Punkt 1 von 2 Mit Augenzwinkern
Auch Edda Nieber nimmt an der Demonstration teil. Kundgebungen und Flagge zeigen sind für die junge Frau keine Fremdwörter. So hat sie bereits an Demos für den Umweltschutz teilgenommen. „Vergangene Woche war ich auch in Heidelberg demonstrieren.“
Die 20-Jährige hat sich mit ihrem Bruder Gedanken über ein Plakat gemacht. Dabei hat sie dazu entschlossen, auf das ernste Thema mit einem Augenzwinkern aufmerksam zu machen. Auf ihrem Plakat steht „Meine Hühner hacken Nazis die Augen aus“. Dazu hat sie zwei wütend dreinblickende Hühner gemalt. Eines trägt ein Schild mit dem „Peace-Zeichen“. „Natürlich würden sie das nie tun“, sagt die Studentin und lacht.
Hühner hält Nieber aber tatsächlich. 50 an der Zahl hat sie, darunter auch Seidenhühner. Allerdings sind die nicht bei ihr untergebracht, sondern in dem Verein, dem sie angehört. Auf der Kundgebung schaut sie sich außerdem um und liest mit Interesse, was die anderen Teilnehmenden auf ihren Schildern stehen haben. Sie ist begeistert von der Kreativität. „Viele Leute haben coole Plakate dabei“, sagt sie anerkennend.
Punkt 1 von 2 Zweisprachige Botschaft
Die Mannheimer Gruppe SoliDem fällt nicht zuletzt durch ihr überdimensional großes Plakat auf: Zwei Männer müssen die Stangen halten, damit sich der Stoff spannt und die Inschrift lesbar ist. Sie ist zweisprachig gehalten, nämlich auf Deutsch und auf Türkisch. „Rassismus bekämpfen – Immer und Überall.“ Eine kleine Figur zerschlägt dabei zudem ein schwarzes Hakenkreuz entschlossen mit einem Baseballschläger.
„Wir stehen für Solidarität und Demokratie“, sagt einer der fünf Männer, die nicht namentlich genannt werden wollen. Frieden liege ihnen besonders am Herzen. Als Mannheimer Gruppe finden sie es daher selbstverständlich, mit ihrer Teilnahme an der Demonstration Präsens zu zeigen. Daher setzen sich die Zugehörigen gegen Nationalsozialismus ein. In Mannheim, aber auch in der ganzen Welt.
„Wir sind gegen Krieg“, sagt ein anderer Mann mit fester Stimme. „Faschisten gibt es überall, auch in der Türkei.“ In ihrer internationalen Gruppe träfen sich Menschen, die den Wunsch nach einer friedlichen Welt teilten, sagt ein Dritter. „Dabei zählt für uns ihre Einstellung, nicht ihre Herkunft.“
Punkt 1 von 2 Björn Höcke „ein Nazi“
Silvia Adloff und ihr Lebensgefährte Andre Imhof machen sich gegen Rechte stark. Das Plakat der Mannheimerin erklärt: „Nazis sind keine Alternative.“ Für die 37-Jährige ist klar, dass die AfD Deutschland nicht guttun würde, weshalb die Partei für sie bei der Wahl auch nicht infrage komme.
Björn Höcke, der Thüringer AfD-Chef, sei für sie ein Nazi, betont Adloff. „Vielen ist nicht klar, wie rassistisch und fremdenfeindlich die AfD ist.“ Sie plädiere dafür, dass diejenigen, die die Partei wählen wollten, sich das Programm genau durchlesen sollten. Nur so könnten die Wähler sehen, für was diese Partei wirklich stehe. Denn für viele käme es zu Nachteilen, sollte sie an die Macht gelangen. Die AfD verbieten zu wollen, ist für Adloff keine Lösung. Der Schuss könne nach hinten losgehen. Zudem bestehe die Gefahr einer zusätzlichen Radikalisierung.
Imhof sieht es ähnlich wie seine Partnerin, für ihn ist die AfD auch keine Alternative. Auf seinem Plakat steht „Kein Platz für Nazis“. Der 42-Jährige will Rechtsradikalen die Stirn bieten. Für sie sollte es seiner Meinung nach in der Politik keinen Raum geben.
Punkt 1 von 2 Für etwas stehen
Familie Neumann aus der Schwetzingerstadt ist mit ihren beiden Kindern sowie mit Freunden und deren Familien auf der Demo. „Wir haben drei Plakate gemacht“, erzählt Torsten Neumann. Auf einem steht auf der Rückseite zusätzlich noch: „Wenn die AfD die Antwort ist, hat die Frage offensichtlich den Verstand verloren.“ Ihnen sei vor allem wichtig, dass sie bei der Kundgebung für etwas stehen würden, statt gegen etwas zu sein.
So demonstrieren sie unter anderem für eine bunte Gesellschaft. „Und für Vielfalt“, fügt Christiane Neumann hinzu, weshalb auf ihrem Schild auch „Jedes Kind kann Vielfalt – nur die Nazis nicht“ zu lesen ist.
Zudem wünschen sich die Neumanns ein Land, in dem Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Offenheit, Toleranz und Rücksicht gelebt werden. Auf ihrem größeren Plakat kann man durch die Anordnung der einzelnen Begriffe die Parole „FCK NZS“ sehen: eine klare Ansage an Nationalsozialisten. Den Eltern liegt zudem vieles daran, dass ihre Kinder früh eine politische Bildung mit auf den Weg bekommen. „Es soll dabei auch Spaß machen“, sagt Torsten Neumann.
Punkt 1 von 2 Toleranz und Vielfalt wichtig
Die Kinder von Natascha Massing und Kathleen Winter besuchen denselben Kindergarten. Zur Kundgebung auf dem Alten Meßplatz sind die beiden Frauen mit ihren Familien und Freunden gekommen. „Meine Zukunft soll bunt sein“, erklärt das Plakat, das die elfjährige Sophie in ihren Händen hält. Zudem ist ein Regenbogen darauf zu sehen. „Ich habe das Plakat gestaltet“, sagt das Mädchen stolz über das Schild in ihren Händen.
Massing wünscht sich Vielfalt, für die sie auch einsteht. Die 40-Jährige ist zwar selbst kein Teil einer Regenbogenfamilie, möchte sich aber für solche und deren Akzeptanz stark machen, wie sie erklärt. „Jeder soll leben dürfen, wie er möchte.“
Die Gruppe hat sich vorher überlegt, was auf dem Plakat stehen soll, und mehrere Ideen beim Brainstorming zusammengetragen, wie Winter sagt, die mit ihrem Mann und ihren drei Kindern an der Demo teilnimmt. Der 41-Jährigen sind Werte wie Toleranz und Vielfalt ebenfalls sehr wichtig. Schließlich haben die Erwachsenen und Kinder auf die Aussage geeinigt, dass sie sich für eine farbenfrohe Zukunft einsetzen wollen.
Punkt 1 von 2 Beeindruckt von einer Reportage
Alfred Miess hat auf Arte kürzlich „Die Shoah in den Ghettos“ gesehen. Die Dokumentation, in der Mediathek zu finden, hat ihn sehr beeindruckt. Auf diese Reportage, die die schrecklichen Erlebnisse der Juden in Polen dokumentiert, weist er auf seinem Plakat hin. Er will die Wähler wachrütteln. Der 78-Jährige befürchtet, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, sobald die AfD an die Macht käme.
Daher steht auf seinem Poster auch „Remigration 1939“ und darunter Remigration ab Wahl 2024 über „Das Gebot der Stunde“ neben einem Logo der Partei. „Die Parallelen sind offensichtlich“, betont der Käfertaler mit ruhiger Stimme. „Wir sprechen bei Remigration über Deportation.“ Damals sei deportiert worden, wer kein arisches Blut gehabt habe.
Für Miess ist die Kundgebung die erste dieser Art, die er besucht. „Das gibt mir richtig Adrenalin.“ Knapp die Hälfte der Menschen in Mannheim hätten einen Migrationshintergrund. „Es wäre schön, wenn von ihnen nur zehn Prozent zur Demonstration kämen.“ Gleichwohl freut er sich über viele Gleichgesinnte, die hier Zusammenhalt sowie Zivilcourage zeigen.
Punkt 1 von 2 Protest vor allem gegen AfD
Hanna Stein aus Ilvesheim und die Heidelbergerin Katrin Schoener sind befreundet. An diesem Samstag wollen die Frauen ihre Abneigung gegen Rechtsradikalismus zeigen, daher sind sie nach Mannheim gekommen. Auf ihrem Plakat steht „Lieber bunt statt kack-braun“. „Es ist ein gutes Gefühl, dass die Mehrheit noch gegen die AfD ist“, sagt Stein. „In einer Gesellschaft, in der die AfD regiert, möchte ich nicht leben“, so Schoener.
Ihre Kinder Jano und Linus Emschermann tragen beide Plakate, auf denen sie sich ebenfalls explizit gegen jene die Partei stellen. „Auf keinen Fall die AfD“, steht auf dem Pappschild, das der zehnjährige Jano hält. Sein dreizehnjähriger Bruder hat seine Aufschrift dem Wahlspruch der Französischen Republik „Liberté, Egalité, Fraternité“ (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) entlehnt. Statt „Fraternité“ steht „Fuck AfD“ auf seinem Schild. Inspiriert habe ihn dazu seine Mutter, verrät er.
Jano betont bezogen auf die AfD: „Ich möchte, dass die Partei nicht gewählt wird.“ Linus fügt hinzu: „Es ist wichtig, dass viele Menschen herkommen, um zu demonstrieren.“