FrauenMACHT

Was Führungsfrauen in Mannheim raten: „Du fasst die Kaffeekanne nicht an!“

Eine Ex-Mannheimer Topmanagerin und eine Forscherin der Uni Mannheim gaben teils sehr persönliche Einblicke, wie Frauen es an die Spitze schaffen können. Dabei ging es auch um das Kaffeekannen-Phänomen.

Von 
Lea Seethaler
Lesedauer: 
© Peter Atkins - stock.adobe.com

Mannheim. Es war ein Abend, an dem Frauen, die im Management, der Lehre oder Verbänden an der Spitze stehen, teils sehr persönliche Einblicke in ihren Weg nach oben gaben. Die Abendakademie hatte beim Format „FrauenMACHT“ diesmal Ex-Bilfinger-Finanzchefin Christina Johansson und BWL-Professorin Alexandra Niessen-Ruenzi von der Uni Mannheim sowie Manuela Queitsch, Präsidentin des Deutschen Akademikerinnenbundes, geladen.

Ingenieurin-Dasein abgesprochen

Letztere brachte die Problematik gleich auf den Punkt: „Ich bin Ingenieurin, vom Wuchs nicht besonders groß. In Meetings wurde ich daher oft als diejenige betrachtet, die für das Kaffeeausschenken zuständig ist“, so Queitsch. Ältere Kolleginnen hätten ihr schon damals geraten: „Du fasst die Kaffeekanne nicht an! Du bleibst mit dem Rücken zum Fenster sitzen und guckst zur Tür.“ Sie sagt zudem: Als Frau müsse man „doppelt so gut, doppelt so fleißig und doppelt so engagiert sein, um wahrgenommen zu werden“.

Oh Gott, eine KfZ-Mechanikerin!

Wie kann man also junge Frauen unterstützen, Führungspositionen zu erhalten? Das war die Frage des Abends. Alexandra Niessen-Ruenzi machte dabei gleich eines deutlich: In der Vorbildfunktion und dem Erschaffen derselben liegt der Schlüssel. Nach wie vor gebe es in verschiedenen Branchen keine gleiche Verteilung von Männern und Frauen.

Christina Johansson © Privat

Personalauswahl hinter Stoffwand

Und auch in Firmen gelte: „Je weiter nach oben man schaut, desto mehr sinkt der Anteil von Frauen.“ Sie betonte: „Das macht etwas mit uns.“ Das sei „Erwartungsbildung, wenn wir denken, dass wir in einem Berufsfeld eher auf einen Mann oder eine Frau treffen.“ Auch entstehe dadurch ein „gewisses Unbehagen“, wenn dem nicht so sei und vor einem die „weibliche Automechanikerin oder der männliche Pfleger“, auftauchten.

Mittlerweile gebe es zumindest eine langsame Besserung beim Thema. Mit der Familiengründung aber gehen wegen ungleich verteilter Care-Arbeit trotzdem die Gehaltsscheren zwischen Männern und Frauen auseinander: Wenn das erste Kind kommt, gibt es bei Frauen einen Knick beim Gehalt und sie kommen nicht mehr aus diesem raus.

Alexandra Niessen-Ruenzi © Privat

Niessen-Ruenzi verwies in ihrer Analyse zudem auf Diskriminierungseffekte, die nicht mit Sorgearbeits-Strukturen zu erklären seien. Sie erklärte durch eine Studie mit einem Orchester (dort gab es viel zu wenige Frauen, man wollte wissen, weshalb das so war), dass es am Bewerbungsprozess selbst lag. Frauen wurden dort diskriminiert. Also ließ man die Musiker hinter einer Stoffwand vorspielen, ohne dass man sie sah - und konnte so erreichen, dass das reine Können beim Auswahlprozess zählte: Die Frauen holten auf.

Quote: Wirkt schnell, aber limitiert

Und hilft nun die Quote? „Quoten sind ökonomisch gesehen ein sehr teures, natürlich effektives, Instrument, den Frauenanteil zu erhöhen“, sagte Niessen-Ruenzi. Es werde aber nur einigen Wenigen geholfen, und nur in dem Bereich, für den die Quote entwickelt wurde. Etwa in Deutschland bei Aufsichtsräten. „Aber im Vorstand tat sich nichts. Dann kam das Zweite Führungspositionen-Gesetz, was sich jetzt dem Vorstand widmet.“ Vorbilder auf verschiedensten Ebenen, ob das jetzt Frauen seien, die MINT-Fächer unterrichteten, oder mehr Frauen in Führungspositionen, würden helfen, auch wenn der Prozess dauere.

Mehr zum Thema

Förderung der Hector Stiftung

KI am Mannheimer ZI: „Können aus Science Fiction Science Facts machen“

Veröffentlicht
Von
Lea Seethaler
Mehr erfahren
Event (mit Fotostrecke)

Talk im Mannheimer Technoseum mit den Menschen hinter der Sesamstraße

Veröffentlicht
Von
Valerie Gerards
Mehr erfahren
Gesundheit

Mannheimer Forscher untersuchen Dauererschöpfung nach Covid

Veröffentlicht
Von
Lea Seethaler
Mehr erfahren

Wer als Frau Karriere machen will, muss „schon sehr stur sein“, sagte Christina Johansson. Auch Glück gehöre dazu. „Bei mir waren das Eltern aus Skandinavien, die an mich und meine Brüder dieselbe Erwartungshaltung hatten.“ Und man müsse gut sein, seine Berufung finden: „Mein Mann hat heute resigniert. Er sagt, er sei nur meine zweite Liebe. Die erste ist die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung. . .“, erzählte sie und grinste.

„Macho“-Gehabe im Tessin

Die Top-Managerin gab auch humorvolle Einblicke in ihr internationales Wirken als Führungsfrau. Im Tessin als „machohafter Gegend“ hatte sie von Beginn an zu kämpfen. „Besonders, wenn man Frau ist und Ausländer. . .also ich bin bis heute im Tessin ,Fräulein Schweden’“, sagte sie und guckte genervt. . „Man kann sich aber nicht immer aufregen über das, was gesagt wird. Man muss auch mal sagen: Heute nicht“, ist da ein weiterer Tipp von ihr. Und auch das Thema „Kaffeekanne“ kenne sie. Ihre Reaktion auf der Bühne dazu: „Einfach Nein!“, das dürfe man nicht machen.

Eigene Sauna für die Führungsfrau

Johansson berichtete zudem über die erstaunliche Anpassungsfähigkeit von Firmen, berichtete etwa von Jobs in Finnland: „Jeder finnische Hauptsitz hat oben eine Sauna. Aber die hatten nur eine Sauna. Ich mein’, ich bin nicht prüde. Aber mit allen Männern aus Aufsichtsrat und Management in der Sauna sitzen..., das mache ich nicht“, sagte sie und grinst wieder. „Und dann haben sie für mich eine zweite Sauna gebaut, nur für mich.“

Gegen eigene Kinder entschieden

Sie sagte außerdem: „Ich habe mich bewusst vor 20 Jahren dazu entschieden, keine eigenen Kinder zu haben, weil ich nicht wusste, wie ich diese Stunden, diesen Fleiß, dieses Commitment bringen könnte. Gleichzeitig ohne Rückhalt von Eltern und Schwiegereltern, die weit weg waren. Ich habe es nicht gewagt, ich war nicht mutig genug zu sagen: Ich kriege das hin.“ Und fügte hinzu: „Das ist ein Preis, den ich gezahlt habe, aus meiner Generation.“ Die Managerin erzählte daraufhin, sie genieße heute „ihre Bonuskinder“, wie sie ihre Stiefkinder liebevoll nennt.

CEO im Mutterschaftsurlaub eingestellt

In Zeiten von Fachkräftemangel und New Work müsse man Flexibilität und neue Arbeitszeitmodelle auch auf Führungsebenen nutzen, um Frauen voranzubringen. Sie wolle beim Thema Vorbild auch ihren Teil als Managerin leisten: „Bei der sehr schweizerischen Traditionsfirma Emmi haben wir seit diesem Jahr die erste Frau als Vorstandsvorsitzende“, erzählte sie. „Diese hat mit 40 das erste Kind, mit 42 das zweite bekommen“, so Johansson. „Eingestellt haben wir sie, als sie gerade im Mutterschaftsurlaub war. Weil wir so überzeugt von ihr waren.“

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen