durchsetzen lässt - und wo es einen Kompromiss braucht. Diese behutsame Vorgehensweise soll bis 2025 dauern. Wann die Neuordnung dann tatsächlich kontrolliert wird, ist aber noch unklar. Das Miteinbeziehen von Bürgerinnen und Bürger bei Verkehrsthemen ist Deutsch wichtig. Weil sie weiß: Am Ende sind es ihre Mitarbeitenden, die den Unmut der Menschen bei den Kontrollen zu spüren bekommen.

„Die Menschen sollen uns auch als Experten für Verkehrssicherheit wahrnehmen, nicht nur als Ordnungshüter und Kontrolleure. Denn für uns sind die Stadtteilbewohnenden auch Experten - nämlich für ihr Viertel“, erklärt Deutsch. Das gilt laut Deutsch für passionierte Radfahrende genauso wie für jene, die nicht auf ihr Auto verzichten können. Um sich jederzeit schnell in Mannheim orientieren zu können, hat sich die 1,60 Meter große Leiterin eine deckenhohe Karte von Mannheim ins Büro gehängt. So hat sie vom Schreibtisch aus immer direkt einen Blick auf die Lage.

Was will Jessica Deutsch gegen illegalen Müll machen?

Was unter ihre Leitung anders laufen soll, was sie in der Stadt verändern will? Neben einer neuen Steuerungsstelle, die alle Sharing-Angebote vom E-Scooter bis zum E-Lastenrad in der Innenstadt überblicken und kontrollieren soll, zählt die 36-Jährige auch die Sicherheitsbefragung auf: Die soll sich verändern und gezielter in den Vierteln nachfragen. „Die Lupe soll auf die Stadtteile gerichtet werden, in denen sich die Menschen am unsichersten fühlen. Beziehungsweise welche von außen besonders als unsicher wahrgenommen werden. Da wird es spannend zu sehen, wie unsere Gegenmaßnahmen empfunden werden“, sagt Deutsch.

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Auf die illegalen Müllberge in den Vierteln angesprochen, hat Deutsch eine klare Haltung: Für sie braucht es nicht nicht einfach mehr Streifen und damit auch mehr Personal. Vielmehr sucht sie auch nach anderen Lösungen wie sprechenden Mülltonnen oder Mülldetektiven. Auch um Übeltätern, die ihren Unrat einfach auf die Straße werfen, zu vermitteln: Haltet Ordnung vor eurer eigenen Haustür. Für euch. Und für die anderen.

Nach fast zwei Stunden Gespräch besteht kaum Zweifel mehr: Deutsch macht diesen Job mit viel Leidenschaft. In die großen Fußstapfen ihres Vorgängers kann sie schon jetzt ziemlich gelassen treten. Dass sie diese auch ausfüllen kann, zeigt außerdem eine interessante Ehrung aus ihrem vorherigen Job. Ziemlich dezent prangt auf ihrem Schreibtisch nämlich ein kleiner Bilderrahmen - mit einer Schulterklappe samt goldenem Stern darauf. Ein kleines Dankeschön als große Wertschätzung von der Bundeswehr höchstpersönlich, mit der Deutsch als Bruchsaler Ordnungsamtsleiterin zusammen gearbeitet hat.

Bleibt eigentlich nur noch eine Frage übrig: Warum gerade das Ordnungsamt? Für die 36-Jährige liegt das auf der Hand. Als Beispiel nennt sie etwa die Lebensmittelkontrolleurin, die in die Küche von Betrieben schaut, die Lebensmittel „in Verkehr bringen“ - um sicher zu stellen, dass die Restaurantgäste nicht krank werden. „Ich empfinde es als enorm sinnstiftend, daran mitzuwirken, dass Regeln eingehalten werden, die ein gutes Zusammenleben garantieren.“

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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