Stadtgeschichte

Was zwei Marchivum-Ausstellungen so aktuell macht

Das Thema ist immer noch brandaktuell: die Zeit des Nationalsozialismus. Zur Ausstellung zur NS-Zeit und zur Ausstellung zur Stadtgeschichte im Ochsenpferchbunker hat das Marchivum jetzt Broschüren vorgelegt

Von 
Peter W. Ragge
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Blick in die multimediale Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum im Marchivum. © Thomas Tröster

Mannheim. Wie konnte das mitten unter uns geschehen? Ulrich Nieß hat diese Frage nie losgelassen. Daher stellte er sie in den Mittelpunkt der Ausstellung zur Zeit des Nationalsozialismus im Marchivum. Nun, seit einem halben Jahr pensioniert, legte der langjährige Leiter vom Marchivum dazu eine Publikation vor. Auch zur Stadtgeschichtlichen Ausstellung ist jetzt eine Broschüre erschienen.

Broschüre zur Ausstellung über NS-Zeit im Marchivum in Mannheim

Je knapp 80 Seiten, handliches Din A 5-Format und für jeweils sieben Euro im Marchivum zu haben sind die beiden neuen Veröffentlichungen, die sich gut zur Vor- und Nachbereitung des Besuchs der beiden Dauerausstellungen eignen. Sie enthalten einen Lageplan der Ausstellungen und sind zweisprachig, also auch in Englisch, verfasst. Produziert wurden beide mit Unterstützung des Fördervereins Freundeskreis Marchivum.

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Ulrich Nieß hat gemeinsam mit den Marchivum-Mitarbeitern Marco Brenneisen, Christian Groh, Karen Strobel und Sebastian Steinert die Texte für die Broschüre zur NS-Ausstellung verfasst. Zudem enthält sie ein Interview mit dem kanadischen Künstler und Mediendesigner Stacey Spiegel, auf den die besonders innovative optische Gestaltung der Ausstellungen zurückgeht.

„Diese Geschichte ist eine Warnung für jedes Land in der Welt“, mahnt er angesichts der Entwicklung Deutschlands in den beginnenden 1930er Jahren, „als sich die Bürger Mannheims von ihrer gefährdeten Demokratie abkehrten und sich bereitwillig dem Faschismus anschlossen“, so der Künstler.

Wie konnte das geschehen? 

Daher befasst sich die Ausstellung bewusst schon mit der Entwicklung, die vor 1933 zum Ende der parlamentarischen Demokratie führt. Nieß spricht in seinem Einstiegstext vom „raschen Weg in die Zustimmungsdiktatur“, denn das Volk ordnet sich bereitwillig der Gleichschaltung unter. Wie die Ausstellung trägt auch die Publikation bewusst den Titel „Was hat das mit mir zu tun?“.

Sie will deutlich machen, dass die Generationen nach 1945 eben doch eine Verantwortung haben – nämlich die, sich mit dem Geschehen zu beschäftigen. Nur so könne man die Mechanismen und Umstände begreifen, die zu dem „ungeheuren Zivilisationsbruch“ geführt haben, mahnt Ulrich Nieß, also zu Deportation, Massenmord, Flucht und den Folgen des Bombenkriegs.

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Harald Stockert, der Nachfolger von Nieß, hat zusammen mit dem Marchivum-Team aus Anja Gillen, Andreas Schenk, Elke Schneider und Thomas Throckmorton den zweiten neuen Ausstellungsführer verfasst. Er befasst sich mit der Dauerausstellung „Typisch Mannheim!“ Über 400 Jahre Stadtgeschichte und auch kurz die Zeit davor mit der Entwicklung vom Dorf zur Stadt werden darin behandelt. Kriege und Zerstörungen, Wiederaufbau sowie die „Goldenen Zeitalter“ in der Ära der Kurfürsten und im jungen Kaiserreich sind ein Thema. „Je offener und toleranter dabei Mannheims Stadtgesellschaft sich gab, desto mehr prosperierte sie und entwickelte Neues“, so Stockert in der Einführung.

Ob der witzige Trialog der drei über Mannheim regierenden Kurfürsten Johann Wilhelm, Karl Philipp und Carl Theodor oder die Chance, sich auf den Nachbau des ersten Benz-Automobils zu setzen – die Ausstellung selbst ist ja bewusst interaktiv und multimedial. Aber gerade deshalb bildet eine Broschüre, in der die wichtigsten Stationen im Zusammenhang erklärt und beispielhaft einige der historischen Fotos erläutert werden, eine wertvolle Ergänzung. Man komme so „dem Geheimnis auf die Spur, was typisch Mannheim ist“, so die Autoren.

Redaktion Chefreporter

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