Etat-Beratungen - Der Gemeinderat soll an diesem Dienstag den Etat für 2022 beschließen / Fraktionen wünschen Änderungen

Mannheims Finanzen: Das wollen die Gemeinderats-Fraktionen

Von 
Timo Schmidhuber
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Mannheim. Erstmal an den geplanten Investitionen festhalten - und dann schauen, wie sich die Corona-Lage und ihre wirtschaftlichen Folgen weiter entwickeln. Das ist die Idee hinter dem von Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und seinem Kämmerer Christian Specht (CDU) aufgestellten Haushalt, den der Gemeinderat an diesem Dienstag beschließen soll. Trotz der Pandemie plant Mannheim im kommenden Jahr gewaltige Investitionen von mehr als 250 Millionen Euro, etwa für Kitabau, Schulrenovierungen, Hallenbad-Neubau und Theatersanierung. Wegen der coronabedingten Unsicherheiten wird aber - anders als sonst - nur ein Etat für ein Jahr aufgestellt.

Für zusätzliche Ausgaben dürfte unter diesen Umständen kaum noch Spielraum bleiben, da sind sich auch die Fraktionen im Rat im Prinzip einig. Normalerweise nutzen sie die Haushaltsberatungen, um Mehrheiten für Projekte zu finden, die ihnen wichtig sind. Doch auch wenn dieses Mal mit rund 110 Anträgen zum Haushalt (Stand Montag) vergleichsweise wenige eingegangen sind - die eine oder andere Veränderung am Rathaus-Entwurf wollen die Fraktionen schon noch durchboxen. Wir haben sie nach ihren Forderungen gefragt, die ihnen besonders wichtig sind.

Grüne

Gerade diejenigen, die von der Pandemie am stärksten betroffen sind, brauchen jetzt besonders Hilfe - diesen Gedanken verfolgen viele Fraktionen, auch die Grünen. Sie wollen etwa die Anlaufstelle für Frauen unterstützen. Die von Frauenhaus und Caritas betriebene Einrichtung soll um eine Stelle aufgestockt werden. Außerdem möchte die Fraktion 65 000 Euro bereitstellen für eine einjährige Projektstelle, die gerade nach der Pandemie die Bedarfe in der Jugendarbeit erfassen soll. Weitere Anträge der Grünen beschäftigen sich mit dem Klimaschutz. So wollen sie in den nächsten vier Jahren jeweils 200 000 Euro zusätzlich bereitstellen, um die geschädigten Stadtwälder zu Mischwäldern umzubauen. Außerdem möchte die Fraktion den städtischen Fördertopf für energetische Sanierung und Photovoltaik-Ausbau aufstocken - im kommenden Jahr zunächst um 200 000 Euro. Zusätzliches Geld einnehmen soll die Stadt nach dem Willen der Grünen durch eine Verdopplung der Gebühren fürs Anwohnerparken. Ab kommenden Juli soll es statt aktuell 30,70 Euro pro Jahr dann zunächst 60 Euro kosten. Danach soll die Gebühr bis 2025 stufenweise auf 90 und 120 Euro erhöht werden. Für Personen mit geringem Einkommen ist eine Ermäßigung geplant, bei großen Fahrzeugen ein Aufschlag um 50 Prozent.

SPD

Auch die Sozialdemokraten fokussieren sich mit ihren Anträge nach eigenen Angaben vor allem darauf, die Corona-Folgen abzumildern - sie sprechen sich ebenfalls für mehr Personal bei der Frauenhaus-Anlaufstelle aus und für die zusätzliche Projektstelle in der Jugendarbeit. Außerdem will die Fraktion mit 50 000 Euro dafür sorgen, dass das Schwimmfix-Projekt auch 2022 weitergeht. Bei dem Projekt gehen Trainer mit in den Schul-Schwimmunterricht und helfen den Lehrern. Außerdem will die SPD die Livemusik- und Clubförderung auch im kommenden Jahr fortsetzen und dafür 30 000 Euro bereitstellen. „Gerade dieses Förderinstrument hat im Corona-Jahr 2021 dafür gesorgt, dass Kulturtreibende in der Lage waren, Künstlerinnen und Künstlern Auftritte anbieten zu können - und das trotz fehlender Einnahmen durch reduzierte Besucherkapazitäten.“

Pläne der Stadt

  • Der Entwurf der Stadtverwaltung für den Haushalt 2022 sieht enorme Investitionen in einer Größenordnung von rund 250 Millionen Euro vor. Zu den größten Einzelposten gehören die für 2022 eingeplanten Beträge für Theatersanierung (29 Millionen) und Grünzug Nordost (26 Millionen). Außerdem das Geld für das Komibad im Herzogenried (13 Millionen), die neue Schule auf Franklin (12,5 Millionen) und die Buga (12,3 Millionen).
  • Bei den Einnahmen, zu denen etwa die Gewerbesteuer gehört, geht der Entwurf von knapp 70 Millionen Euro weniger aus als im Vor-Corona-Jahr 2019. Die Stadt verfügt allerdings aktuell – durch Rücklagen und Geld, das für Projekte eingeplant, aber noch nicht genutzt ist – über hohe liquide Mittel. Deshalb kann sie sich die Investitionen trotz der Mindereinnahmen zumindest im Moment auch noch leisten.
  • Eines der Risiken im Haushalt ist der Finanzbedarf des Klinikums, der sich durch die Ausfälle von Operationen noch erhöht hat. Fürs laufende Jahr waren 13 Millionen Euro fürs Klinikum eingeplant. Klar ist, dass das nicht reichen wird. Unklar dagegen, wie groß der genaue Bedarf ist. Das hängt davon ab, was an Unterstützung von Bund und Land kommt. Ohne weitere Förderung, so hieß es jüngst in einem Bericht für den Rat, geht das Klinikum von einem Minus von 60 Millionen Euro für 2021 aus. 

CDU

Wegen der finanziellen Lage will sich die CDU in puncto Mehrausgaben nur auf ganz wenige Anträge beschränken. So möchte sie die Musikalische Akademie „auch in einer weiteren Corona-Spielzeit retten“ und ihr 100 000 Euro zur Verfügung stellen. Ein anderer Antrag der Christdemokraten hat nicht mit Geld, dafür aber mit Organisation zu tun. Die CDU fordert, dass der unter anderem für Stadtreinigung, Straßen- und Radwegsanierung sowie für Tiefbau zuständige städtische Eigenbetrieb Stadtraumservice bessere Arbeit abliefert. Die Fraktion verlangt ein Konzept für eine „Qualitätsoffensive“ beim Stadtraumservice. Der Gesamtzustand der Radwege und Straßen habe sich „weiter verschlechtert“, heißt es in dem Antrag. „Verschmutzung und Vermüllung im öffentlichen Raum“ sei nicht nur wegen der aktuellen Corona-Situation „schlimmer geworden“.

LI.PAR.Tie

Die Fraktion will die Gesundheitsversorgung in sozial benachteiligten Stadtteilen verbessern. Deshalb verlangt sie fürs kommende Jahr zunächst 60 000 Euro für die Schaffung einer Vollzeitstelle für eine Gesundheitsfachkraft oder Familienhebamme. „Diese Familienhebammen können in erheblichem Maße dazu beitragen, dass der Sprung in das medizinische Gesundheitssystem funktioniert“, so die Fraktion. Die Verwaltung soll zudem einen Bedarfsplan für weitere solche Stellen ausarbeiten. Eine weitere Forderung von LI.PAR.Tie: die Einrichtung eines queeren Jugendtreffs. Dafür sollen für 2022 rund 170 000 Euro eingeplant werden.

FDP

Kein Geld mehr für die Multihalle, solange es für das Gebäude kein Nutzungskonzept gibt - das verlangt die Fraktion von FDP/Mittelstand für Mannheim. Die in den nächsten drei Jahren eingeplanten rund 14 Millionen könne man besser anderweitig nutzen, finden die Liberalen. Sie wollen in den kommenden zwei Jahren zum Beispiel je 1,5 Millionen Euro zusätzlich für Baumaßnahmen in Sporthallen bereitstellen. Zudem will die Fraktion - allerdings erst fürs übernächste Jahr - 600 000 Euro für den Bau eines Jugendtreffs in Neuhermsheim reservieren.

Mannheimer Liste

Einer der Schwerpunkte der Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML) ist ihr Antrag auf Schaffung von Stellen für „Müll-Detektive“ beim Stadtraumservice. „Sie sollen mithelfen, unsere Stadt sauberer zu machen und die Vermüllung der Stadt und der Vororte zu reduzieren.“ Außerdem fordert die ML ein Konzept, das die Radwege-Situation in den Stadtteilen verbessern soll. Um Geld einzusparen, schlägt die Fraktion vor, das städtische Kontaktbüro zur Landesregierung aufzulösen. Sparsumme laut ML: 137 000 Euro.

AfD

Den Einsatz von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr stärker würdigen möchte die AfD-Fraktion. Sie macht sich deshalb dafür stark, die Aufwandsentschädigung zu erhöhen - von 120 auf 150 Euro pro Jahr. Außerdem will die Fraktion den Ausbau der frühkindlichen Spracherziehung fördern. Das werde „die erheblichen Probleme mit der deutschen Unterrichtssprache an den Grundschulen mindern“, so die Fraktion. Die AfD fordert zudem, dass das Schauspiel des Nationaltheaters während der Sanierung die Mehrzweckhallen der Vororte nutzt, „um neue Publikumsbereiche zu erschließen“.

Die Sitzung beginnt um 9.30 Uhr. Livestream unter https://bit.ly/3DPohjo

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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