Mannheim. „Wir haben wirklich Beton aufgebrochen“, zitierte Anja Plesch-Krubner die Worte von Stefan Fulst-Blei aus der damaligen Landtagsanhörung ihres Volksantrags. Mit diesem Satz beschrieb er bildlich, was von Plesch-Krubner zusammen mit ihrer Initiative „G9 jetzt! -BW“ erreicht worden war. Sie hatte sich über viele Jahre dafür eingesetzt, dass es in Baden-Württemberg endlich wieder das neunjährige Abitur als Regelform gibt. Woran vor ein paar Jahren kaum jemand glaubte, ist jetzt Realität: Ab dem kommenden Schuljahr (September 2025) wird das neunjährige Gymnasium in Baden-Württemberg wieder Standard, später als in nahezu allen anderen westlichen Bundesländern.
Parallel zu der Elterninitiative kämpfte Fulst-Blei für G9 auf politischer Ebene. Für ihn sei die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums sogar der persönliche Beweggrund gewesen, in die Landespolitik zu gehen, sagte er bei einer öffentlichen Diskussionsrunde in der Gartenstadt. Dazu eingeladen hatte der SPD-Landtagsabgeordnete neben Plesch-Krubner die Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG), Silke Herr.
Die „Strapazen“ des achtjährigen Gymnasiums habe er mit seinen eigenen beiden Söhnen jahrelang miterlebt. Fulst-Blei ist überzeugt: Das Turbo-Abi ist vor allem ungerecht für Kinder, die weniger Unterstützung von zu Hause haben. Silke Herr dankte der Elterninitiative auch noch einmal mit den Worten: „Wir wären heute nicht hier, wenn Sie nicht die 100 000 Unterschriften gesammelt hätten.“
Wunsch nach Wechsel von G8 zu G9 bis zur achten Klasse
Als zentrale Frage der Veranstaltung kristallisierte sich heraus, was mit den vielen Schülerinnen und Schülern geschieht, die zurzeit weiterhin auf ein achtjähriges Gymnasium gehen. Die SPD hatte zuletzt im Landtag gefordert, ab 2025 nicht, wie von der Landesregierung vorgesehen, nur den Klassen 5 und 6, sondern allen bis zur achten Klasse den Wechsel zu G9 zu ermöglichen. So sei es auch in Niedersachsen geschehen, erklärte Fulst-Blei. „Wir müssen für diese Jugendlichen, die ja mit am heftigsten unter den Corona-Maßnahmen gelitten haben, etwas anbieten“, betonte er.
Für Plesch-Krubner liegt die Lösung nicht darin, die Leistungsnachweise zu reduzieren oder einfach weniger Stoff beizubringen, wie es die grün-schwarze Landesregierung ins Auge fasst. „Dieses Wissen fehlt den Schülerinnen und Schülern später an der Uni“, befürchtet sie. Plesch-Krubner plädiert dafür, Programme wie Rückenwind nicht ergänzend, sondern direkt im Unterricht einzusetzen, zum Beispiel als zusätzliche pädagogische Kraft.
Silke Herr meinte dazu: „Wenn die Landesregierung gute Lösungen für diese Jugendlichen anbieten würde, wie flächendeckende integrierte Nachhilfe in der Schule, könnte ich dies als Schulleitung relativ rasch umsetzen.“
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
Wie das neue G9 pädagogisch ausgestaltet werden könnte, dazu gab es verschiedene Ansätze. Plesch-Krubner hält eine breite, vielseitige Gymnasialbildung für erforderlich. Dazu gehöre zum Beispiel auch die Gedichtinterpretation. Einige Gäste aus dem Publikum, darunter ein ehemaliger GSG-Schüler, fanden, dass man die gewonnene Zeit in Demokratiebildung und Informatikunterricht investieren solle. Gerade im Informatikbereich gebe es aktuell aber kaum Lehrkräfte, wandte Herr ein. Aber grundsätzlich freuen sich alle auf das neue G9.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-was-sich-eltern-in-mannheim-fuer-die-rueckkehr-zu-g9-am-gymnasium-wuenschen-_arid,2244021.html