Mannheim. Wie viele Ernies gibt es? Werden die Puppen auch mal gewaschen? Und inwiefern soll die neue Figur Elin ein Vorbild sein? Diese und viele weitere Fragen beantwortete das Sesamstraßen-Team des Norddeutschen Rundfunks (NDR) beim Talk-Abend mit dem „Mannheimer Morgen“ am Mittwoch im Mannheimer Technoseum. Er fand im Rahmen der Ausstellung „Auf Empfang! Die Geschichte von Radio und Fernsehen“, die noch bis zum 12. November dort zu sehen ist, statt. Gäste waren Martin Paas, der seit 17 Jahren Ernie spielt und spricht, Ole Kampovski, Redaktionsleiter der Sesamstraße, und Susan Dunker-Struckmeier, die das Bühnenbild zur Sendung verantwortet.
Dass die Puppe Ernie live dabei war, war für die Kinder und die zum Großteil erwachsenen Zuhörer sicher der Höhepunkt der Gesprächsrunde. Bert entschuldigte sein Fehlen bei der Moderatorin, „MM“-Redakteurin Lea Seethaler, und Ernie mit einer Videobotschaft: Er müsse seine Kronkorken-Sammlung neu sortieren, weil er einen davon verloren habe.
Geheimer Puppenkeller des NDR
In Wirklichkeit hatte Berts Puppenspieler jedoch zeitgleich einen anderen Auftritt, so dass die beiden nicht zusammen beim Talk in Mannheim erscheinen konnten. Es gibt, so erklärte Kampovski, für die deutsche Sesamstraßen-Produktion einen Satz Puppen der Hauptcharaktere, die in Hamburg in einem geheimen Puppenkeller aufbewahrt werden, wenn sie gerade zum Einsatz kommen.
Von den Nebenrollen-Puppen existiert jeweils nur eine. Sie würden um die ganze Welt reisen, also dorthin, wo die Sesamstraße gedreht wird. „Man kann diese Puppen nicht reinigen, weil so viel Technik darin steckt. Wir haben immer einen Mitarbeiter dabei, der die Puppen hegt und pflegt und repariert, wenn mal die Nase abfällt“, sagte Kampovski.
Alle Infos zur Ausstellung im Technoseum
- Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem „Mannheimer Morgen“ statt und ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Auf Empfang! Die Geschichte von Radio und Fernsehen“, die noch bis zum 12. November im Technoseum zu sehen ist.
- Die Ausstellung zeigt die wichtigen Stationen – von der Inbetriebnahme des ersten offiziellen Radiosenders 1923 über den Aufstieg von Hörfunk und TV zu Massenmedien bis hin zu den Social-Media-Plattformen, die den Medienkonsum heute prägen.
Sehr hohe Wände
Susan Dunker-Struckmeier gewährt einen Blick hinter die Kulissen: Das Bühnenbild der Sesamstraße sei völlig anders als die Kulissen bei anderen Fernseh-Produktionen. Die Wände fangen nämlich erst bei einer Höhe von 1,10 Metern an. Unter dieser so entstehenden Linie stehen die Puppenspieler, die für die Zuschauer nicht sichtbar sind. Nur bei dem Straßenbild der Sesamstraße stehen die Requisiten auf dem Boden - die Häuser und Bäume könne man nicht gut auf Stelzen stellen.
Seit den Anfangsjahren der Sesamstraße sind Ernie und Bert dabei. Andere Figuren kamen erst später hinzu, manche verschwanden aber auch mit der Zeit wieder. Mit Elin ist jetzt eine weitere Mädchenfigur und damit mehr Diversität in die Sesamstraße gekommen. „Die Herausforderung war es, den Rollstuhl durch Elin fahren zu lassen - die Puppen selbst können ja nichts bewegen. Der Rollstuhl muss also separat bewegt werden“, sagte die Bühnenbildnerin über die komplexe Entstehung: „Die Puppenspielerin von Elin sitzt wie eine Schlangenfrau darunter, um alles bewegen zu können.“ Von der ersten Idee bis zum Dreh habe es ein Jahr gedauert.
Wo ist Samson?
Ein Vorbild soll Elin nicht sein, antwortet Kampovski auf Seethalers Frage. In der Sesamstraße gebe es keine Vorbilder. Es gehe vielmehr darum, dass alle Haut- und Fellfarben zusammenleben können. „Das Besondere an Elin ist, dass wir nichts Besonderes daraus machen. Es geht um Elins Interessen, der Rollstuhl soll gar kein Thema sein“, erklärt Paas. „Und wo sind Samson, Tiffy und Herr von Bödefeld geblieben?“, wollte ein Zuschauer wissen. Jede Generation habe ihre eigene Sesamstraße, ihre eigene Figuren-Generation. Herr von Bödefeld und Tiffy wären nicht mehr dabei, Samson aber sei in der nächsten Staffel wieder mit von der Partie.
Deutschlands älteste Kindersendung wird es auch in Zukunft geben. „Wir haben noch viele neue Ideen. Sie ist Teil der NDR-DNA.“ Im Herbst wird eine neue Staffel gedreht, verriet Kampovski. Und um seinen Job müsste Paas sich keine Sorgen machen, auch wenn man Stimmen inzwischen digitalisieren könne. Es sei ein völlig anderes Ergebnis, wenn der Puppenspieler beim Bewegen spricht, als wenn es nachvertont werde.
Schlange stehen für ein Foto
Ein Zuschauer wollte von Paas wissen, ob Puppenspieler sein Hauptberuf sei. „Ja, aber er ist nicht meine einzige Säule. Ich war auch schon mal ein Bösewicht bei den ,Drei Fragezeichen’, habe Käpt’n Blaubär und den gelben M&M gespielt. Ich schreibe auch, am liebsten für das Kinderfernsehen und die Sesamstraße“, sagte Paas, der auch den blauen Mann in der Sesamstraße spielt. Auf die Hipster-Wohnung des Blauen sei er übrigens ein bisschen neidisch, verriet er.
„Das sind für mich die schönsten Puppen der Welt“, gestand Paas. Und Ernie sei ein absolut liebenswerter Anarchist, den offensichtlich auch die Gäste liebten. Sie standen nach dem Talk Schlange für ein Foto mit ihm.
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