Interview - Polizeipräsident Thomas Köber über die Umfrage und die Lage in der Stadt

„Weniger Straftaten, aber noch keine Entspannung“

Von 
Timo Schmidhuber
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Polizeipräsident Thomas Köber (Archivbild). © Rittelmann

Die Ängste der Bürger, die Videoüberwachung in der Innenstadt und die Situation in der Neckarstadt-West – darüber sprachen wir mit Polizeipräsident Thomas Köber.

Herr Köber, vom Einbruch bis zum Diebstahl aus Fahrradkörben – bei vielen Delikten verzeichnete die Mannheimer Kriminalstatistik zuletzt deutliche Rückgänge. Trotzdem sagt rund ein Drittel der Befragten, sie fühlten sich von Kriminalität bedroht. Warum?

Thomas Köber: Das persönliche Sicherheitsempfinden reagiert meist mit etwas Verzögerung auf die tatsächliche Lage. Unsere Aufgabe ist es, das ins richtige Verhältnis zu bringen, was wir zum Beispiel bei Diskussionen in Bezirksbeiratssitzungen tun. Gleichzeitig ist es so, dass wir zwar weniger Straftaten verzeichnen – wir kommen aber von einem hohen Niveau. Von Entspannung zu reden, wäre wohl falsch, aber die Richtung stimmt. Was zum Beispiel Gewaltdelikte wie Körperverletzungen angeht, haben wir einen Gleichstand auf hohem Level.

Wie wollen Sie Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum verhindern?

Köber: Mit der Präsenz von Beamten an bestimmten Stellen. Aber auch mit der jetzt in der Innenstadt gestarteten Videoüberwachung, die mit dem schnellen Anrücken einer Streife im Gefahrenfall verbunden ist. Die Videoüberwachung bildet ein weiteres Werkzeug, mit dem wir bestimmte Bereiche sicherer machen wollen. Vor allem Plätze, wo es kaum Anwohner und damit wenig Sozialkontrolle gibt.

In Freiburg haben mehrere Flüchtlinge eine Frau vergewaltigt. Inwieweit fallen in Mannheim Asylbewerber durch Straftaten auf?

Köber: Vergangene Woche ist in Käfertal ein Flüchtling festgenommen worden, der eine Frau vergewaltigt haben soll. Solche Delikte bilden aber die Ausnahme. Wir haben vergangenes Jahr im gesamten Zuständigkeitsbereich des Präsidiums 56 Sexualdelikte von Flüchtlingen gehabt, meist sexuelle Belästigungen – bei insgesamt rund 8600 Asylbewerbern. Bei Straftaten dieser Gruppe handelt es sich meist um Diebstähle, Schwarzfahren und Körperverletzungen.

Im Bereich Innenstadt/Jungbusch und in der Neckarstadt-West sagen beim Bürgerbarometer besonders viele Bewohner, dass sie aus Angst vor Kriminalität bestimmte Stellen in ihrem Umfeld meiden. Was wollen Sie unternehmen?

Köber: Das persönliche Sicherheitsempfinden ist bei vielen Bewohnern der Neckarstadt-West gering – die tatsächliche Kriminalitätsbelastung allerdings beträgt dort knapp ein Drittel von der in der Innenstadt. In der Neckarstadt-West gibt es eine soziale Zusammensetzung der Bevölkerung, die Sie so im gesamten Stadtgebiet nicht wiederfinden. Das verursacht bei manchen Ängste. Für uns als Polizei und für den Kommunalen Ordnungsdienst bildet die Neckarstadt-West einen Schwerpunkt. Wir waren da auch sehr erfolgreich, unser Vorgehen gegen Drogenhändler etwa hat zu 66 Haftstrafen geführt. In der Innenstadt dagegen gibt es tatsächlich viel Kriminalität, häufig Diebstahl. Deshalb ja dort auch die Videoüberwachung.

Stellen Sie sich vor, eine Fee bietet Ihnen an, die 70 Videokameras in der Innenstadt gegen 70 zusätzliche Polizisten einzutauschen. Was würden Sie tun?

Köber: Da müsste die Fee noch was drauflegen, mindestens fünf Mal so viel. Wir brauchen beides, Kameras und Polizisten.

Thomas Köber

  • Als Polizeipräsident in Mannheim ist Thomas Köber Chef von rund 2400 Polizisten. Außer für Mannheim ist das Präsidium für Heidelberg und den Rhein-Neckar-Kreis zuständig.
  • Der 62-Jährige begann 1975 bei der Bereitschaftspolizei in Lahr. Später kam Köber zur Mannheimer Polizei. Seit 1992 arbeitete er dort in verschiedenen Leitungsfunktionen. 2014 wurde Köber Präsident. (imo)

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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