Mannheim. Wie könnte eine langfristige Lösung für das Stadthaus N 1 aussehen? Das soll jetzt eine Machbarkeitsstudie klären. Sie werde bis Herbst „ergebnisoffen“ alle Möglichkeiten darstellen, „wie eine zukünftige bedarfsorientierte und wirtschaftliche Nutzung des Stadthauses unter Beachtung der denkmalschutzrechtlichen Vorgaben gelingen soll“. Das teilte die Stadtverwaltung am Montag mit, nachdem sie am Wochenende den Gemeinderat informiert hat.
Eigentlich sollte, wenn die Stadtbücherei 2026 ihren Neubau bezogen hat, das Stadthaus N 1 abgerissen werden. Eine Sanierung sei „nicht wirtschaftlich und zweckmäßig“, so die Stadtverwaltung im Januar 2021. Sie war sich darin einig mit Diringer & Scheidel. Das Familienunternehmen hatte 2016 in dem ursprünglich von der Stadt und zwei Versicherungen errichteten Gebäude den privaten Anteil, also die Gastronomie- und Handelsflächen, übernommen. Auch Diringer & Scheidel sprach dem Gebäude die langfristige Betriebsfähigkeit ab.
N 1-Geschichte
1747: In N 1 entsteht das Alte Kaufhaus. Es wird im Zweiten Weltkrieg sehr stark, aber nicht völlig zerstört. Teile werden aufgebaut, bis 1958 als Haus der Fachgeschäfte betrieben.
1965: Abriss der Reste.
1960 und 1978: Architektenwettbewerbe, nicht umgesetzt.
Frühjahr 1986: Aus dem dritten Architektenwettbewerb gehen die Architekten Carlfried Mutschler, Joachim Langner, Christine Maurer und Ludwig Schwöbel als Sieger hervor.
2. November 1986: Beim Bürgerentscheid votieren 53 340 Mannheimer dafür, statt moderner Architektur das historische Alte Kaufhaus wieder zu errichten. Das sind 83 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen, aber nur 26,2 Prozent aller insgesamt Stimmberechtigten. Weil 7000 Stimmen fehlen, wird das vom Landesgesetz vorgegebene Quorum verfehlt.
13. April 1991: Offizielle Einweihung vom Stadthaus.
Oktober 1992: Die ersten Läden machen dicht. pwr
Aber dann kam im Juli 2021 das Landesdenkmalamt. Es stufte N 1 als ein „aussagekräftiges Kulturdenkmal der 1980er Jahre“ und „eines der überzeugenden Zeugnisse der Postmoderne in Deutschland“ ein. Zuvor gab es keinerlei Rücksprache mit der Stadt. Der Denkmalschutz-Status kam für das Rathaus wie die privaten Eigentümer aus heiterem Himmel. Seither gab es zahlreiche Gespräche zwischen den Eigentümern und dem Landesdenkmalamt. Versuche, die Behörde von ihrer Einschätzung abzubringen, scheiterten indes. Das ergibt sich aus der Mitteilung an die Stadträte, wonach mit den Denkmalschützern „allein die Frage der Folgen und nicht die Denkmaleigenschaft als solche diskutiert werden“ könne. Das sei „ein neuer Sachverhalt“, den man „für das weitere Vorgehen zugrunde legen“ müsse.
Anpassungen im Innern
Für die Stadt stelle sich damit die Frage, „wie wir eine Funktion und eine Nutzung für das Haus finden, die sich mit der Denkmaleigenschaft verträgt“, formuliert Oberbürgermeister Peter Kurz die Aufgabe der Studie. „Bislang konnte eine sinnvolle und zumutbare Lösung im Bestand von N 1 noch nicht gefunden werden“, ergänzt der für Stadtentwicklung und Bauen zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer. Man wolle „alle Möglichkeiten unvoreingenommen bewerten“, so Eisenhauer. Im Kern gehe es darum, „ob wir zumindest im Innern des Gebäudes zu Anpassungen kommen können, die der Denkmalschutz mitträgt“, so OB Kurz. Er favorisiert schon länger anstelle der bisherigen, weitgehend nicht funktionierenden Handelsnutzung eine Mischung aus Wohnbebauung und städtischer Verwendung. Dazu gehört, neben dem Ratssaal als Sitz des Gemeinderats weitere Teile der Stadtverwaltung anzusiedeln sowie eine zentrale Service-Anlaufstelle für Bürger einzurichten.
Wie wenig Harmonie zwischen den Verwaltungsebenen herrscht, zeigt eine Aussage von Bürgermeister Eisenhauer. Er äußert sich noch mal ausdrücklich „überrascht“ von der Entscheidung des Landesdenkmalamtes. Noch deutlicher fällt die Antwort von Diringer & Scheidel aus. Dem Familienunternehmen, das im Juli sein 100-jähriges Bestehen feiert, liege zwar Architektur und der Paradeplatz am Herzen, so Achim Ihrig von der Geschäftsleitung.
Aber gerade vor diesem Hintergrund sei Diringer & Scheidel „noch immer schockiert und wir können nach wie vor nicht nachvollziehen, dass das Landesdenkmalamt ausgerechnet das Stadthaus N 1 für schutzwürdig erachtet“, so Ihrig. Umso mehr sei dem Unternehmen daran gelegen, gemeinsam mit der Stadtspitze die beste Lösung zu finden. „Das Stadthaus wurde als Begegnungsstätte für die Bürgerschaft gebaut. Wir wollen unseren Teil beitragen, dass das Gebäude dem in Zukunft auch wieder gerecht werden kann“, so Ihrig.
Landesamt für Denkmalpflege ist eingebunden
Vertreter von Stadt sowie Diringer & Scheidel trafen sich daher zu mehreren Workshops, um die Studie vorzubereiten. Der hohe Anteil ungenutzter Verkehrsflächen, Brandschutz, Statik, Tiefgarage, Fluchtwege – alle Probleme wurden aufgelistet, mögliche Planungsbüros für die Studie zusammengetragen und ein Pflichtenheft formuliert, was sie alles untersuchen sollen. Dem Vernehmen nach müsse in erster Linie geprüft werden, ob sich bei einem Erhalt der Fassade dahinter ein anderes, moderneres, neu unterteiltes und eventuell größeres Haus schaffen lässt – ohne jedoch den Wegfall von Ratssaal und Bürgersaal.
„Derzeit läuft die Angebotsanfrage“, ist der Information der Verwaltung an die Stadträte zu entnehmen. Man habe das Landesamt für Denkmalpflege „frühzeitig mit eingebunden“. Das legte Wert darauf, dass in der Ausschreibung zwei Textpassagen zum Denkmalwert von N 1 und zum Umgang mit dem Denkmal in den Auslobungstext eingearbeitet werden. Danach besteht am Erhalt „des Parlaments- und Geschäftsgebäudes aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse“.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Das Stadthaus in Mannheim wurde nie richtig akzeptiert