Mannheim. Gefahrlos zuhause ankommen, statt nachts allein an der verlassenen Haltestelle zu stehen - darauf können sich Frauen in Mannheim nun bis Ende 2021 verlassen: Der Gemeinderat hat die Weiterfahrt für das Frauen-Nachttaxi gesichert und das Budget für den Fahrdienst im Doppelhaushalt 20/21 auf 175 000 Euro pro Jahr aufgestockt. Wie dringend diese Erhöhung ist, zeichnet sich schon im vergangenen November ab: Nur zwei Monate nach dem Start des Frauen-Nachttaxis ist das eingeplant Budget von 25 000 Euro fast erschöpft, das Angebot lässt sich nur mit Mühe aufrechterhalten.
2500 Fahrten pro Monat
Denn die Stadt zahlt pro Taxifahrt sieben Euro dazu und ermöglicht damit Frauen und Mädchen ab 14 Jahren zwischen 22 und 6 Uhr eine günstigere Heimfahrt bis zur Haustür. Wie gut das Angebot von den Mannheimerinnen angenommen wird, zeigen beeindruckende Zahlen: Anfang Dezember vermeldet die Stadt 7 800 Fahrten in den ersten drei Monaten, das sind mehr als 2500 Fahrten im Monat. Welche Frauen es sind, die in das besondere Taxi steigen, wissen diejenigen, die sich täglich unermüdlich für Mädchen, Töchter, Mütter und Großmütter einsetzen. „Vor der Einführung war das Frauen-Nachttaxi bei uns kein Thema. Aber jetzt finden es viele gut. Auch ich bin schon damit gefahren“, sagt Ute Münch, Vorsitzende des Deutschen Frauenrings in Mannheim. Gerade ältere Damen würden sich nachts vor Überfällen fürchten und nicht auf die Straße trauen. Deshalb enden beim Ortsverband viele Veranstaltungen oft schon um 17 Uhr.
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Mit ihrer Angst vor der Dunkelheit sind die Rentnerinnen nicht allein. Beim Frauen- und Mädchennotruf Mannheim weiß man: Viele wünschen sich einen sicheren Heimweg. „Manche berichten von aufdringlichen Taxifahrern. Deshalb begrüßen wir die Schulung der Nachttaxi-Fahrer“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Beratungsstelle für sexuell Misshandelte und Belästigte schult zudem Personal in der Clubszene für das Programm „Luisa ist hier“. Bedrängte Frauen, die dieses Codewort nennen, erhalten Hilfe von Barkeepern oder Türstehen. Dabei hat sich gezeigt: Für Mitarbeiterinnen, die in Bars oder Clubs arbeiten und spät nachts ihre Schicht beenden, ist der Fahrdienst eine große Erleichterung.
Denn wer hier einsteigt, kommt nicht nur für wenig Geld gefahrlos nach Hause, sondern fühlt sich deutlich sicherer, sagt Martin Boll. Der Präventionsleiter der Polizei befürwortet das Angebot, weil es bei Nachtschwärmerinnen, die sich am meisten fürchten, wenn sie allein unterwegs sind, das Sicherheitsgefühl stärkt.
Die neue Geschäftsführerin des Frauenhauses und des Fraueninformationszentrums, Nazan Kapan, dagegen hält den Fahrservice zwar für wichtig. Sie wünscht sich zudem, die Ursachen von Gewalt an Frauen zu behandeln, statt nur die Symptome. Etwa mit einem Schulfach zum Thema. „Es hat viel zu lange gedauert, bis der Grundsatz ’Nein heißt Nein’ im Gesetz verankert wurde. Viele schauen heute noch weg, wenn jemand belästigt wird, statt zu helfen“, sagt Kapan, die seit Kurzem die Nachfolgerin von Stadträtin Claudia Schöning-Kalender (SPD) ist.
Kapan spricht sich auch für mehr Frauenhausplätze und öffentliche Schutzräume in Form von Notinseln für bedrohte Frauen aus. Für Kinder gibt es dieses Netzwerk von Läden, in den sie bei Gefahr Zuflucht finden, schon seit Jahren.
„Sicher Unterwegs“: Verhaltenstipps der Polizei
- Auf die eigene Sicherheit achten: Gut beleuchtete Straßen und Wege nutzen, statt menschenleere Abkürzungen. Dabei aufmerksam bleiben und nicht mit Kopfhörern oder dem Smartphone spielen.
- In Bussen oder Bahnen ins volle Abteil oder in die Nähe des Fahrers setzen. Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte gut beleuchtete Parkplätze oder Straßen nutzen.
- Klare Grenzen setzen: Deutlich zeigen, dass kein Kontakt gewünscht ist. Bei Ansprechen oder Anfassen sofort mit einem lauten „Nein!“ reagieren.
- Widerstand leisten: Wer verbal oder körperlich belästigt wird, darf sich wehren – mit Tritten oder Schlägen ins Gesicht des Angreifers.
- Hilfe holen: Lieber einmal zu oft als zu wenig die Polizei rufen. (pol/lia)
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